Karl Nehammer in der ZIB2
ORF
Nach Klausur

Nehammer verteidigt Resultate

Nach der zweitägigen Regierungsklausur hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch in der ZIB2 Stellung genommen. Auch wenn lange angekündigte Reformen noch ausstünden, habe man bereits mehr erreicht, als man sich zu Beginn der Legislaturperiode vorgenommen habe. Bei der Klausur waren verschiedene Reformen präsentiert worden, doch die Kritik von Opposition und Interessengruppen war laut.

Nehammer sagte im Rahmen der Interviewserie mit den Parteivorsitzenden zum Jahreswechsel, es seien bisher von ÖVP und Grünen 1.066 Gesetze beschlossen worden. Viel Kritik gab es zuletzt aber an jenen angekündigten Reformen, bei denen sich die Koalitionsparteien nicht einigen konnten. So harrt etwa das Informationsfreiheitsgesetz ebenso seines Beschlusses wie das lang angekündigte Klimaschutzgesetz.

Das sei der „Notwendigkeit des schnellen Handels“ geschuldet, so Nehammer am Mittwochabend. Die zurückliegenden drei Jahre seien „mehr als bewegt“ gewesen und hätten Probleme aufgebracht, die nichts mit den Inhalten des Regierungsprogramms gemein hätten. Die Regierung habe in der Pandemie und seit Beginn des Ukraine-Kriegs die Wirtschaft stabilisiert. „Das sind keine Zufallsprodukte, sondern harte politische Arbeit“. Dadurch verschiebe sich jedoch manches Gesetz, die Legislaturperiode dauere aber noch bis 2024, so Nehammer.

Kanzler Nehammer zur Regierungsarbeit

Im Rahmen der ZIB2-Jahreswechsel-Interviews der Parteivorsitzenden kommentiert ÖVP-Parteiobmann und Bundeskanzler Karl Nehammer die bisherigen Ergebnisse der türkis-grünen Regierungsarbeit.

Schnellere UVP

Bei der Klausur in Mauerbach hatten sich die Koalitionsparteien am Dienstag und Mittwoch auf mehrere Eckpunkte geeinigt. So soll ein Maßnahmenpaket gewährleisten, dass der Ausbau erneuerbarer Energien künftig rascher geht, dazu gehört auch die Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Sie soll Verfahren für große Energiewendeprojekte wie etwa Windparks rascher ermöglichen. Unter anderem soll es künftig keine Doppelprüfungen in den Verfahren mehr geben. Wenn etwa bei der Ausweisung von Flächen das Landschaftsbild bereits geprüft wurde, dann sei im Genehmigungsverfahren keine erneute Prüfung notwendig.

In Bundesländern, in denen es keine Energieraumplanung gibt, soll es künftig möglich sein, das UVP-Verfahren zu beginnen, ohne dass es eine Widmung der Gemeinde gibt. Das UVP-Verfahren prüft die Eignung des Standorts, im Rahmen dessen wird auch die Zustimmung der Gemeinde eingeholt. Vorhaben für die Energiewende soll künftig auch ein hohes öffentliches Interesse zugesprochen werden. Damit sollen auch Beschwerden nicht mehr automatisch aufschiebende Wirkung haben. Außerdem wurden eine Erhöhung der Photovoltaikförderung und ein Ausbau der Biogasproduktion angekündigt.

Herbe Kritik der Opposition

Die Opposition zeigte sich von diesen Punkten wenig begeistert. Die SPÖ sprach angesichts der Teuerung vom „nächsten Bauchfleck“ der Regierung, die FPÖ sah die „Österreicher endgültig abgeschrieben“. NEOS kritisierte, es habe „keine Ergebnisse, sondern nur Ankündigungen“ gegeben. Und Umwelt-NGOs wie dem Umweltdachverband, dem WWF und dem Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) fehlten weiterhin ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) und das Klimaschutzgesetz.

Ergebnisse der Regierungsklausur

Die türkis-grüne Bundesregierung präsentierte am Mittwoch eine bereits bekannte Reform der Umweltverträglichkeitsprüfungen und weitere Erleichterungen zum Ausbau regenerativer Energien. Die erfolgte Einigung zum Korruptionsstrafrecht will die Regierung erst am Donnerstag vorstellen. Bei Arbeitslosenversicherung, Klimaschutz und Migration gibt es aber kaum noch Kompromisse.

Geblockte Altersteilzeit vor Ende

Bei der Klausur wurde auch relativ überraschend ein Ende für die geblockte Altersteilzeit angekündigt. Derzeit kann man die geblockte Variante, mit der man unter Beibehaltung zunächst voll und dann gar nicht mehr arbeitet, ab 60 in Anspruch nehmen. Mit Zustimmung des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin wird so ein gleitender Übergang in die Pension geschaffen. Arbeitnehmerinnen und -nehmer verlieren dabei weder Pensionsbezüge noch Ansprüche auf Krankengeld bzw. Abfertigung oder Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung. Ab dem kommenden Jahr steigt die Möglichkeit zum Antritt der Variante pro Jahr um sechs Monate.

Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer reagierten empört auf die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit. Der ÖGB sah das Ende einer „wichtigen und notwendigen Unterstützung“ für ältere Arbeitnehmerinnen und -nehmer – insbesondere für solche in einem psychisch oder körperlich anstrengenden Job. Die AK sah vor allem Frauen als Betroffene.

Für Christine Mayrhuber, Pensionsexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), war hingegen der Ansatz, den Arbeitskräftemangel über ältere Beschäftigte abzufedern, sinnvoll. Vor allem in der Gruppe der über 55-jährigen Arbeitslosen liege ein „unglaubliches Potenzial brach“. Wie viele Arbeitskräfte man mit den richtigen Anreizen haben könne, sei allerdings schwer zu beziffern.

Eine Einigung gab es offenbar auch zum seit Monaten verhandelten neuen Antikorruptionsgesetz. Sie soll am Donnerstag von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) präsentiert werden.