Ein französischer Spähpanzer vom Typ AMX 10 RC
IMAGO/Björn Trotzki
Panzer für Ukraine

Westen erhöht Einsatz

Die USA, Frankreich und Deutschland werden eigene leichte Panzer direkt an die Ukraine liefern. Nach Paris kündigten das Donnerstagabend auch Washington und Berlin an. Das ist ein wichtiger Erfolg für Kiew, das seit Langem Panzer vom Westen im Krieg gegen den Invasor Russland fordert. Klar ist: Der Westen erhöht damit seinen Einsatz für die Ukraine.

Deutschland und andere westliche NATO-Länder haben bisher Panzer nicht direkt an die Ukraine geliefert, sondern nur über einen Ringtausch: So wurden Polen und der Slowakei Panzer aus eigenen Beständen zur Verfügung gestellt. Diese Länder reichten wiederum ihre eigenen Panzer – meist noch sowjetischer Bauart – an die Ukraine weiter.

Deutschland liefert der Ukraine Marder-Panzer und ein Patriot-Raketenabwehrsystem. Die USA werden der Regierung in Kiew zudem leichte Bradley-Schützenpanzer und wie angedacht Patriot-Systeme liefern. Das vereinbarten Kanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden am Donnerstagabend in einem Telefonat.

Beide Regierungen wollen sich zudem um die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den jeweiligen Waffensystemen kümmern. Die deutsch-amerikanische Vereinbarung ist das Ergebnis von Abstimmungen, die seit dem 10. Dezember zwischen beiden Regierungen laufen. Paris war vorgesprescht und hatte bereits am Mittwoch angekündigt, schwer bewaffnete Spähpanzer zu liefern.

Laut Selenskyj „klares Signal“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die französische Entscheidung als „klares Signal“ an andere westliche Staaten gewertet. „Es gibt keinen rationalen Grund, weshalb Panzer westlicher Bauart bisher nicht an die Ukraine geliefert wurden“, sagte er.

Bisher erhielt Kiew nur Kampf- und Schützenpanzer sowjetischer Bauart von osteuropäischen NATO-Staaten. Auch Flugabwehr- oder Bergepanzer westlicher Hersteller wurden geliefert, aber eben noch keine Kampf- und Schützenpanzer wie jene vom Typ Marder oder Leopard 2 aus deutscher Produktion.

Die Regierung in Kiew bat Deutschland seit Monaten um diese Waffensysteme – bis Donnerstag ohne Erfolg. Scholz hat bisher stets betont, dass Deutschland in dieser Frage nicht im Alleingang handeln werde, und darauf verwiesen, dass bisher kein anderes NATO-Land solche Panzer in die Ukraine geschickt habe.

Ein deutscher Leopard-2-Panzer
APA/AFP/Patrik Stollarz
Auch Panzer des Typs Leopard 2 wünscht sich Kiew seit Monaten von Berlin. Diese gibt es aber – zumindest derzeit – nicht.

Die Frage ist nun, ob der von Frankreich zugesagte Spähpanzer AMX-10 RC tatsächlich eine Waffe neuer Qualität ist. Selenskyj beantwortet sie klar mit Ja: „Frankreich hebt die Verteidigungsunterstützung für die Ukraine auf ein neues Level“, sagt er. Der Radpanzer wird vor allem zur Aufklärung eingesetzt, verfügt aber über eine Kanone, die fast das Kaliber des Bundeswehrkampfpanzers Leopard 2 erreicht. Der Elysee-Palast spricht daher von einem „leichten Kampfpanzer“.

USA liefern leichte Panzer an Ukraine

Die USA und Deutschland werden eigene leichte Panzer direkt an die Ukraine liefern. Das vereinbarten US-Präsident Joe Biden und der deutsche Kanzler Olaf Scholz in einem Telefonat. Die USA werden der Regierung in Kiew leichte Bradley-Schützenpanzer und wie angedacht Patriot-Systeme zur Verfügung stellen, kündigte Biden bei einer Kabinettssitzung im Weißen Haus an.

Der grüne Vizekanzler Robert Habeck betonte am Donnerstag bei einem Besuch in Norwegen, dass die Entscheidungen und Überlegungen Frankreichs und der USA „sicherlich die deutsche Debatte auch beeinflussen“ würden. „Wir haben in der Vergangenheit die Unterstützung der ukrainischen Armee immer der Situation angepasst“, betonte Habeck. Die Entscheidungen der Bundesregierung hätten sich an der Dynamik auf dem Schlachtfeld orientiert.

„Überhaupt kein Argument mehr“

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter forderte vor der Entscheidung, dass Berlin Marder-Panzer liefern wird, die Lieferung von 200 Leopard-2-Panzern aus Deutschland und anderen europäischen Ländern in die Ukraine. Das Argument des Alleingangs sei nun jedenfalls hinfällig.

Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), forderte Scholz auf, den Weg für Panzerlieferungen frei zu machen. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul lobte Macron dafür, dass er politische Führung übernehme. Der Kanzler habe nun „überhaupt kein Argument mehr“ gegen die Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Marder, schrieb er auf Twitter.

Putins Kalkül geht nicht auf

Russland, das sich spätestens seit den erfolgreichen Gegenoffensiven der Ukraine im Herbst weitgehend in der Defensive befindet, setzt seit Wochen auf gezielte Schläge aus der Luft gegen die zivile Infrastruktur in großen Teilen der Ukraine. Zwei Hintergedanken leiten Russlands Machthaber Wladimir Putin dabei laut westlichen Fachleuten: Vor allem mit der wiederholten Zerstörung der Strom- und Heizungsversorgung solle die Zivilbevölkerung zermürbt und damit der Druck auf die politische Führung in Kiew erhöht werden, Gebietsabtretungen zuzustimmen.

Das zweite Kalkül sei, den Westen in seiner Unterstützung mürbe zu machen oder eine Spaltung der bisher einheitlichen Front gegen Russland zu erzielen. Beides ist bisher nicht gelungen: Umfragen in der Ukraine zeigen trotz des Leides und der Entbehrungen eine klare Unterstützung für den Krieg. Und der Westen steht weiter geschlossen hinter Kiew und erhöht seinen finanziellen und militärisch-logistischen Einsatz sogar noch weiter.