Der neue Burgtheaterdirektor Stefan Bachmann
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Ende des Rätselratens

Stefan Bachmann wird neuer Burg-Chef

Das Rätseln und Gerüchteschleudern in Sachen Zukunft des Burgtheaters hat seit Mittwoch offiziell ein Ende. Der renommierte Schweizer Regisseur Stefan Bachmann wird 2024 neuer Direktor an der Burg. Der jetzige Chef im Haus am Ring, Martin Kusej, hatte noch am Mittwoch theatralisch seine Bewerbung in letzter Minute zurückgezogen, um im Rennen um diese führende Bühne nicht zu unterliegen.

Es wurde doch nicht die österreichische Lösung, die viele befürchtet hatten – eine Verlängerung des jetzigen Burgtheater-Chefs Kusej auf kürzere Zeit. Am Mittwoch machte Grünen-Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer im Rahmen einer Pressekonferenz klar, dass Bachmann neuer Burg-Chef wird – aus einem klaren Grund, wie Mayer sagte: „Bachmann hat überragend überzeugt.“ Sie verwies dabei auf die Erfahrung, die Bachmann schon mit den Bühnen Burg- und Akademietheater habe.

„Woran merkt man, dass ein Land eine Kulturnation ist?“, so Mayer am Beginn ihres Statements, um sie gleich selbst zu beantworten: „An der Debatte um das Burgtheater.“ Es habe im Vorfeld viele, teilweise sehr falsche Gerüchte gegeben – oder Dinge, die viele vom Hörensagen aufgeschnappt hätten, so Mayer, die Bachmann gemeinsam mit Bundestheaterchef Christian Kircher vorstellte.

Bachmann wird neuer Burgtheater-Direktor

Der Schweizer Stefan Bachmann hat sich als neuer Burgtheater-Direktor ab dem Jahr 2024 vorgestellt. Stefan Bachmann ist derzeit Direktor am „Schauspiel Köln“ und hat bereits einige Male am Wiener Burgtheater inszeniert.

„Es war eine Ausschreibung mit offenem Ausgang“, so Mayer, die bestritt, dass es den oft zitierten Dreiervorschlag gegeben habe. Die Findungskommission habe ihr zwei Kandidaten vorgeschlagen, mit denen sie am Ende die entscheidenden Gespräche geführt habe. Und als klarer Kandidat sei eben Bachmann hervorgegangen. Mayer sprach Kusej direkt ihren Dank aus – „das Burgtheater hatte eine schwierige Phase durch die Pandemie“, so die Kulturstaatssekretärin.

Ebenso dankte Kircher für die Bundestheater Holding Kusej und erinnerte daran, dass für Schließzeiten an der Burg auch die Holding mitverantwortlich sei, weil man etwa die Bestuhlung des Burgtheaters ausgetauscht hatte.

Bachmann: „Mit der Stadt in Kontakt kommen“

Bachmann wirkte bei der Präsentation immer noch überrascht. „Es ist immer noch unfassbar, dass ich hier sitze, aber langsam wird aus dem Unwirklichen etwas Wirkliches.“ Bachmann erinnerte an seine langen Wien-Erfahrungen, auch an die erste Begegnung mit dem Burgtheater 1985 – „damals schrieb man hier noch die Ära Benning“. „Ich habe einen großen Respekt vor der Aufgabe und weiß, wie stark alles hier emotionalisiert ist“, so der Regisseur: „Es fühlt sich wie eine Rückkehr an, weil ich vier Jahre in Wien gelebt habe.“

Er komme mit seinen Erfahrungen aus Köln, wo er an ein Haus gekommen sei, das am Anfang umgebaut wurde. Er habe sich mit dem Team ein Haus suchen müssen, das man eigentlich „am falschen Rheinufer in einem Industrieviertel“ in Mühlheim gefunden habe. Dort habe man Theater auf Straßenniveau machen müssen – ein Umstand, der seinen Blick auf das Theater neu perspektiviert habe, weil sich Theater durch den Umbau aus dem direkten Kontakt mit der Stadtgesellschaft entwickelt habe. Am Ende sei er gefragt, worden, warum man nicht überhaupt in dem Industriegebiet geblieben sei.

Kunst-und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, der designierte Burgtheater-Direktor Stefan Bachmann und Christian Kircher (Geschäftsführer Bundestheater-Holding)
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Andrea Mayer, Stefan Bachmann und Christian Kircher bei der PK in Wien

Jetzt in Wien, so Bachmann, sei die Situation natürlich eine ganz andere – aber die Erfahrungen aus Köln und den Kontakt mit der Stadtgesellschaft wolle er mit in ein Haus wie die Burg tragen. „Theater hat bewegende Geschichten zu erzählen“, mit diesem Credo werde er 2024 nach Wien kommen. Er wolle auch „offen auf das Ensemble zugehen“, so Bachmann, dessen Führung in Köln auch durch die Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Melanie Kretschmann in der Kritik gestanden war. Bachmann und Kretschmann hätten in Köln ein „Klima der Angst“ erzeugt, hieß es in einem ausführlichen Bericht ím Deutschlandfunk 2018.

