Schallenberg und Amtskollegin Fajon in Montenegro

Angesichts der schweren innenpolitischen Krise in Montenegro reisen Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und seine slowenische Amtskollegin Tanja Fajon heute nach Podgorica.

Die Visite finde im Auftrag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell statt, teilte der Auswärtige Dienst der EU mit. Schallenberg und Fajon werden Präsident Milo Djukanovic, Premier Dritan Abazovic und Parlamentschefin Danijela Djurovic treffen.

„Es braucht ein Ende der innenpolitischen Blockade: insbesondere eine rasche Neubesetzung der vier vakanten Sitze des Verfassungsgerichtshofs“, sagte Schallenberg zum Auftakt seiner Reise. „Die Zukunft Montenegros liegt in der Europäischen Union. Nun aber droht der Zug nach Europa zu entgleisen.“ Dabei sei Montenegro bisher „Frontrunner“ unter den EU-Kandidaten des Westbalkans gewesen.

Streit über Präsidentenmacht

Die seit dem Machtwechsel bei der Parlamentswahl 2020 schwelende innenpolitische Krise hatte sich jüngst deutlich zugespitzt. Im September hatte Djukanovic die Ernennung eines neuen Regierungschefs verweigert, weil ihm die Koalitionsparteien damals nicht die Unterschriften von mindestens 41 Abgeordneten vorgelegt hatten.

Daraufhin wollte die Parlamentsmehrheit dem Präsidenten seine diesbezüglichen Kompetenzen mit einer Gesetzesänderung entziehen. Djukanovic und die Opposition, die ihn unterstützt, sehen darin einen Verfassungsbruch. Doch das Verfassungsgericht des Landes ist zurzeit nicht handlungsfähig, weil nur drei der sieben Richterposten besetzt sind.

Strittiges Verhältnis zu Serbien

Im Hintergrund des Konflikts steht auch das Verhältnis Montenegros zu Serbien. Djukanovic und seine Partei kritisieren einen schleichenden Einfluss Serbiens auf die Politik.

Die Präsidentenpartei DPS hatte im August 2020 nach mehr als 30 Jahren an der Macht die Parlamentswahl verloren. Die mehrheitlich proserbischen Regierungen, die sich danach bildeten, erwiesen sich als instabil.

Montenegro galt seit seiner Loslösung aus dem gemeinsamen Staat mit Serbien im Jahr 2006 als prowestlicher Musterschüler in der Region. Das Land gehört der NATO an und hat gute Aussichten auf einen baldigen EU-Beitritt.

Ernste institutionelle Krise

„Montenegro ist einer der engsten Partner der Europäischen Union, hat gute Fortschritte in seinen Beitrittsgesprächen und die längste Tradition, was die volle Erfüllung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU betrifft“, hieß es in der EU-Mitteilung anlässlich den Schallenberg-Fajon-Besuchs

„Der Besuch kommt in einem Augenblick, in dem jüngste politische Entwicklungen eine ernste institutionelle Krise hervorgerufen haben, die die demokratischen Institutionen untergräbt und den Fortschritt des Landes auf dem Beitrittsweg verlangsamt.“ Fajon hatte erst am Vortag Belgrad besucht und dürfte dort wohl auch über die Lage in Montenegro gesprochen haben.