Blick durch ein Fenster in den Plenarsaal
ORF.at/Roland Winkler
GRECO zu Österreich

Grobe Mängel bei Korruptionsbekämpfung

Der neueste Bericht der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) bescheinigt Österreich grobe Mängel bei der Bekämpfung und Prävention von Korruption. Moniert werde unter anderem mangelnde Transparenz, wie der „Standard“ am Freitag schrieb. Außerdem werde in dem noch unveröffentlichten Bericht politische Einflussnahme bei Postenbesetzungen in der Polizei kritisiert.

Der Bericht, der dem „Standard“ vorliege, basiere unter anderem auf einem Besuch von GRECO-Mitarbeitern in Österreich im Juni 2022. Ein Schwerpunkt dieser fünften Evaluierungsrunde sei auf die Arbeit der Polizei gelegt worden.

Demzufolge scheine Alltagskorruption im Bereich der Polizei in Österreich zwar kein Thema zu sein, allerdings sei von mehreren Gesprächspartnern der GRECO-Arbeitsgruppe angemerkt worden, dass die Vergabe von Spitzenjobs in der Polizei unter starkem politischem Einfluss erfolge. Diese „unzulässige“ Einflussnahme bei Postenvergaben gehöre abgestellt, so die Korruptionsbekämpfer.

GRECO fordert mehr Transparenz

Auch mit der Korruptionsprävention in der Regierung beschäftigte sich die Gruppe. Erhöhte Aufmerksamkeit bedürfe die Analyse von Risikofaktoren für Korruption rund um die höchsten politischen Funktionäre wie Kanzler, Vizekanzler, Minister, Staats- und Generalsekretäre und Kabinettsmitarbeiter, heißt es in dem Bericht laut „Standard“.

Grobe Mängel bei Korruptionsbekämpfung

Der neueste Bericht der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) bescheinigt Österreich grobe Mängel bei der Bekämpfung und Prävention von Korruption.

GRECO empfehle sogar, die finanziellen Verhältnisse von Verwandten und Partnern offenzulegen, wobei das „nicht zwingend öffentlich gemacht werden“ müsse. Bei der Bestellung von Generalsekretären brauche es Transparenz.

Berichtspflichten der WKStA als Risiko

Auch mit der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschäftigten sich die Verfasser des Berichts. Deren Berichtspflichten stellten bei „clamorosen Causen“ ein Risiko in Zusammenhang mit Vertraulichkeit, Effektivität und Unabhängigkeit der Ermittlungen dar. Es müsse sichergestellt werden, dass die Arbeit der WKStA nicht durch „unangemessene“ Interventionen behindert werde.

Insgesamt würden in dem Bericht 19 Empfehlungen abgegeben. Dazu zählten die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie, eine Cooling-off-Phase für Spitzenfunktionäre, die die Politik verlassen, die Offenlegung von Kontakten mit Lobbyisten sowie die Erstellung eines Verhaltenskodex für Minister und andere Spitzenpolitiker. Auf sich warten lässt aber weiterhin das ebenfalls empfohlene Transparenzgesetz. Auch dass das Korruptionsstrafrecht noch nicht reformiert wurde, wird moniert – hier legte die Regierung inzwischen ja ein entsprechendes Paket vor.

Justizministerium sieht Bericht als „Ansporn“

Das Justizministerium verwies in einer Stellungnahme auf bereits erfolgte Maßnahmen für saubere Politik – neben dem Entwurf zum Korruptionsstrafrecht etwa auch die Reform des Parteiengesetzes. „Den aktuellen GRECO-Bericht, der die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts und die anderen Reformen noch nicht berücksichtigt, nehmen wir als Ansporn, weitere wichtige Antikorruptions- und Transparenzvorhaben voranzutreiben“, so ein Sprecher von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Dazu gehöre etwa die Einführung der Generalstaatsanwaltschaft, mit der auch die Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften weiter reduziert werden sollen, und die Abschaffung des Amtsgeheimnisses.

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper stellte eine parlamentarische Anfrage an das Ministerium zur Umsetzung der Empfehlungen. „Posten-, Inseraten- und strukturelle Korruption – alle diese Selbstbedienung an unserem Land wird korrupten Politiker:innen weiterhin fast überall möglich sein, wenn die Regierung die Forderungen von GRECO nicht umsetzt und sich über die heißen Eisen gegen Posten-, Inseraten- und strukturelle Korruption drübertraut“, zeigte sie sich in einer Stellungnahme gegenüber der APA überzeugt.

Regierung präsentierte Reform des Korruptionsstrafrechts

Die Regierungsparteien präsentierten dreieinhalb Jahre nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ die Eckpunkte einer Reform des Korruptionsstrafrechts. Mit dem Gesetz will die Regierung „Lücken“ schließen, so Justizministerin Zadic und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) bei der Präsentation. Der Entwurf soll nun acht Wochen lang begutachtet werden.

