Van der Bellen sieht „Wasserschaden“ nicht behoben

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ruft in seiner Neujahrsansprache dazu auf, trotz aller Befürchtungen und negativer Erwartungen kein vorschnelles Urteil über das Jahr 2023 zu fällen. Es sei wichtig, „dass man die Hoffnung zulässt“, meinte das Staatsoberhaupt in seiner Rede, die heute Abend im ORF ausgestrahlt wird.

Den innenpolitischen „Wasserschaden“, von dem er im Oktober angesichts der ÖVP-Affäre gesprochen hatte, sieht Van der Bellen noch nicht behoben. Der Bundespräsident sprach von noch nicht gesetzten Schritten zum Ausräumen der Zweifel an der Integrität der Politik.

„Die Generalsanierung hat noch immer nicht begonnen“, kritisierte das Staatsoberhaupt: „Und so viel möchte ich an dieser Stelle sagen: Die Österreicherinnen und Österreicher warten darauf. Und ich auch.“

„Ich weiß schon, manche finden es naiv“

Er nannte das als eines von mehreren Themen, die befürchten ließen, dass das kommende Jahr härter werde als das vorangegangene. Erwähnt wurden von Van der Bellen vor allem die wirtschaftliche Situation mit Inflation und hohen Energiepreisen als Folge des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine, aber auch die Klimakrise mit ihren Auswirkungen sowie die Folgen der Pandemie.

Dennoch rief der Bundespräsident zur Bereitschaft auf, sich vom kommenden Jahr positiv überraschen zu lassen. „Ich weiß schon, manche finden das naiv. Und manche können es auch nicht mehr hören, wenn ich zum gefühlt 100. Mal ‚Wir kriegen das schon hin‘ sage.“ Wichtig sei aber, dass man die Hoffnung zulasse und sich wie ein Skirennläufer mental auf die Strecke und den bestmöglichen Ausgang fokussiere.

„Dann wird unser gemeinsames Jahr gut werden“

Van der Bellen nannte wichtige Aufgaben, die in Summe den Erfolg als Gemeinschaft ermöglichten: von Eltern über Menschen in Pflege, von Sozialem und Medizin bis zu Lehrern und Schülern, politisch Engagierten, Journalisten, Wirtschaftstreibenden, Pensionisten oder der Exekutive.

„Wenn wir alle unsere täglichen Aufgaben mit Optimismus und gutem Willen erledigen und im Rahmen unserer ganz persönlichen Möglichkeiten unser Bestes geben, Schritt für Schritt für Schritt: Dann wird unser gemeinsames Jahr gut werden. Weil wir einander so am besten helfen“, so der Bundespräsident.

Kickl kritisiert Van der Bellen und Regierung

Nach Ansicht von FPÖ-Chef Herbert Kickl kann „mit dieser Bundesregierung die Integrität der Politik nicht wieder hergestellt werden“. Der Bundespräsident müsse das wissen – „trotzdem versucht er, die Menschen mit seichten Durchhalteparolen zu ‚beglücken‘, um sie bei Laune zu halten“, so Kickl in einer Aussendung.

Solange die ÖVP in diesem Land etwas zu sagen habe, „wird auch die Korruption ein ständiger Begleiter sein“, glaubt Kickl. „Wenn es dem Bundespräsidenten mit einer Generalsanierung ernst ist, dann muss er die Reißleine ziehen, diese Regierung vor die Tür setzen und damit den Weg für Neuwahlen freimachen.“