Arbeiter in einem Industriebetrieb
IMAGO/Westend61/Christian Vorhofer
Energiekrise

Lob und Kritik für neue Wirtschaftshilfen

Energie sparen und gleichzeitig Unternehmen wegen der hohen Energiepreise finanziell unter die Arme greifen: Das kündigte die ÖVP-Grünen-Regierung wenige Tage vor dem Jahreswechsel an. Das lange geforderte Energieeffizienzgesetz geht nun in Begutachtung, der Energiekostenzuschuss wird erweitert. Insbesondere Zweites sorgte für gemischte Reaktionen. Die Fachwelt warnte vor Überförderungen.

Der Energiekostenzuschuss 1 werde mit einer eigenen Antragsphase bis Ende des Jahres verlängert, kündigte ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher am Donnerstag an. Anschließend erfolgt der Energiekostenzuschuss 2, der für das gesamte Jahr 2023 gelten soll. Pro Unternehmen können zwischen 3.000 und 150 Mio. Euro ausbezahlt werden. Wie viel die Förderungen kosten werden, hänge von den Energiepreisen und der Höhe der Förderansuchen ab, so Kocher, der konkrete Folgen für das Budget schuldig blieb.

Lediglich von einem mittleren bis hohen einstelligen Milliardenbetrag war die Rede. Die Entlastung der Unternehmen sei allerdings nach Ansicht von Kocher nötig, damit ihnen kein Nachteil im internationalen Wettbewerb entsteht. Im Gegensatz zu Deutschland wird es in Österreich ein Antragsystem geben, die Regierung erhofft sich dadurch mehr Treffsicherheit. Man werde „ein sehr genaues Auge“ darauf werfen, dass die Unterstützungen nicht genutzt werden, um die Preise nach oben zu treiben, versicherte der Minister.

Opposition: Einmalzahlung nicht nachhaltig

Die Ankündigung der weiteren Milliardenhilfe für Unternehmen sorgte bei der Opposition für Kritik. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter kritisierte, dass mit dem Energiekostenzuschuss 2 die Regierung das verlängere, was schon beim ersten Mal nicht funktioniert habe. „Die Politik der Einmalzahlungen ist gescheitert und trägt nicht dazu bei, die Teuerung nachhaltig zu bekämpfen.“ Kritik kam auch von der FPÖ: „Im Endeffekt zahlen sich die Steuerzahler diese Entlastungen selbst“, so FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer.

Bundesministerin für Klimaschutz Lenore Gewessler und Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Martin Kocher
picturedesk.com/EXPA/Max Slovencik
Ministerin Gewessler (Grüne) präsentierte die Energiesparpläne, ÖVP-Minister Kocher den Energiekostenzuschuss

Auch NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker kritisierte, dass es wieder keine „nachhaltige Entlastung der Unternehmen“ gebe. „Die Bundesregierung gibt ja selbst zu, dass der Energiekostenzuschuss nur Symptombekämpfung ist. Für echte Reformen, die den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig wettbewerbsfähig machen und die Betriebe nachhaltig entlasten wie beispielsweise eine Senkung der Lohnnebenkosten, hat ÖVP und Grünen erneut die Kraft gefehlt.“

Die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, bemängelte, dass Unternehmen für ihre Energiekosten Unterstützung in Milliardenhöhe erhalten würden, die Haushalte aber nicht. Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian fehlen inflationsdämpfende Maßnahmen, er meinte aber auch: „Die Verlängerung des Energiekostenzuschusses ist ein wichtiger Schritt, weil damit Arbeitsplätze gesichert werden.“

„Antwort auf deutschen Doppel-Wumms“

Aus der Wirtschaft kamen hingegen ausschließlich positive Reaktionen. „Wir haben seit Monaten auf einen großen Wurf bei den Energiehilfen gedrängt und Planungssicherheit für die Betriebe eingefordert. Die erfolgreich ausverhandelten Energiehilfen stärken den Standort“, sagte etwa WKO-Präsident Harald Mahrer. WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf ergänzte, dass das vorgestellte Modell keinen Tag zu früh komme, viele Unternehmen kämpften um ihre Existenz und damit um Arbeitsplätze.

