Vizekanzler Werner Kogler und Bundeskanzler Karl Nehammer
IMAGO/Martin Juen
Regierungsklausur

Ein Überthema und viele Baustellen

Am Dienstag ist die Regierung in Mauerbach (Niederösterreich) zu einer zweitätigen Klausur zusammengekommen. Thematischer Schwerpunkt ist die Energieversorgung, erwartet wird ein Paket für den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien. Daneben wollen sich ÖVP und Grüne politischer Baustellen annehmen. Vor dem Treffen wurden von verschiedenen Seiten Forderungen laut.

Der erste Tag soll ohne Medien stattfinden, am Mittwoch soll die Öffentlichkeit informiert werden. Zum Start am Dienstag war man bemüht, den Arbeitscharakter der Veranstaltung zu betonen. Denn es sei „noch nicht alles fix und fertig“, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) in einem kurzen Statement. Die von ihm und Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) angerissenen Themen waren das Antikorruptionspaket sowie Maßnahmen zur Erhöhung der Energiesicherheit – Details wurden nicht genannt.

Gleichsam am Dienstag stehen Beratungen mit Fachleuten aus verschiedenen Bereichen auf der Agenda. Fiskalratschef Christoph Badelt, der Chef der österreichischen E-Wirtschaft, Michael Strugl, und der Generalsekretär des Verteidigungsministeriums, Arnold Kammel, werden Referate halten. „Es ist wichtig für uns, ein vollständiges Bild der Lage zu haben, sowohl bei der Wirtschaftsentwicklung als auch bei der Energieversorgung und der geopolitischen Lage“, sagte Nehammer im Vorfeld der Klausur.

Nach einem Jahr der „Krisenbekämpfung“ sei die Arbeitsklausur der richtige Ort, „um die Lage mit Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Energie und Geopolitik einzuschätzen, Schlüsse daraus zu ziehen und nächste konkrete Maßnahmen auf den Weg zu bringen“, so Vizekanzler Kogler.

Energie und Kampf gegen Korruption

Inhaltlich geht es vor allem um die Energieversorgung. Kogler hatte in einem Interview mit der APA ein „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungspaket“ angekündigt. Im Bereich der Erneuerbaren vermeldete die APA am Montag eine Einigung bei der „EAG-Investitionszuschüsseverordnung-Strom“ für 2023, einer Verordnung zur Umsetzung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG).

UVP-Novelle lässt auf sich warten

Die Novellierung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, das Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt beurteilen soll, konnte im Vorjahr nicht umgesetzt werden.

Ein offener Punkt ist die Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), mit der unter anderem ein schnellerer Ausbau erneuerbarer Energien ermöglicht werden soll. Der Beschluss der Novelle im Parlament war eigentlich für vergangenen Herbst avisiert. Die Grünen hatten beklagt, die ÖVP stehe bei der Novelle auf der Bremse. „Ob und wie weit das schon auf Punkt und Beistrich fertig präsentiert werden kann, ist noch ein offener Punkt“, sagte Kogler, aber „Ziel ist es schon, dass wir da vorwärts kommen“.

Justizministerin Alma Zadic und Europaministerin Karoline Edtstadler
IMAGO/Martin Juen
Justizministerin Alma Zadic (Grüne, l.), Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP): Die Regierung dürfte ein neues Korruptionsstrafrecht vorstellen

Ebenfalls präsentiert werden dürfte Medienberichten zufolge das neue Korruptionsstrafrecht. Mit der Novelle sollen im Zuge der „Ibiza-Affäre“ sichtbar gewordene Lücken geschlossen werden. Eckpunkte sind eine erweiterte Strafbarkeit des Mandatskaufs und die Ausweitung des Amtsträgerbegriffes bei Bestechlichkeit. Die Grünen warten schon länger auf die Zustimmung der ÖVP zu ihrem Vorschlag. ÖVP-Klubobmann August Wöginger hatte sich zuletzt beim APA-Jahreswechsel zuversichtlich für eine baldige Einigung gezeigt.

