Die Bilder, die CNN vorliegen, zeigen ausgebaute Radarstationen in Olenegorsk auf der Kola-Halbinsel und in Workuta nördlich des Polarkreises. Auch Arbeiten an Radarsystemen an der Barentssee, in der Nähe von Norwegen und Finnland, schreiten den Bildern zufolge voran. Es sei zwar keine „dramatische“ Entwicklung, heißt es von dem US-Sender, vielmehr zeige es die Expansion in einem Gebiet, das für die russische Verteidigungsstrategie von wesentlicher Bedeutung ist.
Denn schon seit Jahren erneuert Russland seine Anlagen in der Arktis, die ursprünglichen Basen aus Sowjetzeiten werden mit neuerer Ausrüstung versorgt. Die aktuellen Bilder zeigen etwa Systeme, die nach russischen Angaben zur Erkennung von getarnten Flugzeugen und Objekten eingesetzt werden.
Atom-U-Boote in der Arktis stationiert
Und auch das Nukleararsenal der Russen spielt in der Arktis eine Rolle, ein erheblicher Teil der Atomwaffen und U-Boot-Anlagen befinden sich in der Region, so CNN. Ein westlicher Geheimdienstmitarbeiter sagte gegenüber dem Sender, dass Moskaus „Abschreckungswaffen immer einsatzbereit“ gewesen sein. Zu Kriegsbeginn im Februar habe Moskau einige U-Boote neu positioniert, um ihre Bereitschaft zu signalisieren – mittlerweile kehrte aber wieder verhältnismäßig Ruhe ein, so der Geheimdienstmitarbeiter.

Der Ausbau der Anlagen steht dabei einem Truppenabzug in der Region gegenüber: Laut dem Geheimdienstmitarbeiter habe Russland nur noch ein Viertel oder gar ein Fünftel der Streitkräfte auf dem Boden – wohl eine direkte Folge des Kriegs mit der Ukraine. Doch Moskaus Schiffsflotte sei davon unberührt geblieben.
„Kürzester Weg nach Amerika führt über den Nordpol“
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte im CNN-Interview: „Der kürzeste Weg von Russland nach Nordamerika führt über den arktischen Nordpol. Die strategische Bedeutung dieser Gebiete hat sich also durch den Krieg in der Ukraine nicht geändert.“ Man könne beobachten, dass „Russland alte sowjetische Stützpunkte und militärische Anlagen wieder eröffnet“, sagte er. Auch „neuartige Waffen in der Arktis und im hohen Norden“ würden getestet.

Im Hinblick darauf spielt auch die NATO-Erweiterung um Finnland und Schweden eine Rolle: Erst Ende November hieß es aus Moskau, der Beitritt der beiden Länder würde die Militarisierung in der Region vermutlich beschleunigen. Der Beitritt würde „eine erhebliche Zunahme der Spannungen“ in der Region bedeuten, sagte damals die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.

Umgekehrt baut die NATO mit den zwei Beitritten ihre Arktis-Präsenz ebenso aus: Damit ist Russland als einziges Land in der Arktis kein Mitglied des Bündnisses. Auch der Westen setzte in den vergangenen Monaten immer wieder auf Übungen nördlich des Polarkreises, etwa mit der „Cold Response“-Übung im Frühling.
Klimakrise befeuert wirtschaftliche Faktoren
Die Interessen in der Region sind aber nicht rein militärisch, auch wirtschaftlich steht hier viel auf dem Spiel – und die Klimakrise befeuert den Wettkampf zusätzlich. Seit jeher ist die Arktis für Moskau vor allem im Hinblick auf Öl und Gas wichtig. Auch andere Bodenschätze gelten aber als umkämpft: Metalle wie Gold und Eisen sowie selten Erden, Sand und Kies – sie alle sind in der Industrie, aber auch etwa für militärische Ausrüstung von Nutzen.
Und auch die Schifffahrt verändert sich durch die schmelzenden Polkappen: Dadurch ergeben sich neue Routen, die den internationalen Handel umkrempeln könnten. Vor allem Länder wie China könnten künftig Richtung Europa ihren Weg um Tausende Kilometer abkürzen – die Strecke könnte zwei Wochen kürzer dauern als etwa über den Sueskanal. Die Schiffe würden sich dann entlang der russischen Küste bewegen, auch das könnte Russlands Position um den Polarkreis stärken.