Ex-EU-Parlamentsvize Eva Kaili
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„Wusste vom Geld“

Berichte über Kaili-Teilgeständnis

Die wegen schwerer Korruptionsvorwürfe als Vizepräsidentin des EU-Parlaments abgesetzte griechische Politikerin Eva Kaili hat Medienberichten zufolge ein Teilgeständnis abgelegt. Sie habe von den Aktivitäten des in der Causa immer wieder als Drahtzieher verdächtigten Ex-EU-Abgordneten Antonio Panzeri und auch von den Geldkoffern in ihrer Wohnung gewusst, habe Kaili nach Angaben der italienischen „La Repubblica“ und Belgiens „Le Soir“ bei einer Anhörung gesagt.

Die beiden Zeitungen berichteten zuletzt unter Verweis auf Ermittlungsakten immer wieder exklusiv über den Ermittlungsstand – darunter vor rund einer Woche auch über das Geständnis von Kailis Lebensgefährten Francesco Giorgi. Mit Kaili sei die bisher prominenteste Verdächtige in der Causa erstmals angehört worden. Sie sagte laut „Le Soir“, dass sie von Giorgis Aktivitäten „mit Herrn Panzeri wusste und dass Koffer mit Geld durch ihre Wohnung geschleust wurden“.

Giorgi gab gegenüber den Ermittlern und dem Untersuchungsrichter Michel Claise zu, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die sowohl von Marokko als auch von Katar genutzt wurde, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen. Laut „La Repubblica“ und „Le Soir“ machte Kaili in ihre Anhörung auch schwere Anschuldigungen: Neben ihrem Lebensgefährten und Panzeri habe sie etwa auch den belgischen EU-Abgeordneten Marc Tarabella als Empfänger von „Geschenken“ aus Katar angeprangert.

Eva Kaili und Francesco Giorgi
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Giorgi und Kaili sitzen weiter in belgischer U-Haft

Kailis Anwalt Andre Risopoulos sagte auf Anfrage von „Le Soir“ und „La Repubblica“, dass er persönlich empört sei, dass diese Zugang zu den Dokumenten hätten. Er bestätigte nicht, dass es sich bei den Aussagen um ein Teilgeständnis handelt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

„Vater angewiesen, Bargeld zu verstecken“

Wie „Le Soir“ aus den Dokumenten des Untersuchungsrichters weiter zitierte, habe Kaili zudem eingestanden, „dass sie ihren Vater angewiesen hatte, einen großen Teil des in ihrem Haus befindlichen Bargelds zu verstecken“. Bei den laufenden Ermittlungen wurden bis jetzt rund 1,5 Millionen Euro in bar sichergestellt. Kailis Vater Alexander wurde von der Polizei mit 600.000 Euro Bargeld in einem Koffer erwischt.

ORF-Analyse der Causa Kaili

ORF-Korrespondent Robert Zikmund meldet sich aus Brüssel über die neuen Entwicklungen im Fall Eva Kaili.

Kaili ist seit 9. Dezember in der Frauenabteilung des Gefängnisses von Haren inhaftiert. Nach der Anhörung steht laut „Le Soir“ am Donnerstag die Entscheidung an, ob sie in Haft bleibt oder mit bzw. ohne Auflagen freigelassen wird. Kaili wurde nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe als Vizepräsidentin des EU-Parlaments suspendiert. Bereits zuvor wurde sie aus der griechischen PASOK-Partei und der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament ausgeschlossen.

Zuletzt immer wieder hervorgehoben wurde zudem eine am 21. November von Kaili im EU-Parlament gehaltene Rede zur Fußballweltmeisterschaft in Katar. Darin bezeichnete sie das am Sonntag beendete Sportereignis als Beweis dafür, „dass Sportdiplomatie einen historischen Wandel in einem Land bewirken kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben“. Am 31. Oktober traf Kaili Katars Arbeitsminister Ali bin Samich al-Marri in Doha.

Eva Kaili und Ali bin Samikh al-Marri
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Kaili bei einem Treffen mit Katars Arbeitsminister Ali bin Samich al-Marri

Grünes Licht für Auslieferung von Panzeris Frau

Im Zentrum der Ermittlungen der belgischen Justiz steht ein um Panzeri vermutetes Netzwerk. Die Staatsanwaltschaft Brüssel ist sich sicher, dass bei Panzeri die Fäden zusammenliefen, wenn es darum ging, politische und wirtschaftliche Entscheidungen des EU-Parlaments zugunsten von Staaten wie Katar und Marokko zu beeinflussen. Es geht um die von Panzeri nach seinem Ausscheiden 2019 aus dem EU-Parlament gegründete Nichtregierungsorganisation „Fight Impunity“.

Die in der Causa in Italien verhaftete Ehefrau von Panzeri wird nach Belgien ausgeliefert. Ein Gericht in der norditalienischen Stadt Brescia gab ihrer Auslieferung statt, wie mehrere italienische Medien am späten Montagabend berichteten. Gegen die Frau liegt ein Europäischer Haftbefehl vor. Die Strafverfolgung legt ihr Korruption, Geldwäsche und die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zur Last.

Laut Nachrichtagentur ANSA wollen die Verteidiger der 67-Jährigen gegen die Entscheidung in Berufung gehen. Den Berichten zufolge habe sie zudem Berichte über fragliche Urlaube in Höhe von rund 100.000 Euro dementiert und bei einer Anhörung zudem gesagt, nichts über die Angelegenheiten ihres Mannes zu wissen. Dieser sitzt in Belgien bereits in Untersuchungshaft. Die Entscheidung, ob auch die in der Causa in Italien unter Hausarrest gestellte Tochter nach Belgien ausgeliefert wird, wurde nach Angaben der Nachrichtenagentur ANSA auf Anfang Jänner vertagt.

Ermittlungen auch in Griechenland

Die Korruptionscausa beschäftigt auch Ermittlungsbehörden in Griechenland. Finanzstaatsanwalt Christos Bardakis habe gegen Kaili die Untersuchung „wegen des Verdachts der Annahme von Bestechungsgeldern und der Geldwäsche angeordnet“, hieß es vor wenigen Tagen aus Justizkreisen.

Der griechische Justizminister Kostas Tsiaras hatte am Montag gesagt, es sei selbstverständlich, dass „Griechenland den belgischen Behörden helfen“ werde, falls das notwendig sei. Die griechische Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche kündigte indes an, alle Vermögenswerte der sozialistischen Politikerin einzufrieren.

Zuletzt rückte Kaili zudem in den Fokus der Europäischen Staatsanwaltschaft. Wie die Behörde mit Sitz in Luxemburg vergangene Woche mitteilte, wurde die Aufhebung der Immunität beantragt. Mit Verweis auf einen Untersuchungsbericht der EU-Antibetrugsbehörde OLAF bestehe der Verdacht auf Betrug zum Nachteil des EU-Haushalts.