Kevin McCarthy spricht beim Verlassen der US-Repräsentantenhauses mit Journalisten
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Elf Wahlniederlagen

McCarthy sieht „gute Fortschritte“

Nach drei Tagen Wahlchaos im US-Kongress läuft im Machtkampf um das höchste Amt im amerikanischen Parlament die nächste Runde. Der republikanische Kandidat Kevin McCarthy ist wegen einer parteiinternen Rebellion in den vergangenen Tagen bereits in elf Wahlgängen durchgefallen – ob er am Freitag gewählt wird, bleibt offen. Ungeachtet dessen ortete er im Vorfeld der zwölften Abstimmungsrunde „gute Fortschritte“.

Die Parlamentskammer stimmte am Donnerstagabend nach fünf weiteren ergebnislosen Wahlgängen bei der Abstimmung über den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses dafür, die Sitzung auf Freitag zu vertagen. Zuvor hatte McCarthy am Dienstag und Mittwoch jeweils dreimal die nötige Mehrheit nicht erreicht.

Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher braucht McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden, der in der staatlichen Rangfolge in den USA auf Rang drei nach dem Präsidenten und dessen Vize folgt. Doch diverse Republikaner vom rechten Rand der Fraktion verweigerten McCarthy die Unterstützung. Dadurch erreichte er nicht die nötige Zahl an Stimmen.

„Ich mag es, Geschichte zu schreiben“

Trotz immer neuer Zugeständnisse McCarthys an seine Gegner sind diese bisher hart geblieben in ihrem Widerstand. Nach den weiteren Abstimmungen am Donnerstagabend sagte er trotzdem: „Ich hatte ein gutes Gefühl. Ich habe mich gestern sehr positiv gefühlt. Heute fühle ich mich noch positiver. Ich glaube, wir hatten wirklich gute Gespräche. Ich denke, wir sind an einem wirklich guten Punkt angelangt.“

Das Kapitol von außen, bewölkt
IMAGO/Sipa USA/Samuel Corum
Die neu gewählte Abgeordnetenkammer kann wegen der Uneinigkeit der Republikaner nicht arbeiten

Konkreter wurde er nicht. Der republikanische Fraktionschef bemühte sich einmal mehr, die interne Revolte gegen ihn kleinzureden, und wies zurück, dass ihn der Aufstand in den eigenen Reihen schwäche. Mit Blick auf das historische Ausmaß des Dramas sagte er: „Ich mag es, Geschichte zu schreiben.“ Er halte schließlich auch schon den Rekord für die längste Rede im Repräsentantenhaus.

Der „Washington Post“ zufolge stünden einige Verweigerer aus den Reihen der Republikaner kurz davor, sich auf die Zugeständnisse von McCarty einzulassen und sich für ihn als Speaker auszusprechen. Man gehe davon aus, dass McCarthy zwar nicht alle Stimmen erhält, die für die Ernennung zum Sprecher erforderlich sind, dass er aber dennoch erheblichen Auftrieb erhalten wird, so das US-Medium.

Machtverlust durch Zugeständnisse?

Der 57-jährige McCarthy soll etwa eingewilligt haben, die Hürden für die Abberufung eines Vorsitzenden im Repräsentantenhaus noch weiter zu senken. Damit bietet er seinen Gegnern ein Druckmittel, um ihn nach Belieben wieder aus dem Amt zu jagen. Zudem hat er laut US-Medien angeboten, mehrere Rechtsaußen-Republikaner in wichtige Gremien des US-Kongresses zu schicken.

McCarthy scheitert erneut im US-Kongress

Die Abstimmung um den Vorsitz im Repräsentantenhaus in den USA ist erneut vertagt worden. Wegen eines parteiinternen Machtkampfs der Republikaner scheitert deren Kandidat, Kevin McCarthy, immer wieder an der Wahl für den Vorsitz der Parlamentskammer.

Fachleuten zufolge würde der Fraktionschef seine eigene Position innerhalb der Partei und die Funktion des Speakers damit schwächen. McCarthy bestritt am Donnerstagabend beide Szenarien. Er würde als Speaker eine Schwäche zeigen, wenn er sich vor einer einfacheren Abberufung fürchten würde, so der Republikaner sinngemäß.

Laut „New York Times“ würden gemäßigte Republikaner nun vermehrt versuchen, Druck auf die „Never Kevin“-Republikaner auszuüben. Am Ende sollten nur noch vier gegen McCarthy stimmen und der Rest für ihn. Damit hätte er die Schwelle, die der Fraktionschef für die Wahl benötigt, erreicht.

Mehr Wahlgänge zuletzt 1859/1860

Die aktuelle Abstimmung über den Spitzenposten gehört bereits jetzt zu den längsten in der US-Geschichte. Seit dem 19. Jahrhundert haben die Abgeordneten im Repräsentantenhaus nicht mehr so viele Anläufe gebraucht, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen wie derzeit. Mehr Wahlgänge gab es zuletzt nur 1859/1860. Damals wurde der Republikaner William Pennington erst im 44. Wahlgang zum Vorsitzenden der Kongresskammer gewählt. Das Prozedere dauerte damals mehrere Wochen.

Das Gezerre diesmal zieht sich bereits seit Dienstag hin: Das Repräsentantenhaus war da zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Parlamentswahl im November zusammengekommen. Die Republikaner übernahmen wieder die Kontrolle in der Kongresskammer, wenn auch nur mit ganz knapper Mehrheit. Doch anstatt ihre neue politische Stärke zu demonstrieren, stürzte die Partei die Kammer in Chaos und brachte die Arbeit des Parlaments zum Stillstand.

Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Die Kammer kann ihre Arbeit nicht aufnehmen. Nicht einmal die neuen Abgeordneten können vereidigt werden. An gesetzgeberische Arbeit ist erst gar nicht zu denken.

Jahrestag: Sturm auf Kapitol

Die chaotischen Zustände in der amerikanischen Demokratie fallen ausgerechnet in eine Zeit, in der das Land an die beispiellose Attacke auf das US-Kapitol erinnert. Der brutale Angriff auf den Parlamentssitz jährt sich an diesem Freitag zum zweiten Mal.

Anhänger des damaligen Präsidenten Donald Trump hatten am 6. Jänner 2021 gewaltsam das Kongressgebäude in der Hauptstadt Washington erstürmt. Dort war der Kongress damals zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Biden bei der Präsidentenwahl formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede damit aufgewiegelt, er sei durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Als Folge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.

Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Jänner 2021
AP/John Minchillo
Am 6. Jänner 2021 drangen Trump-Anhänger in den US-Kongress ein

Präsident Biden, der kurz nach der Attacke sein Amt antrat, will an diesem Freitag bei einer Zeremonie im Weißen Haus an den Gewaltausbruch erinnern und mehrere Polizisten für ihren Einsatz an jenem Tag auszeichnen. Biden hatte das Wahldrama im Kongress am Mittwoch als „peinlich“ für das Land bezeichnet. Dabei verwies er auch darauf, dass die Vereinigten Staaten gerade erst das Chaos vom 6. Jänner 2021 verarbeitet hätten und die US-Demokratie vor den Augen der Welt nun erneut „kein gutes Bild“ abgebe.