WKO-Handelsobmann Rainer Trefelik sprach von einem „großen Wurf“, die geforderte Planungssicherheit sei geschaffen. Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau Gewerbe und Handwerk in der WKO, gab sich „sehr erleichtert“. Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) sprach von einer „wichtigen Entlastung und Planbarkeit“. Für den Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Knill, gibt die Bundesregierung mit dem nun vorgestellten Modell „eine Antwort auf den deutschen Doppel-Wumms“.

Energiekostenzuschuss für Unternehmen

Kurz vor den Feiertagen und vor dem Jahreswechsel hat die Regierung gleich zwei weitere Maßnahmen gegen die Energiekrise angekündigt. Zum einen wird wegen der gestiegenen Preise für Strom, Erdgas und Treibstoffe der Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen verlängert. Zum anderen geht der langerwartete Entwurf für mehr Energieeffizienz in Begutachtung.

Laut dem Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, muss die Regierung aufpassen, dass sie Unternehmen nicht wieder überfördert. „Man muss dringender darauf schauen, dass man im finanziellen Rahmen bleibt“, so der Experte. Denn es werde teurer, wenn sich der Staat künftig noch mehr verschuldet.

Entwurf als „Weihnachtswunder“ in Kritik

Neben dem milliardenschweren Energiepaket für die Wirtschaft kündigte die Regierung auch an, das Energieeffizienzgesetz in Begutachtung zu schicken. Das Energiesparen soll mit 190 Mio. Euro jährlich bis zum Jahr 2030 unterstützt werden. Für Bundesgebäude soll eine verbindliche Sanierungsquote von drei Prozent kommen. Und Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht auch die Länder in der Pflicht.

Verbindliche Vorgaben inklusive Sanktionierung soll es für diese aber nicht geben – hier verwies Gewessler darauf, dass es ohnehin gesetzlich verankerte Ziele gebe, an die sich die Bundesländer wohl halten würden. Dass die 190 Mio. Euro an Förderungen im Vergleich zu den Milliardenhilfen für die Wirtschaft gering ausfallen, ließ die Ministerin nicht gelten. Auch die „Symptombekämpfung“ sei wichtig, der größte Hebel für die Energieeffizienz sei das „Preissignal“.

Der Umweltdachverband sprach von einem „Weihnachtswunder“, immerhin habe man fast zwei Jahre auf einen neuen Entwurf des Gesetzes gewartet. „Fridays for Future“ wiederum meinte: „Das Energieeffizienzgesetz ist eine Farce: Knapp ein Dutzend gravierende Mängel und alles, was bleibt, sind Förderungen für Unternehmen.“ Für die Umweltschutzorganisation Global 2000 geht das vorgelegte Energieeffizienzgesetz nicht weit genug und muss durch weitgehendere Maßnahmen ergänzt werden.

Langes Warten hat ein Ende

Die SPÖ sieht die Regierung mit der heute verkündeten Begutachtung schwer in Verzug. „Offensichtlich versucht Ministerin Gewessler, den Österreicherinnen und Österreichern mit der Begutachtung des Energieeffizienzgesetzes noch schnell ein Weihnachtsgeschenk zu präsentieren, doch das Gesetz kommt um Jahre zu spät. Denn mit 31. Dezember werden es genau zwei Jahre sein, in denen es für Österreich keinen Plan gibt, um den Energieverbrauch nachhaltig zu senken“, gibt SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll zu bedenken.

NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer gab sich noch abwartend: „Der Gesetzesentwurf liegt uns noch nicht vor, doch das, was die Ministerin präsentiert hat, wirkt zahnlos.“ Der Umweltdachverband sprach von einem „Weihnachtswunder“, immerhin habe man fast zwei Jahre auf einen neuen Entwurf des Gesetzes gewartet.