Von den über 70 Militärmaschinen, die die Volksarmee bei den Manövern laut Angaben aus Taiwan im Einsatz hatte, seien 47 in die Luftraumüberwachungszone (ADIZ) der Insel eingedrungen, berichtete das Verteidigungsministerium in Taipeh am Montag.
Unter den Kampfjets seien auch sechs Kampfflugzeuge vom russischen Typ Suchoi SU-30 gewesen. Die Mehrzweckkampfflugzeuge gehören zu den modernsten der chinesischen Luftwaffe. Nach Angaben aus Taipeh überquerten die meisten Flugzeuge die „Mittellinie“, die entlang der Taiwan-Straße (Formosastraße) verläuft und Taiwan und China voneinander trennt.
„Kampfbereitschaft und Angriffsübungen“
Die chinesische Volksbefreiungsarmee hatte am Sonntag erklärt, „gemeinsame Patrouillen zur Kampfbereitschaft und Angriffsübungen auf dem Wasser und im Luftraum rund um die Insel Taiwan organisiert“ zu haben. Es handle sich dabei um eine „robuste Antwort auf die zunehmende Kollusion und Provokationen durch die USA und die taiwanischen Behörden“.

Die chinesische Armee veröffentlichte Fotos eines Bombers, eines Kriegsschiffs sowie ein aus einem Cockpit aufgenommenes Luftbild, auf dem eine Bergkette in Taiwan zu sehen ist. Durch dieses Bild sollte offensichtlich hervorgehoben werden, wie nahe das Flugzeug der Küste Taiwans kam. Chinas Außenministerium hatte zuvor am Samstag seine „starke Ablehnung“ einer in Washington beschlossenen Militärhilfe für Taiwan in Höhe von zehn Milliarden Dollar (rund 9,4 Mrd. Euro), die auch Waffenlieferungen beinhaltet, bekundet.
Spannungen nahmen seit Sommer deutlich zu
Die Spannungen zwischen China, Taiwan und den USA nehmen seit Monaten zu. Letzter größerer Anlass war der Besuch der hochrangigen demokratischen US-Politikerin Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses in Washington, im August in Taiwan.

Peking sah den Besuch Pelosis als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten und hatte schon im Vorfeld mit Konsequenzen gedroht. Nach ihrer Abreise begann China mit seinen Militärmanövern, die bis zu 20 Kilometer an die taiwanische Küste heranreichten. Sie waren die bisher größten überhaupt in den Gewässern rund um die Insel.
Das Szenario war ein ähnliches wie zuletzt. Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe hatten auch bei diesen Manövern die „Mittellinie“ in der Taiwan-Straße, die das Ost- und Südchinesische Meer verbindet und eine der meistbefahrenen Frachtrouten in der Region ist, überquert. Seit der Spaltung zwischen China und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will – notfalls mit militärischer Gewalt. China erhöhte den militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf den Inselstaat deutlich.
„Boshafter Nachbar“
Taiwans Premierminister Su Tseng-chang verurteilte die Manöver damals mit scharfen Worten. Die Regierung in Taipeh habe nicht erwartet, „dass der boshafte Nachbar eine Machtdemonstration vor unserer Haustür abhalten und willkürlich die meistbefahrenen Seerouten der Welt mit Militärübungen aufs Spiel setzen würde“, sagte Su.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen nannte die chinesischen Manöver um die Inselrepublik „unverantwortlich“. Das taiwanische Verteidigungsministerium bezeichnete die Übungen als einen „höchst provokativen Akt“. Die Mittellinie der Taiwan-Straße ist eine inoffizielle, aber weitgehend eingehaltene Grenze in der Mitte der Meerenge, die China und Taiwan trennt.
Neue Drohgebärden vor Küste Taiwans
China hat mit Kriegsschiffen und Militärjets die Inselrepublik Taiwan provoziert. Laut Angaben aus Taipeh setzte die Volksrepublik bei Militärmanövern mehr als 70 Kampfflugzeuge ein. Dutzende davon sollen abermals die „Mittellinie“ der Straße von Taiwan überflogen haben. China sprach von „Angriffsübungen“ aufgrund von „Provokationen“ aus den USA und Taiwan.
Kampfjets und Kriegsschiffe hatten diese Linie lange Zeit selten verletzt, seit 2020 wurden chinesische Grenzüberschreitungen aber häufiger, insbesondere durch das Eindringen von Kampfflugzeugen in die Luftverteidigungszone Taiwans. Diese ist nicht gleichbedeutend mit dem taiwanischen Luftraum und überschneidet sich teilweise mit der chinesischen Verteidigungszone. Peking hatte einmal erklärt, sich nicht mehr an die Linie gebunden zu sehen.