Eva Kaili, frühere EU-Parlamentsvizepräsidentin
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EU-Korruptionsskandal

U-Haft für Kaili verlängert

Die U-Haft für die frühere EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili wird um einen Monat verlängert, da die Ermittlungen wegen Korruption im Zusammenhang mit dem WM-Gastgeberland Katar noch andauern. Das teilte die zuständige Staatsanwaltschaft in Belgien Donnerstagabend mit. Die Beratungen hatten den ganzen Tag gedauert. Kaili kann nun innerhalb von 24 Stunden Berufung einlegen. Sie hat bisher jegliches Fehlverhalten abgestritten.

Für die im Korruptionsskandal des EU-Parlaments ebenfalls Beschuldigten – Kailis Lebensgefährte Francesco Giorgi und Ex-EU-Abgeordneter Pier Antonio Panzeri – wurde die U-Haft bereits vergangene Woche verlängert. Ein weiterer Verdächtiger durfte das Gefängnis mit der Auflage einer Fußfessel verlassen. Eva Kailis Anwalt Michalis Dimitrakopoulos beteuerte die Unschuld seiner Mandantin. Kaili sei „nie bestochen worden“. Nur ihr Lebensgefährte könne „Antworten zur Existenz dieses Geldes geben“.

Es gebe eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlern, teilte der zweite Verteidiger, Andre Risopoulos, mit. Beide Verteidiger hatten Kailis Freilassung mit elektronischer Fußfessel beantragt. Inzwischen gab Kaili in einem Teilgeständnis Berichten zufolge gegenüber den Behörden aber zu, dass Koffer mit Geld durch ihre Wohnung geschleust wurden und dass sie von den Aktivitäten ihres Lebensgefährten Giorgi gewusst habe. Giorgi gab die Bestechung durch Katar bereits zu. Kaili gab ihrem Anwalt zufolge auch zu, ihren Vater am Tag der Razzia durch belgische Ermittler angewiesen zu haben, Bargeld aus ihrer Wohnung in ein Brüsseler Hotel zu bringen.

Allerdings fühle sich Kaili von ihrem Lebenspartner betrogen, teilte Anwalt Dimitrakopoulos dem Gericht in Brüssel mit: „Sie hat ihm vertraut, er hat sie hintergangen.“ Sie befinde sich in schlechter psychischer Verfassung, so Kailis Verteidiger, nachdem er mehrere Stunden mit ihr im Gefängnis gesprochen hatte. Die zweijährige Tochter von Kaili befindet sich griechischen Medienberichten zufolge beim Vater der Verdächtigen.

Hunderttausende Euro gefunden

In der Wohnung der wegen des Korruptionsverdachts mittlerweile abgesetzten Vizepräsidentin des EU-Parlaments und ihrem im Parlament als Assistenten arbeitenden Lebensgefährten Giorgi fanden Ermittler 150.000 Euro. Weitere 750.000 wurden bei Kailis Vater in einem Brüsseler Hotel gefunden. Insgesamt hatten die Ermittler zwischen dem 9. und 12. Dezember 20 Privaträume und Abgeordnetenbüros durchsucht. Bei dem Ex-Europaabgeordneten Panzeri fanden sie weitere 600.000 Euro.

Diesen Verdächtigen wird „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ vorgeworfen. Sie sollen vom Golfstaat Katar dafür bezahlt worden sein, sich für dessen Interessen einzusetzen. Der Golfstaat hat das zurückgewiesen.

Ermittlungen auch in Griechenland

Am Donnerstag hatten griechische Behörden auf der Insel Paros bereits ein rund 7.000 Quadratmeter großes Grundstück der Abgeordneten und ihres Lebensgefährten beschlagnahmt. Das wurde aus griechischen Justizkreisen bekannt. Demzufolge wurde auch ein gemeinsames Bankkonto des Paares, das für den Kauf des Grundstücks verwendet worden war, beschlagnahmt. Es gehe um den Verdacht der „Annahme von Bestechungsgeldern und der Geldwäsche“.

Gewerkschaftschef suspendiert

Der Skandal zieht weite Kreise. Panzeri, der als Drahtzieher gilt, soll den Ermittlern von weiteren involvierten Abgeordneten erzählt haben. Auch Kaili soll Medienberichten zufolge in ihrer Anhörung etwa den belgischen EU-Abgeordneten Marc Tarabella als Empfänger von „Geschenken“ aus Katar angeprangert haben.

Pier Antonio Panzeri, Ex-EU-Abgeordneter und Vater der früheren EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili
APA/AFP/European Union/Marc Dossmann
Der ehemalige EU-Abgeordnete Panzeri gilt als zentrale Person in dem Korruptionsskandal

Der Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), Luca Visentini, wurde wegen mutmaßlicher Verwicklung in die Korruptionsaffäre vorläufig suspendiert. Er wies „alle gegen mich erhobenen Vorwürfe entschieden zurück“. Er bestätigte aber den Erhalt einer „Geldspende“ von „weniger als 50.000 Euro“ von der Nichtregierungsorganisation Fight Impunity, die wiederum in Verbindung mit dem Skandal gebracht wird.

Panzeri ist Präsident dieser Menschenrechtsorganisation. Diese dürfte den Geständnissen von Kaili und ihres Lebensgefährten zufolge Drehscheibe der Zahlungen von Drittstaaten an Entscheidungsträgerinnen und -träger der EU gewesen sein. Es gilt für alle Genannten die Unschuldsvermutung.

Fragen an EU-Kommissar

Wegen möglicher Interessenskonflikte muss sich inzwischen auch der frühere griechische EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos Fragen der EU-Kommission stellen. Dabei geht es um seine Tätigkeit im Ehrenpräsidium von Fight Impunity und um eine Spendenannahme von dieser Organisation. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ordnete umfassende Untersuchungen zu diesen Verbindungen an.

Neben Avramopoulos waren unter anderem auch die ehemalige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der frühere französische Premier Bernard Cazeneuve im Ehrenpräsidium von Fight Impunity. Mogherini nahm den Posten erst nach ihrer Abkühlphase an. Diese Karenzzeit beträgt für ehemalige EU-Kommissarinnen und -Kommissare derzeit zwei Jahre. Avramopoulos trat von seinem Posten nach den Berichten über die Verwicklung von Fight Immunity in den Korruptionsskandal nach eigenen Angaben zurück. Ihm zufolge taten das auch Mogherini und Cazeneuve.