Abgebrannter LKW in Mexiko
Reuters
Mexiko

29 Tote bei Festnahme von „El Chapo“-Sohn

Bei der Festnahme eines Sohnes des inhaftierten Drogenbosses Joaquin „El Chapo“ Guzman und den anschließenden Kämpfen zwischen Bandenmitgliedern und den Sicherheitskräften in der Stadt Culiacan im Bundesstaat Sinaloa sind 29 Menschen ums Leben gekommen. Wie der mexikanische Verteidungsminister Luis Cresencio Sandoval am Freitag dazu weiter mitteilte, kamen bei den stundenlangen Schießereien auch zehn Soldaten ums Leben.

Der Zugriff und die Festnahme durch mexikanische Sicherheitskräfte erfolgte am Donnerstag in der rund 800.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Stadt Culiacan. Bandenmitglieder blockierten daraufhin zahlreiche Straßen mit brennenden Autos und lieferten sich Kämpfe mit Polizei und Streitkräften. Unter anderem feuerten sie am Flughafen auf eintreffende Militärmaschinen, wie Verteidigungsminister Sandoval sagte. Soldaten wiederum schossen aus Hubschraubern auf Verdächtige am Boden.

Rund 4.500 Soldaten wurden in die Region verlegt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Darunter waren nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch Spezialkräfte und Fallschirmjäger. Der Verhaftung von Ovidio Guzman war laut Sandoval ein sechsmonatiger Überwachungseinsatz vorausgegangen, um den 32-Jährigen aufzuspüren.

Ovidio Guzman Lopez
AP
Ovidio Guzman wurde Regierungsangaben zufolge nach der Festnahme in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht

Nach seiner Festnahme wurde Guzman in das Hochsicherheitsgefängnis Altiplano westlich von Mexiko-Stadt gebracht – in dasselbe Gefängnis, aus dem sein Vater 2015 geflohen war.

Kopfgeld in Millionenhöhe ausgesetzt

Guzman, Spitzname „El Raton“ (Die Maus), soll nach „El Chapos“ Auslieferung an die USA im Jahr 2017 geholfen haben, die Drogengeschäfte seines Vaters weiterzuführen. Das vor vier Jahrzehnten von „El Chapo“ gegründete Sinaloa-Kartell zählt zu den mächtigsten Drogenkartellen Mexikos.

Ovidio Guzman ist der bekannteste der vier Guzman-Söhne. Auch seine Brüder Joaquin, Ivan Archivaldo und Jesus Alfredo sind laut Ermittlern in den Drogenschmuggel verstrickt. Die US-Behörden werfen Ovidio Guzman den Schmuggel von Kokain, Crystal Meth und Cannabis in die USA vor. Laut den US-Ermittlern soll er zudem die Ermordung eines Polizeiinformanten, eines Drogenhändlers und eines prominenten Sängers angeordnet haben, der sich weigerte, bei seiner Hochzeitsfeier aufzutreten.

Mexikanische Soldaten in Autos
Reuters
Rund um die Festnahme von Guzman herrschten in Culiacan bürgerkriegsähnliche Zustände

Die US-Regierung hatte eine Belohnung von fünf Millionen Dollar auf die Ergreifung von Ovidio Guzman ausgesetzt. Eine rasche Auslieferung Guzmans an die USA wird es laut Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard allerdings nicht geben. Dem 32-Jährigen solle vielmehr in Mexiko der Prozess gemacht werden.

Erinnerungen an 2019

Neben Guzman wurde laut Medienberichten auch ein Chef von Auftragskillern des Sinaloa-Kartells festgenommen. Guzman war bereits im Oktober 2019 in Culiacan festgenommen worden, wurde auf Anweisung von Präsident Andres Manuel Lopez Obrador später aber wieder freigelassen, weil sich Bandenmitglieder versammelt und Sicherheitskräfte bedroht hatten.

Der linksgerichtete Präsident rechtfertigte seine Entscheidung damals damit, dass er ein Blutbad habe verhindern wollen. Die Regierung des Bundesstaates Sinaloa rief die Bevölkerung nun auf, zu Hause zu bleiben. Der Unterricht und ein Fußballspiel fielen aus.

Abgebrannter LKW in Mexiko
AP/Martin Urista
Sicherheitskräfte lieferten sich ein stundenlanges Gefecht mit mutmaßlichen Mitgliedern des Sinaloa-Kartells

Drogen Thema auf Nordamerika-Gipfel

US-Präsident Joe Biden wird in wenigen Tagen zu einem Besuch in Mexiko erwartet und wird unter anderem in Mexiko-Stadt bei einem Gipfeltreffen Mexikos Präsidenten Lopez Obrador und Kanadas Premierminister Justin Trudeau treffen. Zentrale Themen seien nach Angaben des Weißen Hauses neben Migration und Klimaschutz auch der Kampf gegen den organisierten Drogenhandel.

Drogenkrieg in Mexiko eskaliert

Nachdem in Mexiko Ovidio Guzman – Sohn des berüchtigten Drogenbosses „El Chapo“ – festgenommen wurde, liefern sich mutmaßliche Bandenmitglieder heftige Kämpfe mit Sicherheitskräften. Ein Polizist wurde bisher getötet, 18 weitere Menschen verletzt.

Kartelle groß im Fentanyl-Handel

Ende des Vorjahres hatte die US-Drogenpolizei DEA eine erschütternde Bilanz gezogen: Allein mit der 2022 beschlagnahmten Menge Fentanyl hätten theoretisch alle rund 333 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der USA getötet werden können.

Priorität der DEA ist eigenen Angaben zufolge die Zerschlagung von zwei mexikanischen Drogenkartellen – des Sinaloa- und des Jalisco-Kartells. Sie seien in erster Linie für das Fentanyl verantwortlich. Der Großteil des von den beiden Kartellen gehandelten Fentanyls werde in geheimen Fabriken in Mexiko mit Chemikalien hergestellt, die größtenteils aus China stammten.

Treiber der Opioid-Krise

Fentanyl ist ein synthetisches Opioid, das 50-mal stärker wirkt als Heroin. Es ist ein Treiber der Opioid-Krise in den USA mit Zehntausenden Toten jedes Jahr. Schätzungen zufolge starben 2021 in den Vereinigten Staaten rund 108.000 Menschen an einer Überdosis Drogen, 17 Prozent mehr als im Jahr davor.

Pharmazeutisches Fentanyl ist für die Behandlung starker Schmerzen, in der Regel bei fortgeschrittenem Krebs, zugelassen. Illegal hergestelltes Fentanyl wird jedoch wegen seiner heroinähnlichen Wirkung illegal verkauft und oft mit Heroin oder anderen Drogen wie Kokain gemischt oder in gefälschte, eigentlich verschreibungspflichtige Pillen gepresst.