Einen Interessenkonflikt wolle man dezidiert ausschließen, legte sich Kircher auf Nachfrage zum Thema Zusammenarbeit eines Direktors mit der eigenen Ehefrau fest.

Bachmann: Ein Mann mit Wien-Erfahrung

Seit 2005 und seiner Inszenierung des „Verschwenders“ zählt Bachmann zu den fixen Regiegrößen an der Burg. Zwei Nestroy-Preise erhielt er für Arbeiten an Burg- und Akademietheater: 2008 für die beste Regie (Wajdi Mouawads „Verbrennungen“ im Akademietheater), 2012 für die beste deutschsprachige Aufführung (Elfriede Jelineks „Winterreise“ im Akademietheater).

Porträt von Stefan Bachmann
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Ein Schweizer auf dem Weg von Köln nach Wien: Stefan Bachmann. In Köln lernte er in Mühlheim „Theater auf Straßenniveau“

Bachmann weiß, wie man Häuser leitet. 1998 bis 2003 war er Schauspieldirektor in Basel, seit 2013 leitete er das Schauspiel Köln, eine Amtszeit, die von der Sanierung des desolaten Schauspielhauses geprägt war. Eigentlich würde sein Vertrag in Köln noch bis 2026 gehen.

Kusej manövrierte sich ins Off

Am Dienstag hatte sich Kusej selbst aus dem Rennen um seine eigene Nachfolge genommen und sich damit auch die Schmach einer Niederlage erspart. „Meine Person und das gesamte Burgtheater wurden durch den späten und langwierigen Entscheidungsprozess zur Zukunft der Burgtheater-Direktion in eine unsägliche, das Haus schädigende Situation manövriert“, ließ er in einem Pressestatement verlauten.

„Grundlage für die Zukunft meiner Arbeit als Direktor über meinen laufenden Vertrag hinaus ist uneingeschränktes Vertrauen vonseiten des Eigentümers. Dies ist offensichtlich nicht gegeben, daher ziehe ich meine laufende Bewerbung zur Fortsetzung meiner Direktion mit sofortiger Wirkung zurück“, so Kusej, der aber wenig später ausrichten ließ, seinen laufenden Vertrag erfüllen zu wollen. Womit auch die Saison 2023/24 gesichert sein sollte.

Porträt von Martin Kusej
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Rückzug vor der erwartbaren Niederlage: Burg-Chef Kusej

Hohe Erwartungen vor der Pandemie

Kusej warerst 2019 von München mit großen Erwartungen nach Wien geholt worden. Erfüllen konnte er die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht. Die gefeierten Inszenierungen der Burg kamen, wenn, nicht von Kusej selbst. „Wie es euch gefällt“ war am Samstag so eine Sternstunde – allerdings nicht aus Kusejs Hand. Das Durchtauchen durch die Pandemie, aber auch der Führungsstil Kusejs, so hörte man hinter gar nicht mehr so vorgehaltener Hand, passten nicht mehr in die Zeit.

Talk: „Sad sad songs“ im Burgtheater

Im Burgtheater-Stück „Sad sad songs“ wird Silvester als eine dunkel eingefärbte, bittersüße Erkundung von Trübsal, Trauer und Melancholie zelebriert. Gemeinsam mit den Schauspielerinnen Verena Altenberger und Mavie Hörbiger, mit Songs von Oliver Welter (Naked Lunch) sowie der Pianistin Clara Frühstück führt Gastgeber Martin Kusej in die dunkelgraue Seele Österreichs, auf der Suche nach der bittersten Medizin für kranke Zeiten.

Von Kusejs Versprechen, sich mit dem „Publikum der Zukunft“ auseinanderzusetzen, ist wenig geblieben. In die Burg hat dieses nach der Pandemie jedenfalls nicht mehr gefunden. Der Direktor dagegen, der auch noch eine zentrale Rolle am Reinhardtseminar einnimmt, fiel durch Regiearbeiten an anderen Häusern auf.

Eine angeblich mangelnde Präsenz am Haus wies Kusej zuletzt empört zurück. „Ich möchte die Zukunft des Burgtheaters weiter führend gestalten und die begonnenen Prozesse weitertreiben – Stichworte Nachhaltigkeit, Vernetzung, Internationalisierung“, so seine Losung. Für weniger als fünf Jahre wollte er vor seinem kompletten Rückzug am Dienstag nicht zur Verfügung stehen, hatte der Regisseur ausrichten lassen.