Prinz Harry während des Fernshinterviews
AP/PA/ITV
TV-Interview

Harry hofft auf Versöhnung

Der britische Prinz Harry hat öffentlich das tiefe Zerwürfnis zwischen ihm und König Charles III. und Prinz William beschrieben. „Ich will meinen Vater zurück. Ich will meinen Bruder zurück. Momentan erkenne ich sie nicht wieder“, sagte der 38-Jährige in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem britischen Sender ITV.

Genauso würden die beiden aber wohl auch ihn derzeit nicht wiedererkennen. „Vergebung ist aber zu 100 Prozent eine Möglichkeit.“ Er hoffe auf Versöhnung, betonte Harry. Der Ball liege nun aber im Spielfeld des Palastes. Das Verhältnis zwischen Harry und seinem großen Bruder William gilt als zerrüttet. In seinem Buch erhebt er laut Medienberichten schwere Vorwürfe gegen den künftigen König.

William soll ihn im Streit zu Boden geworfen und verletzt haben. Auslöser seien Vorwürfe gegen seine Frau Meghan gewesen. William sei ein „geliebter Bruder“ und gleichzeitig sein „größter Gegenspieler“, heißt es zudem.

Versöhnung schwer möglich

„Ich habe diesen roten Nebel bei ihm gesehen“, schilderte Harry gegenüber dem Sender ITV einen offenbar aufbrausenden William – eine Schilderung, die in scharfem Kontrast zum öffentlichen Auftreten des Thronfolgers steht. „Harry zeichnet das Bild eines jähzornigen künftigen Königs, der die Kontrolle verlieren kann“, konstatierte der britische „Guardian“.

Versöhnungsangebot an die britischen Royals

Immer mehr Details aus dem Enthüllungsbuch von Prinz Harry werden bekannt, in dem er seinem Bruder Prinz William vorwirft, ihn angegriffen zu haben. Der Royal hat dazu auch zahlreiche Interviews gegeben, in denen er Prinz William und seinem Vater König Charles ein Versöhnungsangebot macht.

William werde den Vorwurf der körperlichen Gewalt nur schwer loswerden, schrieb die „Times“: „Er wird immer der Prinz sein, der seinen Bruder angegriffen hat.“ Und der „Daily Telegraph“ mutmaßte, es sei offenbar Harrys Absicht, „William zu zerstören“. Royal-Experte Michael Cole sprach gegenüber Sky News von den „sensationellsten und zerstörerischsten royalen Enthüllungen“ seit fast 30 Jahren.

In dem ITV-Interview beschrieb Harry auch, wie William und er sich nach dem Tod ihrer Mutter Diana 1997 bei der Begegnung mit trauernden Menschen vor dem Kensington-Palast gefühlt haben. „Da waren 50.000 Blumensträuße für unsere Mutter, und da waren wir und haben die Hände von Leuten geschüttelt und gelächelt“, sagte der Prinz.

„Jeder hat gedacht und gefühlt, dass er unsere Mutter kennt, und die beiden Menschen, die ihr am nächsten waren, die sie am meisten geliebt hat, konnten in dem Moment keine Gefühle zeigen.“ Er habe ein einziges Mal geweint – bei Dianas Beerdigung.

„Punkt, an dem Schweigen zu Verrat wird“

Weniger versöhnlich zeigte sich Harry in einem Interview mit dem US-TV-Sender CBS. Journalistinnen und Journalisten seien unter der Hand mit Negativinformationen über ihn und seine Frau Meghan gefüttert worden, Bitten des Paares um Gegendarstellungen zu Presseartikeln seien von der Königsfamilie stets abgelehnt worden. Deshalb habe er beschlossen, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen, sagte Harry. „Es kommt ein Punkt, an dem Schweigen zu Verrat wird.“

Britische Zeitungen mit Headlines über Prince Harry
APA/AFP/Daniel Leal
Die Details aus Harrys Buch werden bereits von britischen Medien verbreitet

Im Interview sprach der Prinz auch über Rassismus, dem seine Frau ausgesetzt gewesen sei. Er sei naiv in Bezug darauf gewesen, wie Meghans Ethnizität die Berichterstattung über ihre Beziehung beeinflussen würde, so Harry.

Alle Interviews begleiten die Veröffentlichung seines autobiografischen Romans „Spare“ (dt.: „Reserve“), der ab Dienstag in den Buchgeschäften sein soll. In Spanien war er versehentlich bereits am Donnerstag kurzzeitig erhältlich. Britische Medien berichten seitdem über pikante Details der Memoiren.

„Trauzeugenlüge“ bei eigener Hochzeit

Prinz William soll einem Bericht zufolge in Wahrheit nicht Trauzeuge bei der Hochzeit seines kleinen Bruders Harry mit der US-Schauspielerin Meghan Markle 2018 gewesen sein. „Die Königsfamilie verkündete, dass Willy Trauzeuge sei, wie sie es auch mit mir gemacht hatte, als er und Kate heirateten“, zitierte der „Mirror“ aus dem Buch.

Während des Traugottesdienstes stand William seinem Bruder Harry auch zur Seite. Doch offenbar nur zum Schein: Tatsächlich habe er sich einen „alten Freund“ als Trauzeugen ausgesucht, so Harry im Buch. Am Abend vor seiner Hochzeit sei er mit Freunden in einem Hotel zusammen gewesen, schildert Harry. Auch William sei eingeladen gewesen, habe aber abgelehnt. „Hat er geschmollt, weil er nicht mein Trauzeuge war?“, spekuliert Harry laut „Mirror“ in seinen Memoiren. William habe seine Abwesenheit dagegen mit familiären Verpflichtungen begründet.

Zuvor hatte Harry seinem Bruder einem „Mirror“-Bericht vom Freitag zufolge vorgeworfen, er habe bei Williams Hochzeit mit Kate 2011 für die öffentliche Show herhalten müssen, während die besten Freunde seines Bruders die wahren Trauzeugen gewesen seien. Er sei gezwungen worden, bei der „unverschämten Lüge“ mitzuspielen.

Britischer Premier verteidigte Royals

Trotz der vielen pikanten Enthüllungen hält der britische Premierminister Rishi Sunak große Stücke auf die Royals. „Ich denke, dass die Öffentlichkeit wie ich enorme Achtung vor der Königsfamilie hat, dass sie zutiefst stolz auf sie ist“, sagte Sunak der BBC. „Sie ist eines jener Dinge, auf die ich am stolzesten bin, wenn ich an Großbritannien denke.“