Flugzeug im Landeanflug
ORF.at/Georg Hummer
Werbeverbot für Flugreisen

Hörls Forderung sorgt für heftige Debatte

Skifahren in der Klimakrise – dazu hat es zuletzt eindringliche Bilder von aperen Pisten gegeben. Gerade die Wintertouristiker stehen in der Kritik von Klimaschützern. Am Montag drehte der Tiroler Hotelier, Seilbahner und ÖVP-Mandatar Franz Hörl den Spieß um: Man solle doch „besonders umweltschädliche Urlaubsformen“ sanktionieren, etwa durch Sondersteuern oder ein Werbeverbot. Ein Aufruhr war damit schon programmiert.

Hörl ist bekannt als wortgewaltiger Verfechter des Tiroler Tourismus. So verbat er sich nun ein „Hinhauen“ auf die Seilbahnen, wenn es um den Klimaschutz geht. Die Berichterstattung sei oft „faktenbefreit“ und geprägt von „Einseitigkeit“. Es sei viel über die „weißen Bänder“ in den Skigebieten berichtet und dabei „leider auch einiges überzogen“ dargestellt worden. Beispielsweise werde über Schneemaschinen immer wieder als „Energiefresser“ berichtet. „Dies, obwohl das Umweltbundesamt klar festgestellt hat, dass alle Pisten täglich präpariert und beschneit werden und die Seilbahnen gerade einmal 0,33 Prozent des Gesamtenergiebedarfs der Republik verbrauchen“, so Hörl.

„Dieses Bashing meiner Branche bin ich ja an sich schon gewohnt. Ich frage mich aber, warum man ständig auf eine jener Urlaubsformen hinhaut, die am wenigsten CO2 verursacht und die einen – wie vom Umweltbundesamt mehrfach bestätigt – sehr schonenden ökologischen Fußabdruck hat. Und das bei maximaler Wertschöpfung ‚daheim‘ und der Sicherstellung vieler regionaler Wohlstandsfaktoren.“ Gleichzeitig überlege man als Branche, wie man die „einzige Schwachstelle“ – die An- und Abreise der Gäste – verbessern könne.

Damit nicht immer die CO2-Bilanz der Skitouristiker im Fokus steht, brachte Hörl einen Vorschlag vor: Man solle eine Sondersteuer auf die Bewerbung „besonders umweltschädlicher Urlaubsformen“ wie Flugreisen, etwa für Städtetrips, sowie Kreuzfahrten verhängen oder gleich ein Werbeverbot dafür einführen, so Hörl zur APA. Auch könne er sich vorstellen, diese "besonders CO2-relevanten Urlaubsformen – „wie bei der Tabakwerbung“ – mit einer Kennzeichnung zu versehen und deutlich darauf hinzuweisen, wie umweltschädlich sie seien.

Kennzeichnung für alle

Die Seilbahnen bzw. der heimische Tourismus würden sich Letzterem anschließen, so Hörl, denn: „Dann haben es die Gäste wenigstens schwarz auf weiß, wie ‚grün‘ der Urlaub in der österreichischen Sommer- und Wintersaison ist.“ Ein entsprechendes Kennzeichnungssystem müsse für alle gelten, es brauche „Chancengleichheit am Markt“.

Schnee in Skigebieten bleibt aus

Statt verschneiter Hänge gibt es in vielen Skigebieten einen grün-weißen Fleckerlteppich. Zwar waren über die Feiertage Hotels gut gebucht, heißt es aus der Branche, aber der Schnee bleibt bisher aus.

Hörl kündigte auch an, seine Forderung innerhalb der Regierungskoalition in Wien zum Thema zu machen. Er werde mit der Tourismussprecherin des grünen Koalitionspartners, Barbara Neßler, „in Gespräche treten“, sagte er.

Koalitionspartner skeptisch

Diese zeigte am Montag allerdings wenig Zustimmung zu Hörls Vorschlägen. Sie sei zwar erfreut, dass die Seilbahnbranche zu Veränderungen bereit sei, man dürfe dennoch die Problematik innerhalb der Branche nicht wegwischen.

Franz Hörl
ORF.at/Roland Winkler
Franz Hörl

„Gerade in Anbetracht der winterlichen Hitzewelle, die wir derzeit erleben, und der Energiekrise kann man nicht von ‚Bashing der Branche‘ sprechen, wenn die Medien über die derzeitigen Probleme in den Skigebieten berichten."

„Die Meldungen mit verstörenden Bildern von weißen Bändern in der grünen Wiese führen nur klar vor Augen, dass wir ein massives Problem beim Wintertourismus in Österreich haben, weil die Branche vielfach noch immer an ihren alten Konzepten klebt“, so Neßler per Aussendung. Gerade in Bundesländern wie Tirol, das wirtschaftlich vom Wintertourismus abhängig ist, müsse die Branche zukunftsfit werden.

„Gerade die Seilbahnlobby sollte die größte Klimaschützerin sein, denn die Klimakrise ist für sie existenzbedrohend“, so Neßler. Sie schlug statt eines Werbeverbots „die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Tourismus“ vor. Dieses solle sich mit nachhaltigen Urlaubstrends beschäftigen.

