Belarus: Prozessbeginn gegen Oppositionelle Tichanowskaja

In Belarus hat der Prozess gegen die im Exil lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja begonnen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Belta begann das Verfahren heute in Abwesenheit der 40-Jährigen und vier ihrer Verbündeten in der Hauptstadt Minsk. Tichanowskaja und ihren Mitangeklagten werden unter anderem Hochverrat und „Verschwörung zur verfassungswidrigen Machtergreifung“ zur Last gelegt.

Tichanowskaja, die derzeit in Litauen lebt, hatte den Prozess im Vorfeld gegenüber der Nachrichtenagentur AFP als „Farce“ und „persönliche Rache“ des autoritären Machthabers Alexander Lukaschenko bezeichnet. „Ich weiß noch nicht einmal, was mein sogenannter Anwalt morgen vor diesem Gericht tun wird, wie er mich verteidigen wird“, sagte Tichanowskaja. „Ich weiß nicht, wie lange dieser Prozess dauern wird, wie viele Tage, aber ich bin sicher, dass sie mich zu vielen, vielen Jahren Gefängnis verurteilen werden.“

Massenproteste nach Wahl

Tichanowskaja war im Sommer 2020 bei der Präsidentschaftswahl in Belarus gegen Lukaschenko angetreten. Nach dessen umstrittener und vom Westen nicht anerkannter Wiederwahl kritisierte Tichanowskaja diese scharf. Massenproteste nach der Wahl ließ der seit drei Jahrzehnten autoritär regierende Machthaber gewaltsam niederschlagen. Tausende Menschen wurden festgenommen oder flohen ins Ausland, darunter auch Tichanowskaja.

Die 40-Jährige gilt als Gesicht der belarussischen Opposition, regelmäßig prangert sie die anhaltenden Übergriffe der Regierung an. Neben ihr sind zudem die Oppositionellen und Aktivisten Maria Moros, Pawel Latuschko, Olga Kowalkowa und Sergej Dylewski angeklagt.

Seit den Protesten gehen die belarussischen Behörden weiter gegen kritische Stimmen vor. Die Menschenrechtsorganisation Wjasna zählt derzeit mehr als 1.400 politische Gefangene. Anfang Jänner begann in Minsk der Prozess gegen den inhaftierten Friedensnobelpreisträger und Wjasnja-Gründer Ales Bjaljazki. Dem Demokratieaktivisten und zwei ebenfalls angeklagten Mitstreitern drohen bis zu zwölf Jahre Haft.