Zerstörtes Gebäude in Makeevka
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Rumoren in Russland

Kiew meldet nächsten erfolgreichen Schlag

Die ukrainische Armee hat binnen weniger Stunden einen zweiten schweren Schlag gegen russische Truppen vermeldet. Bei einem Artillerieangriff nahe der Ortschaft Tschulakiwka im Gebiet Cherson im Süden seien bereits in der Silvesternacht 500 Mann getötet oder verletzt worden. Eine Bestätigung dafür gibt es noch nicht. Ein am Vortag verkündeter Angriff auf eine Soldatenunterkunft in ostukrainischen Gebiet Donezk hatte ähnliche viele Opfer gefordert – und harsche Kritik an der russischen Armeeführung ausgelöst.

Der ukrainische Generalstab teilte am Dienstag in seinem Lagebericht mit, man habe den russischen Streitkräften in Cherson mit einem Artillerieangriff schwere Verluste zugefügt: „Die Verluste des Gegners belaufen sich auf 500 Tote und Verletzte“, hieß es. Laut Generalstab wurden einen Tag später auch russische Einheiten im Ort Fedoriwka getroffen. Die Zahl der Opfer dort werde noch geprüft.

Fedoriwka und Tschulakiwka liegen beide auf der südöstlichen Seite des Flusses Dnipro auf dem von Russland besetzten Teil des Gebiets Cherson. Die Angaben des Militärs ließen sich nicht unabhängig prüfen. Beide Kriegsparteien sprechen häufig von hohen Verlusten der gegnerischen Seite.

Selenskyj über Abnutzungsstrategie

Bei einem Angriff in der Ukraine sind mehr als 60 russische Soldaten getötet worden. Moskau greift die ukrainische Infrastruktur weiter mit Drohnen an. Der ukrainische Präsident Selenskyj spricht von einer Abnutzungsstrategie.

Viele Tote bei Angriff im Donbas

Für Rumoren in Russland sorgte der am Montag von Russland bestätigte Angriff im Ort Makijiwka im Donbas. Offiziell räumte das russische Verteidigungsministerium dabei den Tod von 63 Rekruten ein. Kiew bezifferte die gegnerischen Verluste auf 400 Tote und 300 Verletzte.

„Zehn Monate nach Beginn des Krieges ist es gefährlich und kriminell, den Feind als einen Dummkopf zu betrachten, der nichts sieht“, sagte Andrej Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des Moskauer Stadtparlaments. Mehrere russische Kriegsreporter – deren Einfluss im Land zuletzt gewachsen ist – sprachen ebenfalls von Hunderten Opfern. Sie warfen ranghohen Militärkommandeuren vor, nicht aus früheren Fehlern gelernt zu haben.

Scharfe Kritik von russischen Bloggern

Der frühere Anführer prorussischer Separatisten in der Ostukraine, Igor Girkin, Kampfname Strelkow, sagte zu dem Angriff in Makijiwka, die Soldaten seien in einem ungeschützten Gebäude stationiert gewesen. Dieses sei „fast vollständig“ zerstört worden, da dort gelagerte Munition bei dem Angriff detoniert sei. Er sprach von „Hunderten“ Getöteten und Verletzten.

Der Ex-Mitarbeiter des russischen Geheimdiensts FSB gilt als Ultranationalist, er fordert von Russland, den Krieg effizienter zu gestalten. Wegen seiner Beteiligung am Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 über der Ukraine wurde er im November in Abwesenheit zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Seit einigen Monaten soll Girkin auf eigene Faust in der Ukraine kämpfen. Am Dienstag legte Girkin auf Telegram noch einmal nach: Er schrieb von einer „Verblödung“ der russischen Generäle. Diese würden wohl nicht wissen, dass die Ukraine durch die NATO über eine „effektive moderne Luftaufklärung verfüge“.

Separatistenchef verantwortlich gemacht

Der Angriff mit einem HIMARS-Raketenwerfer erfolgte auf eine ehemalige Schule, in der offenbar Hunderte russische Soldaten untergebracht waren – offenbar ein fataler Fehler: „Wer kam auf die Idee, viel Personal in einem Gebäude unterzubringen, wenn selbst einem Idioten klar ist, dass es bei einem Artillerietreffer viele Tote oder Verwundete geben würde?“, schrieb der Blogger Archangel Spetznaz Z, der mehr als 700.000 Follower auf Telegram hat. „Jeder Fehler hat einen Namen.“ Militärblogger nannten vor allem einen: Denis Puschilin. Dem Chef der prorussischen Separatisten in der Region Donezk wurde von einigen die Schuld an den Vorfällen gegeben, sein Rücktritt wird gefordert.

Trauer in russischer Region

Spekuliert wird auch darüber, wie die ukrainische Armee die Unterkunft aufspüren konnte. Mehrere Blogger vermuten, dass russische Soldaten entgegen den Anweisungen mit ihrem Handy telefoniert und die abgefangenen Signale den Standort verraten hätten. Andere wiederum meinen, es sei wahrscheinlicher, dass proukrainische Einwohner der Region die Information weitergegeben hätten.

Viele der getöteten Soldaten stammen offenbar aus der südostrussischen Region Samara. Im russischen Fernsehen war zu sehen, wie Einwohner der gleichnamigen Hauptstadt des Oblasts Blumen in Gedenken an die Getöteten niederlegten.