Es kam wie angekündigt: Der prognostizierte Wintersturm brachte großen Teilen des Landes heftige Schneefälle, Eiswinde und extreme Kälte. Die Zahl der Toten stieg in der Nacht auf Samstag (Ortszeit) auf 17, wie der Sender NBC unter Berufung auf örtliche Behörden berichtete. Die Ursache seien in fast allen Fällen wetterbedingte Verkehrsunfälle. Auch andere Sender berichteten von einer zweistelligen Zahl an Todesopfern im Zusammenhang mit wetterbedingten Verkehrsunfällen. Nahe der Stadt Toledo im Bundesstaat Ohio kam es etwa zu einer Massenkarambolage mit 50 beteiligten Fahrzeugen.
Besonders stark betroffen ist nach Angaben des US-Wetterdienstes derzeit die Region um die fünf Großen Seen (Great Lakes) im Nordosten des Landes an der Grenze zu Kanada. In Erie County, südlich der Großen Seen im Bundesstaat New York, waren die Rettungsdienste zeitweise überlastet. Marc Poloncarz, der Verantwortliche aus dem Bezirk, rief auf dem Kurznachrichtendienst Twitter dazu auf, nur in den „kritischsten, lebensbedrohlichsten Fällen“ den Notruf zu wählen, um die Leitungen freizuhalten. Er forderte die Einwohner dazu auf, trotz Strom- und Heizungsausfällen in ihren Häusern zu bleiben. Der Transport in Notunterkünfte sei derzeit nahezu unmöglich.
Minus 40 Grad Celsius
Der Wetterdienst rief Reisende am Weihnachtswochenende zu äußerster Vorsicht auf und warnte vor „Whiteout“-Bedingungen, also stark eingeschränkter Sicht und Orientierung durch den Schnee. Reisen unter diesen Bedingungen seien „extrem gefährlich und zeitweise unmöglich“, hieß es. Zudem wurde vor den niedrigen Temperaturen gewarnt. Im Bundesstaat Montana seien am frühen Samstagmorgen minus 40 Grad Celsius gemessen worden. Bereits wenige Minuten in der Kälte könnten zu Erfrierungen führen, hieß es.

Vor dem Weihnachtswochenende hatten wegen des Sturmtiefs „Elliot“ bereits mehr als 200 Millionen Menschen Unwetterwarnungen erhalten. Betroffen waren zunächst vor allem der Norden und der Mittlere Westen der USA. Doch auch in Bundesstaaten im Süden des Landes gab es Warnungen vor extremem Frost. In der Nacht auf den Heiligen Abend verlagerte sich der Sturm mehr in den östlichen Teil des Landes. Mehrere Bundesstaaten riefen den Notstand aus. „Mutter Natur verlangt uns dieses Wochenende alles ab, was sie zu bieten hat“, sagte die Gouverneurin des Bundesstaats New York, Kathy Hochul.
Aufforderung zum Stromsparen
Samstagfrüh (Ortszeit) waren noch immer mehr als 700.000 Haushalte ohne Strom, wie die Website PowerOutage zeigte. Der Stromnetzbetreiber PJM Interconnection, der 65 Millionen Menschen im Osten der USA versorgt, warnte vor möglicherweise nötigen Stromabschaltungen. Die Kraftwerke hätten bei den eisigen Temperaturen Schwierigkeiten, daher müsse man die Menschen auffordern, auf unnötigen Stromverbrauch zu verzichten. Die Bewohner von 13 Bundesstaaten sollten, so möglich, die Thermostate niedriger als gewöhnlich einstellen, die Verwendung von Großgeräten wie Herden und Geschirrspülern verschieben und nicht notwendige Lichter ausschalten. Kommerzielle und industrielle Stromverbraucher wurden ebenfalls aufgefordert, ihre Stromzufuhr zu reduzieren.
Viele Flüge storniert
Die arktische Kältefront brachte auch die Weihnachtspläne vieler Reisenden durcheinander: Fast 6.000 Flüge waren nach Angaben der Flugdatenwebsite FlightAware am Freitag gestrichen worden, am Samstag waren es mindestens 3.741 Flüge. Es gab zudem mehr als 10.000 Verspätungen. Vor allem Passagiere im Norden, rund um die Großen Seen, mussten Reisen absagen. Die Flughäfen in Chicago und Detroit gehören zu den wichtigsten Drehkreuzen des Landes.

US-Medien warnten zudem vor der möglichen Entstehung eines besonderen und schweren Sturms, eines „bomb cyclone“ – ein Wetterphänomen, bei dem der Luftdruck innerhalb kurzer Zeit extrem abfällt und die Wucht des Sturms verstärkt. In den Bundesstaaten Montana, South Dakota und Wyoming waren bereits am Vorweihnachtstag Temperaturen um minus 45 Grad Celsius gemessen worden. In Denver im US-Bundesstaat Colorado fielen die Temperaturen laut Meteorologen beim Durchzug der arktischen Kaltfront innerhalb von 24 Stunden um rund 40 Grad.
Die Behörden im ganzen Land richteten Wärmestationen in Bibliotheken und Polizeiwachen ein und bauten zudem die Notunterkünfte für Obdachlose ein.