ein Polizeitaucher im Neuköllner Schifffahrtskanal in Berlin
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Juwelencoup Grünes Gewölbe

Akribische Spurensuche in Berliner Kanal

Mehr als drei Jahre nach dem spektakulären Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe im deutschen Dresden sucht die Polizei noch immer nach möglichen Spuren. Schauplatz seit dem Weihnachtswochenende: ein Kanal in Berlin, in dem seit Sonntag Taucher im Einsatz sind. Die Polizei hält sich dazu eher bedeckt.

Um welche Art von „Beweisstücken“ es bei der Suchaktion dort geht, verrieten die Ermittler nicht. Fest steht nur: Nach dem Coup, bei dem – nicht nur kulturhistorisch – immens wertvoller Schmuck mit einem Versicherungswert von knapp 114 Mio. Euro verschwand, sind immer noch viele Fragen offen.

Begonnen hatte der Einsatz im Neuköllner Schiffskanal in Berlin bereits am Sonntag. An die 20 Polizeitaucher aus mehreren deutschen Bundesländern sind daran beteiligt, am Montag wurde laut deutschen Medienberichten am Kiehlufer auf Höhe Treptower Straße erneut getaucht, so die Polizeidirektion Dresden im deutschen Bundesland Sachsen.

Suche nach Stecknadel im Heuhaufen

Mit den Tauchgängen sollten an die 150 Meter des Kanals nach nicht näher spezifizierten „Beweisstücken“ im Zusammenhang mit dem Einbruch vom November 2019 abgesucht werden, teilten die Behörden mit, auch ohne genauere Angaben zum Ziel der Aktion zu machen.

ein Polizeitaucher springt in den Neuköllner Schifffahrtskanal in Berlin
Reuters/Joachim Herrmann
Abtauchen in Berliner Schiffskanal bei eisigen Wassertemperaturen

„Die Maßnahmen werden einige Zeit in Anspruch nehmen“, hieß es lediglich. Weitere Auskünfte seien mit Blick auf die laufenden Ermittlungen momentan nicht möglich. Auch über das Ergebnis der Suchaktion könne aktuell nicht informiert werden. Die Suchaktion auf dem teils eisbedeckten Kanal dürfte einer nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen gleichen.

Enormer – auch ideeller – Wert

Bei dem Einbruch in das Grüne Gewölbe im ostdeutschen Dresden am 25. November 2019 war wertvoller Juwelenschmuck aus dem 18. Jahrhundert gestohlen worden.

Die Beute hatte einen geschätzten Versicherungswert von mindestens 113,8 Millionen Euro. Außerdem hinterließen die Täter Sachschäden in der Höhe von etwa einer weiteren Million Euro. Mitte Dezember konnten die deutschen Behörden einen erheblichen Teil der Beute sicherstellen.

Königliche Juwelen

Es handelte sich dabei um insgesamt 31 Objekte oder Teile davon. Darunter waren der bekannte Hutschmuck (Reiherstutz) und der Bruststern des polnischen Weißer-Adler-Ordens aus der Brillantgarnitur. Dagegen fehlen die bei dem Diebstahl beschädigte Brillantenepaulette mit dem „Sächsischen Weißen“ und die Große Brustschleife von Amalie Auguste, von 1854 bis 1877 Königin von Sachsen.

Grünes Gewölbe
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Das Grüne Gewölbe beherbergt eine umfangreiche Sammlung

Berüchtigter Clan hinter Tat vermutet

Die Ermittler verwiesen dabei auf Absprachen – wie die im Detail ausgesehen haben könnten, ist unbekannt – im Rahmen des laufenden Gerichtsverfahrens in Dresden gegen sechs Tatverdächtige. Sie gehören alle dem Remmo- bzw. Rammo-Clan aus Berlin an, einer Großfamilie mit geschätzt bis zu 1.000 Angehörigen mit Wurzeln in der Türkei bzw. dem Nahen Osten. Die Familie wird zum Teil der Clankriminalität zugerechnet, die Vorwürfe gegen sie reichen von Schutzgelderpressung über Raub und Drogenhandel bis hin zum Mord.

Schatzkammer der Wettiner Fürsten

Das Grüne Gewölbe in Dresden ist die historische Museumssammlung der ehemaligen Schatzkammer der Wettiner Fürsten, sie enthält Objekte aus der Zeit der Renaissance bis zum Klassizismus (bis etwa 1840). Ihren Namen hat die Sammlung von grünen Säulen in den ursprünglichen Gewölberäumen. Öffentlich zugänglich ist die Sammlung bereits seit knapp 300 Jahren. Die Sammlung gehört zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Der Prozess wegen des Einbruchdiebstahls in den frühen Morgenstunden des 25. November 2019 geht erst im kommenden Jahr weiter. Der eigentlich für den 20. Dezember angesetzte Hauptverhandlungstermin, bei dem mit Spannung Erklärungen der Tatverdächtigen erwartet worden waren, hatte wegen der Erkrankung einer Richterin verschoben werden müssen, wie das Landgericht Dresden mitteilte. Der nächste Termin ist nun für den 10. Jänner angesetzt.