Touristiker wenig begeistert

Auch Hörls Parteifreundin, Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP), zeigte sich eher skeptisch. Sowohl die heimischen Touristiker als auch die Flugbranche bemühten sich um nachhaltige Lösungen, auf beiden Seiten sei auch schon viel erreicht. So sei der Anteil erneuerbarer Energien in der heimischen Branche stark gestiegen, die Fluglinien arbeiteten an Ansätzen zum CO2-neutralen Fliegen. „Ein Auseinanderdividieren einzelner Branchensegmente ist nicht zielführend“, so Kraus-Winkler in einer Aussendung.

Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner zeigte Verständnis für die Herausforderungen, denen sich die Seilbahnwirtschaft derzeit stellen müsse. Er sei aber auch verwundert darüber, „dass sich der Vertreter einer Branche, die selbst vom Flugverkehr profitiert, gegen ebendiesen ausspricht“. Kettner regte an, die Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich zu führen, anstatt einzelne Segmente in Österreichs Tourismusbranche zu diskreditieren.

Ärger in Luftfahrtbranche

Scharfe Kritik kam freilich von Vertretern der Luftfahrt. Der Vorschlag eines Werbeverbots für Flugreisen sei „weder sinnvoll noch durchdacht“, zeigte sich der Luftfahrtobmann in der Wirtschaftskammer, Günther Ofner, „verwundert“. So sei im Westen Österreichs, besonders aber in Tirol etwa auch der Wintertourismus ohne mit Flugzeug anreisende Touristen wirtschaftlich nicht darstellbar.

Auch einer Sondersteuer auf die Bewerbung konnte Ofner nichts abgewinnen. „Die Realisierung einer solchen Diskriminierung wäre ein Tiefschlag für den gesamten Tourismus in Österreich.“ Eine Sondersteuer sei längst Realität in Form der Ticketsteuer, die Flugpassagiere bereits seit Jahren belaste.

Auch der Dachverband Luftfahrt meldete sich in einer Aussendung zu Wort und sprach von einem „unbedachten Ablenkungsversuch von Herrn Franz Hörl, immerhin Nationalratsabgeordneter und ÖVP-Tourismussprecher“. „Gerade der Tiroler Skitourismus, den Herr Hörl ungeschickt gegen alternative Urlaubskonzepte zu verteidigen versucht, hängt ganz wesentlich am Luftverkehr und den Incoming-Charterflügen nach Innsbruck“, so Geschäftsführer Peter Malanik. Auf vorgebliches „Bashing“ mit ebensolchem gegenüber anderen zu reagieren zeuge nur von Hilflosigkeit.

Kritik der Opposition

Auch politische Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Teils scharfe Kritik an Hörl kam am Montag von der SPÖ. Hörl poltere wieder einmal mit seinem „Seilbahnpopulismus“, trage aber zu einer seriösen Tourismus- und Klimapolitik wenig bei, so SPÖ-Tourismussprecherin Melanie Erasim. „Er richtet unüberlegte Gesetzeswünsche medial aus, anstatt ernsthafte Gespräche zu führen. So eine Kommunikationspolitik führt aber nur zu Verunsicherung in einer krisengebeutelten Branche.“ Wenn Hörl das Klima tatsächlich am Herzen liege, „sollte er sich aber dafür einsetzen, dass seine Partei aufhört, das Klimaschutzgesetz zu blockieren“, so Erasim.

„Verbotspolitik a la Hörl ist der falsche Weg und immer ein Armutszeugnis“, richtete Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger dem ÖVP-Politiker aus. Hörl sei offenbar „schon zu lange in einer Koalition mit den Grünen“, meinte Abwerzger lakonisch, um zusammenzufassen: „Panikmache und Verbotspolitik helfen weder der Menschheit noch dem Klima, es braucht Augenmaß und Verantwortung von jedem Einzelnen, das ist freiheitliche Klimapolitik.“

„Franz Hörl, der fleischgewordene Elefant im touristischen Porzellanladen, hat wieder zugeschlagen“, kommentierte Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint Hörls Forderungen. Wenn Hörl nunmehr einen „Wettbewerb der am wenigsten umweltschädlichen Urlaubsformen“ ausrufe, sei das „unsinnig, scheinheilig, und er erweist der Tourismusbranche damit einen Bärendienst.“ 90 Prozent der Gäste würden mit dem eigenen Pkw nach Tirol kommen. „Einige dieser Gäste kommen auch per Flugzeug, und einige werden dann sogar mittels touristischer Hubschrauberflüge bis in ihren Urlaubsort geflogen“, so der Tiroler Politiker.

Tirols NEOS-Chef Dominik Oberhofer ortete ebenfalls ein „Ablenkungsmanöver“ Hörls, welches das „Versagen der letzten Jahre“ verschleiern solle. „Statt die Welt zu belehren, wie klimaschädlich Flugreisen sind, sollte Franz Hörl als oberster Seilbahner lieber ein Konzept vorlegen, welche Alternativen es für den Tiroler Tourismus in der Zukunft geben sollte.“