Intensiv gearbeitet wird laut „Standard“ am Informationsfreiheitsgesetz. Die ÖVP wollte laut der Zeitung einem der beiden Vorhaben zustimmen, für das Informationsfreiheitsgesetz brauche es mehr Zeit.

Arbeitsmarkt Thema, Migration und Schengen nicht

Thema in Mauerbach sollen auch der Arbeitsmarkt und der akute Arbeitskräftemangel sein, etwa Anreize für längeres Arbeiten. Hier soll es aber Regierungskreisen zufolge noch kein fertiges Modell geben – inwieweit man das in den zwei Tagen schafft, ist offen. Die Gespräche über eine Reform der Arbeitslosenversicherung waren Anfang Dezember erfolglos abgebrochen worden.

Regierung startet mit Neujahrsklausur

Am Dienstag und Mittwoch kommt die Regierung zu einer Arbeitsklausur zusammen. Dabei dürften ein Paket zum Ausbau erneuerbarer Energien und ein neues Korruptionsstrafrecht präsentiert werden.

Daneben dürfte sich die Regierung mit der derzeit angespannten Lage in den Spitälern befassen. Die Krankenhäuser sind zwar weitgehend Länderkompetenz, Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) soll laut „Standard“ beauftragt werden, gemeinsam mit den Ländern an einer Lösung der Krise zu arbeiten. Erste Vorschläge dazu soll es bei der Klausur geben.

Nicht auf der Agenda sind dagegen zwei Reizthemen der vergangenen Wochen: Migration und Österreichs Veto gegen einen Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien. Uneins ist man sich beim Thema Grunderwerbsteuer. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hätte das Thema Ö1 zufolge gern auf der Klausur erörtert, die Grünen bremsen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Forderungen von vielen Seiten

Unterdessen wurden im Vorfeld zahlreiche Forderungen an die Koalition herangetragen. Der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Wolfgang Katzian, wünscht sich von der Klausur weitere Entlastungen der Arbeitnehmenden. Bevor man über Anreize für längeres Arbeiten und „Steuerzuckerln bei Überstunden“ diskutiere, wäre es „angebracht, endlich für Fairness bei den steuerfreien Zuschlägen und beim amtlichen Kilometergeld zu sorgen“, sagte Katzian und forderte eine Erhöhung.

Infrastrukturministerin Leonore Gewessler
IMAGO/Martin Juen
An die Regierung kamen im Vorfeld der Klausur zahlreiche Wünsche, viele davon betreffen die Bereiche von Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne)

Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, forderte angesichts der zunehmenden Arbeitskräftemangels „eine neue Leistungsdebatte“. Es brauche dringend Anreize, um Menschen länger in der Arbeit zu halten, forderte Knill analog zur Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Von der Bundesregierung und im Speziellen vom Energieministerium von Leonore Gewessler (Grüne) forderte Knill auch einmal mehr konkrete Vorgaben für den Masterplan Energie 2040.

Ruf nach Klimaschutzgesetz

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bekräftigte Forderungen nach „effektiveren“ Gesetzen zum Klimaschutz. Auch ein Aus für „klimaschädliche“ Subventionen wurde verlangt. Die Bundesregierung sei noch immer mit zahlreichen Punkten aus dem Regierungsprogramm in Verzug, wurde in einer Mitteilung beklagt. ÖVP und Grüne müssten im letzten vollen Regierungsjahr insbesondere den Ausstieg aus Öl und Gas beschleunigen, hieß es.

Die Bundesjugendvertretung forderte in einer Aussendung anlässlich der Regierungsklausur erneut eine Kindergrundsicherung, „um Kinderarmut präventiv und nachhaltig zu bekämpfen“. Auch ein „starkes“ Klimaschutzgesetz wurde neuerlich verlangt.

NEOS mahnt Weichenstellungen ein

NEOS mahnte im Vorfeld der Regierungsklausur Weichenstellungen und Reformen von der türkis-grünen Koalition ein. Nötig seien etwa die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft, die Beschleunigung der Energiewende, nachhaltig mehr Nettoeinkommen, schärfere Antikorruptionsgesetze und das Recht auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für jedes Kind, so Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger.