Der ehemalige FPÖ-Obmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache
APA/Eva Manhart
Korruptionsprozess

Freispruch für Strache im zweiten Anlauf

Der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller sind am Dienstag am Wiener Straflandesgericht in der Neuauflage des PRIKRAF-Prozesses freigesprochen worden. In dem Verfahren, das nach einem Spruch des Oberlandesgerichts (OLG) Wien wiederholt werden musste, ging es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing.

In dem Verfahren ging es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing. Grubmüller hatte der Bundes-FPÖ insgesamt 12.000 Euro für einen – in der parlamentarischen Praxis eigentlich aussichtslosen – Initiativantrag der damaligen Oppositionspartei gespendet.

Strache war im vergangenen Jahr zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden, Grubmüller zu zwölf Monaten. Das OLG Wien hob das Urteil wieder auf. Strafrechtliche Verfolgung sei ein wesentliches Instrument gegen Korruption, betonte die Richterin nun am Dienstag in ihrer Urteilsbegründung. Allerdings ändere das nichts daran, dass auch in derartigen Verfahren Beweise erfüllt sein müssen, herrsche bei Korruption doch kein anderer Maßstab. Es sei auch nicht erwiesen, dass Strache von der Spende vor dem Initiativantrag überhaupt gewusst hatte. Eine „gewisse Impulsivität“ könne man Grubmüller nämlich nicht absprechen.

Der ehemalige FPÖ-Obmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache
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Nach bedingten Haftstrafen im ersten Prozess wurden Strache und Grubmüller nun freigesprochen

Initiativanträge laut Richterin „Massengeschäft“

Es sei auch Teil der Aufgabe von Nationalratsabgeordneten, ihr Ohr an der Bevölkerung zu haben, betonte die Richterin. Auch nach weiteren Zeugenbefragungen habe es sich nicht so dargestellt, dass versucht worden sei, auf versteckten Wegen einen Initiativantrag durchzubringen. Derlei Anträge seien einfach ein „Massengeschäft“, würdigte die Richterin Berichte von Zeuginnen und Zeugen über die Praxis im Nationalrat. Auch das OLG habe dem Gericht aufgetragen, den Parlamentsbetrieb „realistisch“ zu betrachten.

Auch auf Grundsätzliches ging die Richterin ein: „Wenn sich der Staat dazu bekennt, dass es Parteispenden gibt, kann man nicht davon ausgehen, dass jede Parteispende illegal ist.“ Sie verwies etwa auf Spender aus der Wirtschaft für die „Kurz-Bewegung“. Auf das Thema PRIKRAF wollte sie zwar nicht eingehen, da es nicht wirklich im Zusammenhang mit der Anklage gestanden sei, allerdings dankte sie der WKStA und den Verteidigern, die zu diesem Thema schon einiges an Kritik an der Regelung vorweggenommen hatten.

Laut Gericht kein „Freispruch im Zweifel“

Das Gericht betonte außerdem, dass es sich hier keineswegs um einen Freispruch im Zweifel handle, „sondern im Großen und Ganzen, weil der Tatbestand nicht erfüllt ist“. Die von der WKStA vorgelegten Beweise würden „bei Weitem nicht ausreichen“. Wäre das der Fall gewesen, hätte die Richterin „ohne mit der Wimper zu zucken“ die beiden Angeklagten auch verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat nun drei Tage Bedenkzeit, um eventuell Rechtsmittel einzulegen.

Beide Freigesprochenen zeigten sich nach der Verhandlung sichtlich erleichtert. Strache sah den Ausgang des Prozesses „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, wie er sagte. Das Urteil nehme er „dankbar entgegen“, es sei ein „äußerst faires und korrektes“ Verfahren gewesen. Auch Straches Anwalt Johann Pauer sprach von einem „Verfahren, wie man es sich vorstellt, ruhig und gelassen“.

Eigentlich war bereits Ende des vergangenen Jahres ein Urteil erwartet worden, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stellte am eigentlich letzten Prozesstag kurzfristig und überraschend aber weitere Beweisanträge. Als erster Zeuge sagte am Dienstag der nunmehrige Kärntner FPÖ-Obmann Erwin Angerer aus. Auch er schilderte noch einmal die parlamentarische Praxis bei Initiativanträgen. Über Hintergründe zur besagten Initiative konnte er nicht viel sagen.

Zeuge „ohne Erinnerung an Besonderheiten“

Nach Angerer stand als Zeuge Peter Wurm auf der Tagesordnung. Auch er hatte den Antrag unterzeichnet und schilderte, wie er dazu gekommen war, den Antrag vor der bereits anstehenden Neuwahl zu unterschreiben. Auch er konnte sich „ganz ehrlich nicht an diese spezielle Geschichte“, also den PRIKRAF-Antrag, erinnern. Inhaltlich sei es immer eine Forderung der Freiheitlichen gewesen. An irgendwelche Besonderheiten konnte sich auch Wurm nicht erinnern.

Letzter Zeuge war kein Freiheitlicher, sondern der SPÖ-Abgeordnete Christoph Matznetter. Er war von Grubmüllers Seite beantragt worden, weil er den Klinikbetreiber persönlich kennt und sich mit dem Thema PRIKRAF beschäftigt hat. Auch er fand die Praxis im PRIKRAF als Wirtschaftskammer-Funktionär laut eigener Aussage sonderbar und unfair. Er habe Grubmüller als politisch interessierten, Anteil nehmenden Menschen kennengelernt.

PRIKRAF-Affäre: Strache freigesprochen

Strache und Grubmüller wurden in der Neuauflage des PRIKRAF-Prozesses freigesprochen.

WKStA: „Kein todsicheres Beweismittel“

Der Vertreter der WKStA räumte in seinem Schlussplädoyer ein, dass es kein „todsicheres Beweismittel“ für eine mögliche Vorteilsannahme durch Strache für den Initiativantrag gebe, das sei aber das Wesen bei korruptivem Verhalten, würden doch so gut wie nie Verträge abgeschlossen. Trotz kritischer Einwände des OLG beantragte die Anklagebehörde weiterhin Schuldsprüche in der Causa wegen Vorteilsannahme. Der Initiativantrag der FPÖ sei ein „politisches Zeichen“ an Grubmüller gewesen, dass man sich um dessen Anliegen kümmert. Verständnis zeigte der Oberstaatsanwalt für Grubmüllers Anliegen selbst, die Situation im PRIKRAF sei eindeutig ein Missstand.

Freisprüche forderten erwartungsgemäß die Verteidiger beider Angeklagten. Chats würden belegen, dass Grubmüller äußerst politisch interessiert sei, sagte dessen Anwalt, der resümierte: „Diese Zusammenhänge zwischen Spende und Tätigwerden des Herrn Strache, die gibt es nicht.“ Motivation sei vielmehr Grubmüllers Frust über die Politik von SPÖ und ÖVP gewesen.

Straches Verteidiger griff das Argument auf: Der Unmut über andere Parteien und der Wunsch nach Änderung seien bei der Spende im Vordergrund gestanden. In einem Chat zwischen den beiden Angeklagten, den auch das OLG hervorgehoben habe, stehe überdies: „Meine Wahlkampfspende war aus Überzeugung.“ Der Initiativantrag habe zu keinerlei Besserstellung Grubmüllers geführt. Die FPÖ sei außerdem keine Partei, die sich an Spendern ausrichte.