Der Verkehr an den Feiertagen in Großbritannien ist wesentlich beeinträchtigt: Am Samstagabend wollten Tausende Beschäftigte des Streckenbetreibers Network Rail die Arbeit niederlegen, um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Schon am Nachmittag wurde deshalb der Zugsverkehr weitgehend eingestellt, die Fronten im Tarifstreit sind verhärtet. Der Streik, zu dem die Gewerkschaft RMT aufgerufen hat, soll erst am 27. Dezember enden.
Zudem streiken seit Freitag Grenzbeamte an mehreren Flughäfen, darunter die wichtigen Londoner Airports Heathrow und Gatwick. Teilweise übernahmen Soldaten die Passkontrollen. Dennoch wurde vor langen Warteschlangen bei der Einreise gewarnt. Bei der Ausreise aus Großbritannien gibt es keine offizielle Passkontrolle. Der Streik soll sogar noch bis Silvester dauern.

Auch die Beschäftigten der Royal Mail legen seit Wochen immer wieder die Arbeit nieder, weshalb zahlreiche Menschen keine Weihnachtspost oder Pakete erhalten hatten. Der britische Gesundheitsdienst NHS kündigte schon für nächstes Jahr neue Streiks an, bisherige Gehaltserhöhungen bezeichnete die Gewerkschaft als „erbärmlich“, nun sollen im Jänner etwa die Ambulanzen an zwei Tagen ihre Arbeit niederlegen.
Telefonate als Wertschätzung für öffentlichen Dienst
Angesichts der zahlreichen Streiks verzichtete Sunak auf die traditionelle Weihnachtsansprache. Stattdessen habe er mehrere Regierungsmitarbeiter mit persönlichen Anrufen überrascht, teilte Downing Street 10 mit. Sunak twitterte am Samstag: „An alle Briten, die über Weihnachten arbeiten – danke. Ob Sie in Mogadischu oder Milton Keynes sind, ich bin Ihnen für Ihr Opfer persönlich dankbar.“
Sunak telefonierte nach Regierungsangaben mit Diplomaten in Somalia, Pakistan und in der Ukraine sowie mit dem Chef einer staatlich geförderten Wohltätigkeitsorganisation in London. Außerdem rief er die Besatzung des Eisbrechers „HMS Protector“ an, die derzeit rund um die Südlichen Sandwichinseln nahe der Antarktis im Einsatz ist und dort unter anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Nachschub versorgt.
Nach Ansicht von Kommentatoren wollte Sunak damit deutlich machen, welch großen Wert er dem öffentlichen Dienst beimisst. Die Gewerkschaften werfen der Regierung vor, angemessene Lohnsteigerungen zu verweigern.
„Arbeiten Sie in der Wirtschaft?“
Auch am Heiligen Abend sieht sich Sunak erneut mit Kritik konfrontiert. Auslöser ist ein Auftritt des Premiers in einer Suppenküche für Obdachlose. Dort fragte er einen Mann, ob er in der Wirtschaft arbeite, worauf dieser antwortete, dass er obdachlos sei. Er sei aber an Wirtschaft interessiert, vor allem an der Finanzindustrie.
Sunak sprach dann über seinen Hintergrund in der Finanzbranche und fragte, ob der Mann „gerne in diese Branche einsteigen“ würde. Der Mann antwortete: „Ich hätte nichts dagegen, aber ich weiß nicht, ich möchte erst einmal Weihnachten überstehen.“ Sunak wollte bei dem Auftritt darauf hinweisen, dass die Regierung zwei Milliarden Pfund zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit über einen Zeitraum von drei Jahren zugesagt hat.
GB: Bahnmitarbeiter streiken
In Großbritannien streiken am Samstag nach den Rettungsdiensten und der Post nun die Bahnmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Sie fordern höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Labour-Partei, Angela Rayner, bezeichnete den Austausch als „unerträglich“, und die Labour-Abgeordnete Stella Creasy sagte: „Wenn ich mir das ansehe, bin ich besorgt, dass der Premierminister denkt, obdachlos bedeute ‚hat im Moment kein großes Anwesen‘.“
Opposition: Kontakt mit einfachen Menschen verloren
Der Labour-Abgeordnete Bill Esterson schrieb, das beweise, dass Sunak den Kontakt mit den einfachen Menschen verloren habe. Das ist einer der Vorwürfe, mit denen Sunak schon vor seinem Amtsantritt als britischer Premier konfrontiert wurde – er gilt als reichster Abgeordneter im britischen Unterhaus. Sunak ist seit Oktober im Amt, sein erstes Weihnachten als Premierminister wollte der 42-Jährige in seinem Wahlkreis Richmond in der nordenglischen Grafschaft North Yorkshire verbringen.