„Korruption ist Gift für die Demokratie“, sagte Zadic zu Beginn der Pressekonferenz. Mit diesen „Verschärfungen“ gehe die Regierung „entschieden gegen all jene vor, die durch Korruption unsere Demokratie nachhaltig schädigen“. Ministerin Edtstadler schlug in dieselbe Kerbe. „Auf allen Ebenen gehört Korruption unterbunden und mit der vollen Härte des Rechtsstaats verfolgt“, sagte sie.

Beide Ministerinnen verwiesen auf Umfragen, laut denen die Bevölkerung ein Korruptionsproblem in der Politik sieht. Deshalb sei die Reform so wichtig. Die Reform wurde schon vor längere Zeit angekündigt, wegen koalitionärer Meinungsverschiedenheiten musste aber länger als geplant verhandelt werden. Edtstadler sagte, dass das nun das „strengste Antikorruptionsgesetz der Welt“ werde. Aber: „Der Unschuldsvermutung muss zum Durchbruch verholfen werden.“

Zadic: „Gift für Demokratie“

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat am Donnerstag den Gesetzesentwurf gegen Korruption vorgestellt. Korruption sei „Gift für die Demokratie“, sagte sie.

Mandatskauf auch für Dritte strafbar

Konkret sieht die Änderung vor, dass die Strafbarkeit des Mandatskaufs erweitert wird. Künftig soll es auch für Dritte strafbar sein, wenn sie „ihrem Kandidaten“ einen Listenplatz erkaufen. Ausgenommen sind „normale“ Parteispenden. Zadic sagte, dass illegal sei, „wenn sich etwa Oligarchen mit einer geheimen Bargeldzahlung an Parteiverantwortliche einen Wunschabgeordneten für den Nationalrat kaufen“. Die Strafbarkeit an sich beginnt, sobald das Mandat (auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene) angetreten wird.

Mit der Erweiterung der Strafbarkeit will man verhindern, dass sich nicht gewählte Akteure und Akteurinnen Einfluss auf die heimische Gesetzgebung erkaufen. In den Parteien, die den Vorteil annehmen, ist der Verantwortliche für die entsprechende Listenerstellung strafbar. Gleichzeitig soll aber sichergestellt werden, dass die Parteien Listen weiterhin frei erstellen können.

Einen diesbezüglichen Verdacht gab es in der jüngeren Vergangenheit – nämlich, dass ein Mandatar nach Spenden aus dem Ausland vorgereiht wurde und dann auch tatsächlich zu einem Sitz im Nationalrat kam. Nachgewiesen werden konnte das nicht, weshalb auch die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt wurden.

Korruption bereits bei Kandidatur strafbar

Sofort strafbar werden Kandidaten, die einen Vorteil, also im Normalfall Geld, annehmen und dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Wenn ein Kandidat einen illegalen Vorteil fordert oder sich versprechen lässt, ist das künftig strafbar, sobald er das Amt antritt, unabhängig davon, ob das einschlägige Amtsgeschäft tatsächlich durchgeführt wird. Die Justizministerin sprach in dem Zusammenhang von „Vorab-Korruption“.

Diese Regelung umfasse alle Personen, die sich in einem Wahlkampf befinden – und alle anderen Amtsträger, die sich einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren stellen müssen, also auch Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter. In der Unterlage ist auch von Generalsekretären die Rede, diese müssen sich aber bisher keinem Auswahlverfahren stellen. Edtstadler stellte gleichzeitig klar, dass Vorzugsstimmenwahlkämpfe weiter möglich seien. Auch Kandidaten, die innovative Projekte ankündigten, hätten nichts zu befürchten.

Edtstadler: „Strengste Antikorruptionsgesetz“

Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat sich am Donnerstag überzeugt gezeigt, dass Österreich mit dem Entwurf das „strengste Antikorruptionsgesetz der Welt“ haben wird.

Strafen sollen erhöht werden

Zudem sind höhere Strafen bei Korruptionsdelikten vorgesehen. Bei Bestechung/Bestechlichkeit ab einer Summe von 300.000 Euro soll die Höchststrafe 15 Jahre Freiheitsstrafe betragen. Künftig soll auch gelten: Bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Korruptionsdelikts reicht eine rechtskräftige Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von über sechs Monaten, um das Amt zu verlieren. Formal verliert man die Wählbarkeit.

Im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz werden die Höchstbeträge der Strafrahmen für die Tagsätze von 10.000 Euro auf 30.000 Euro verdreifacht. Damit würde man einer Forderung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nachkommen – „auch Unternehmen dürfen bei Korruptionsdelikten nicht ungestraft davonkommen“, so die Regierung.

Vereine werden ebenfalls strengeren Regeln unterzogen: Fälle, in denen das Wohlwollen von Politikern erkauft werden soll, aber das Geld nicht direkt an sie geht, sondern an einen gemeinnützigen Verein, waren bisher nur strafbar, wenn der Politiker selbst in diesem Verein tonangebend ist. Nunmehr wird dieser Passus auf nahe Angehörige ausgeweitet, so sie „bestimmenden Einfluss“ ausüben. Damit wird Umgehungskonstruktionen, wo etwa Frau oder Mann des Amtsträgers (formal) im Verein eine führende Rolle spielt, der Kampf angesagt.