Mann bei einer Videokonferenz im Homeoffice
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Zeit und Ort

Studie empfiehlt flexibleres Arbeiten

Flexible und geringere Arbeitszeiten sind zwar nicht erst seit der Coronavirus-Pandemie im Kommen, jedoch haben insbesondere die CoV-Maßnahmen, die zu mehr Homeoffice, aber auch Kurzarbeit geführt haben, den Blick auf „neue“ Arbeitsformen geschärft. Von diesen könnten Beschäftigte, Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt profitieren.

So lautet das Resümee einer am Freitag veröffentlichten Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf. Darin wurden die Erfahrungen aus der Zeit der Coronavirus-Pandemie ausgewertet. Flexible und geringere Arbeitszeiten, so heißt es, erhöhten auch die Produktivität.

Die ILO in Genf wurde 1919 gegründet und ist die älteste Sonderorganisation der UNO. Ihr gehören 187 Staaten an. Hauptziele der ILO sind die Förderung von menschenwürdiger Arbeit, sozialer Sicherung und die Stärkung des sozialen Dialogs.

Homeoffice verändert Arbeitswelt

Der Studie zufolge arbeitet die Mehrheit der Beschäftigten weltweit entweder erheblich länger oder kürzer als acht Stunden pro Tag an fünf Tagen die Woche – also 40 Stunden. Mehr als ein Drittel arbeite regelmäßig mehr als 48 Stunden pro Woche, ein Fünftel der Beschäftigten weltweit dagegen arbeitet weniger als 35 Stunden pro Woche. Irregulär Beschäftigte hätten auch häufig sehr lange oder eher kurze Arbeitszeiten.

In der Coronavirus-Pandemie mussten Unternehmen und Regierungen rasch reagieren, um Organisationen am Laufen und Beschäftigte im Job zu halten. Kurzarbeit für eine Vielzahl von Beschäftigten helfe, Entlassungen zu vermeiden, so die ILO. Zudem werde das eilends eingeführte Homeoffice fast überall auf der Welt die Art der Arbeit „in absehbarer Zukunft“ grundlegend verändern.

Die in der Pandemie getroffenen Maßnahmen haben laut Studie „eine Menge Belege“ dafür geliefert, dass Flexibilität hinsichtlich Zeit und Ort nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für das Unternehmen positiv sein könne. Die Flexibilität einzuschränken dagegen erhöhe die Kosten – etwa weil die Beschäftigten öfter kündigen und neue Leute gesucht werden müssen. „Programme für Work-Life-Balance sind ein Win-Win für Arbeitgeber und Beschäftigte“, so das Fazit der Studie.

„Gewisses Maß an Autonomie“

Als Beispiel führte die Organisation an, dass sich lange Arbeitszeiten von über 48 Stunden pro Woche negativ auf die Work-Life-Balance der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auswirke, während kürzere Arbeitszeiten die Work-Life-Balance erleichtern und gleichzeitig die Produktivität erhöhen könnten.

„Arbeitszeitregelungen mit vorhersehbaren Zeitplänen und einem gewissen Maß an Arbeitszeitautonomie können ebenfalls zu einer besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben beitragen, während Regelungen mit unvorhersehbaren Zeitplänen den gegenteiligen Effekt haben“, heißt es in der Studie weiter.

Die Autoren und Autorinnen verwiesen in ihrer Studie auf Erfahrungen aus Island. Zwei Pilotprojekte zur Arbeitszeitverkürzung bei gleich hohem Gehalt wurden dort wissenschaftlich begleitet. Das generelle Wohlbefinden habe sich gesteigert, die Teilnehmenden berichteten von weniger Stress, mehr Zeit für Familie und Freunde sowie von einem geringeren Risiko, in ein Burn-out zu schlittern. Auch die Produktivität ist laut Studienbericht gleichbleibend gewesen oder gestiegen.

„Recht auf Abschalten“ im Homeoffice

Die UNO-Organisation empfiehlt den Regierungen deshalb, die guten Erfahrungen mit Kurzarbeit und Flexibilisierung der Arbeit aus der Coronavirus-Pandemie zu nutzen. So könne Kurzarbeit nicht nur Beschäftigung sichern, sondern auch die Kaufkraft stärken und so die negativen Effekte einer Wirtschaftskrise abmildern. In vielen Ländern sollte die Politik laut ILO Arbeitszeitverkürzungen und eine „gesunde“ Work-Life-Balance fördern und so die Produktivität verbessern.

Die ILO-Studie warnt aber auch vor den Gefahren des Homeoffice. Sie empfiehlt, dass Beschäftigte ein „Recht auf Abschalten“ bekommen sollten, um die negativen Effekte einzudämmen. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass nicht alle Beschäftigten die Möglichkeit haben, ihre Arbeit von zu Hause aus zu erledigen.