Moskau fahndet nach Investigativjournalisten Grosew

Der in Österreich lebende bulgarische Investigativjournalist Christo Grosew ist von Moskau zur Fahndung ausgeschrieben worden. Österreich biete ihm Personenschutz an, was er akzeptieren werde, sagte Grosew. Auf Anfrage von ORF.at wusste man im Außenministerium heute dazu aber nichts. Man sei dabei, nähere Informationen einzuholen.

„Ich bin gespannt, was mir vorgeworfen wird“, sagte der Russland-Experte, der seit 2015 für die investigative Website Bellingcat arbeitet, gegenüber dem privaten bulgarischen Fernsehsender bTV. Im Juli hatte der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation (FSB) mitgeteilt, dass Grosew an einer Operation der ukrainischen Geheimdienste beteiligt gewesen sei.

Journalist Christo Grozev
Reuters/Hannah Mckay

Grosew war an bedeutenden Bellingcat-Recherchen beteiligt, durch die unter anderem die drei Angeklagten für den Giftmordanschlag gegen Sergej und Julia Skripal 2018 identifiziert wurden sowie auch zwei russische Offiziere, die für den MH17-Abschuss 2014 verurteilt wurden, und Mitarbeiter des Geheimdiensts GRU, die hinter dem Umsturzversuch in Montenegro 2016 stehen sollen. Grosew ist auch für die Enthüllungen im Fall des Giftanschlags auf Alexej Nawalny 2020 mitverantwortlich. Im November dieses Jahres sagte er zudem in einem Interview, dass seine Recherchen jene russischen Programmierer enttarnt hätten, die russische Raketen für Luftangriffe auf die Ukraine programmierten.

Enttäuscht von Sofia

Er habe einen Rechtsanwalt in Russland beauftragt, herauszufinden, warum er zur Fahndung ausgeschrieben worden sei. Als Grund vermutet der Investigativjournalist seine bisherige Arbeit. Die Enthüllungen von Bellingcat in den vergangenen fünf bis sechs Jahren haben „eine ganze Abteilung des russischen Militärnachrichtendienstes GRU“ ausgeschaltet, meinte er.

Grosew gab nach Bekanntwerden der russischen Fahndung an, dass auch die Niederlande, Litauen und Schweden Hilfe angeboten hätten. „Ausländische Regierungen haben mich kontaktiert, die bulgarische noch nicht“, sagte er. Zwei Tage nach der Fahndungsausschreibung wurde die russische Botschafterin in Sofia, Eleonora Mitrofanowa, ins Außenministerium geladen. Er habe sich eine „angemessenere“ Reaktion der bulgarischen Regierung gewünscht, so Grosew.