Schauspielerin Vicky Krieps in einer Szene der Films „Corsage“ als Kaiserin Elisabeth
AP/IFC Films
Fall Teichtmeister

„Corsage“ bleibt Österreichs Oscar-Kandidat

Die Filmverantwortlichen und der zuständige Fachverband haben am Sonntag entschieden, dass „Corsage“ für Österreich im Rennen um den Auslandsoscar bleibt. Der Strafantrag gegen Schauspieler Florian Teichtmeister sei erschreckend, man müsse diesen aber von der künstlerischen Leistung der Regisseurin und dem Film selbst trennen. Teichtmeister muss sich im Februar vor Gericht wegen des Besitzes von Kinderpornografie verantworten.

Marie Kreutzers Sisi-Drama „Corsage“, in dem Teichtmeister Franz Joseph verkörpert, bleibt Österreichs Kandidat für den Auslandsoscar 2023. „Corsage“ findet sich auf der Shortlist von 15 fremdsprachigen Werken, aus denen am 24. Jänner die Academy of Motion Picture Arts and Sciences offiziell fünf Finalisten kürt. Diese gehen dann in den Wettbewerb um den Auslandsoscar, der am 12. März in Hollywood verliehen wird.

„Teichtmeister ist nicht ‚Corsage‘, und seine Person ist von der herausragenden künstlerischen Leistung der Regisseurin Marie Kreutzer und dem Film ‚Corsage‘ selbst klar zu trennen“, unterstrich am Sonntag in einer Aussendung Fachverbandsobmann Alexander Dumreicher-Ivanceanu. Selbstredend bleibe festzuhalten: „Der Fachverband verurteilt die pädokriminellen Handlungen des Schauspielers Florian Teichtmeister und prinzipiell jede Form von sexuellem Missbrauch.“

Regisseurin Marie Kreutzer
APA/AFP/Getty Images/Jon Kopaloff
Regisseurin Marie Kreutzer bleibt im Rennen um den Auslandsoscar 2023

Vorwürfe „glaubhaft“ bestritten

Auch das Produzentenduo des Films, Johanna Scherz und Alexander Glehr, zeigte sich schockiert von den Nachrichten und enttäuscht vom Umgang Florian Teichtmeisters mit der Causa. So stehe der Darsteller seit Juli 2021 in keinem Dienstverhältnis mehr zu den Filmemachern.

„Corsage“ bleibt Österreichs Oscar-Kandidat

Zwei Tage nach dem Bekanntwerden der Anklage gegen den Schauspieler Florian Teichtmeister wegen des Besitzes von Material, das den sexuellen Missbrauch Unmündiger zeigt, haben sich nun die Regisseurin Marie Kreutzer und die Produzenten von „Corsage“ zur Causa gemeldet. Der Film bleibt auch weiterhin Österreichs Oscar-Kandidat.

„Trotzdem hätten wir uns erwartet, dass er uns spätestens mit dem Beginn polizeilicher Ermittlungen über die Vorwürfe gegen ihn informiert. Das Gegenteil war der Fall: Florian Teichtmeister hat nach dem Auftauchen erster Gerüchte nach dem Ende der Dreharbeiten im Herbst 2021 auf dezidierte Nachfrage – nicht nur für uns glaubhaft – versichert, dass die Gerüchte um seine Person falsch seien.“

Selbiges hatte Burgtheater-Direktor Martin Kusej bereits am Samstag in Interviews erklärt: Er habe Teichtmeister bereits im September 2021 mit den Vorwürfen konfrontiert – dieser habe alles „glaubhaft“ bestritten. Nach Bekanntwerden der Umstände am Freitag hat das Burgtheater umgehend eine fristlose Entlassung aus dem Ensemble gegen Teichtmeister ausgesprochen.

Kreutzer „traurig und wütend“

Enttäuscht zeigte sich in einer Stellungnahme auch Regisseurin Kreutzer: „Ich bin traurig und wütend, dass ein feministischer Film, an dem mehr als 300 Menschen aus ganz Europa jahrelang gearbeitet haben, durch die grauenvollen Handlungen einer Person so beschmutzt und beschädigt wird. Noch trauriger und wütender macht mich, in welchem Ausmaß Videos und Fotos von sexualisierter Gewalt gegen Kinder produziert, verbreitet und konsumiert werden. Wir können nicht in unsere Mitmenschen hineinschauen.“

Mayer kündigte Prüfung an

Die grüne Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer hat eine detaillierte Prüfung zum Fall Teichtmeister angekündigt. Das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) habe am Freitag „umgehend die Bundestheater-Holding mit der Erstellung einer umfassenden Chronologie der Informationsflüsse im Konzern beauftragt, um sicherzustellen, ob hier auf allen Ebenen korrekt und mit der nötigen Sorgfalt gehandelt wurde. Diese Prozesse werden auch einer Prüfung durch einen externen Gutachter unterzogen“, teilte Staatssekretärin Mayer am Samstag in einer Aussendung mit.

Fall Teichtmeister: Mayer kündigt Prüfung an

Wurde im Fall Florian Teichtmeister zu spät reagiert? Das will Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer nun prüfen lassen. Die Vorwürfe gegen den bekannten Schauspieler sollen in der Kulturszene schon länger bekanntgewesen sein.

Die Kinokette Cineplexx hat „Corsage“ bereits aus dem Programm genommen. Auch vom ORF werden Werke mit Teichtmeister nicht mehr ausgestrahlt. Der ORF nehme mit sofortiger Wirkung von Herstellung und Ausstrahlung von Produktionen mit Teichtmeister Abstand, wurde am Freitag mitgeteilt.

Ermittlungen seit eineinhalb Jahren

Die Ermittlungen in der Causa laufen seit eineinhalb Jahren. Bei einer Hausdurchsuchung wurden insgesamt 22 Datenträger wie Laptops, Handys und Speichersticks mit 58.000 Mediendateien mit mutmaßlich pornografischen Darstellungen Minderjähriger gefunden, wie es im Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien heißt, der dem ORF vorliegt.

In einem Zeitraum von zumindest Februar 2008 bis Anfang August 2021 habe sich Teichtmeister entsprechende Dateien „verschafft und besessen“, wie es heißt. In einem psychiatrischen Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien, das dem ORF vorliegt, heißt es, dass aufgrund der ungewöhnlich großen Menge an Daten bisher lediglich eine eingeschränkte Bestandsaufnahme möglich gewesen sei.

„Es ist daher zu erwarten, dass die tatsächliche Zahl gespeicherter Dateien mit kinderpornografischen Inhalten noch größer ist“, heißt es in dem Gutachten. Der Schauspieler soll zum Teil selbst Minderjährige etwa an Drehorten fotografiert und in der Folge Collagen angefertigt haben, mit Sprechblasen mit pornografischen Inhalten.

Der Beschuldigte sei „voll geständig“, wie einer seiner Rechtanwälte, Michael Rami, gegenüber dem ORF am Freitag sagte. Er werde sich bei der Verhandlung am 8. Februar im Wiener Straflandesgericht schuldig bekennen.

Burgtheater: Bisher kein Kontakt zur Polizei

Das Burgtheater gab unterdessen am Sonntag ein weiteres Statement zur Causa ab. „Bis heute sind wir zu den Vorwürfen weder polizeilich, fremdanwaltlich noch gerichtlich kontaktiert worden“, wurde der APA mitgeteilt.

Im Gegenzug habe man sich nach Bekanntwerden erster Gerüchte im September 2021 und der Konfrontation Teichtmeisters damit nicht an die Polizei gewandt: „Eine Anfrage an die Ermittlungsbehörden wurde nicht gestellt, da diese zu keinen Auskünften über den Inhalt der Ermittlungen gegenüber außenstehenden Dritten berechtigt sind.“

Auch habe man einigen verunsicherten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich damals an die Direktion gewandt hatten, soweit rechtlich zulässig Auskunft gegeben und sie aufgefordert, etwaige Wahrnehmungen der Direktion mitzuteilen: „Eine Erhärtung von Gerüchten, auch durch persönliche Wahrnehmungen Dritter, hätte sofort dazu geführt, von einer Besetzung Abstand zu nehmen und das Arbeitsverhältnis mit Florian Teichtmeister zu beenden. Das war zu keinem Zeitpunkt der Fall.“