Nur durch die Stärkung der wichtigsten Strukturkomponenten der Streitkräfte sei es möglich, die militärische Sicherheit des Staates zu gewährleisten und neue Einheiten und kritische Einrichtungen der Russischen Föderation zu schützen, zitiert Reuters den russischen Verteidigungsminister bei einer Sitzung des Verteidigungsministeriums.
Laut Kreml-Sprecher Dmitri Peskow seien die anstehenden Änderungen durch den „Stellvertreterkrieg“ notwendig geworden, den der Westen mit der Lieferung immer schwererer Waffen in die Ukraine führe. Mit dem Umbau der Armee soll Agenturberichten zufolge schließlich auch die von Kreml-Chef Wladimir Putin eingeforderte Truppenaufstockung umgesetzt werden.
Das Verteidigungsministerium, das im Inland wegen der Ineffektivität seiner Bemühungen um die Kontrolle großer Teile der Ukraine scharf kritisiert wurde, versprach im Dezember, sein Militärpersonal von 1,15 auf 1,5 Millionen Mann aufzustocken.
Selbstständige Einheiten in annektierten Gebieten
Die von Schoigu angekündigte Erneuerung der Strukturen soll im Zeitraum zwischen 2023 und 2026 abgeschlossen werden. Mit einem Moskauer und einem Leningrader Wehrkreis sollen den Angaben zufolge nun unter anderem zwei große Territorialeinheiten geschaffen werden, die mehrere Waffengattungen vereinen.
Die Pläne umfassen zudem selbstständige Militäreinheiten in den von Russland annektierten ukrainischen Gebieten. Zudem kündigte Schoigu die Aufstellung eines Armeekorps in der nordrussischen Teilrepublik Karelien an. Das könnte eine Reaktion auf den geplanten NATO-Beitritt der skandinavischen Länder Schweden und Finnland sein.
Mehrmals Militärführung ausgetauscht
In den elf Monaten des von Russland weiter als „besondere Militäroperation“ bezeichneten Ukraine-Krieges gab es bereits mehrere Veränderungen in der russischen Militärführung. Erst letzte Woche ernannte Schoigu Armeegeneral Waleri Gerassimow, den Chef des militärischen Generalstabs, zum neuen Ukraine-Kommandanten. Damit wechselte der Kreml zum dritten Mal binnen weniger Monate den Befehlshaber für den Ukraine-Krieg.
Internationale Beobachter rätselten über die Motive für den Schachzug und orteten mit Blick auf die sich zuletzt verstärkt abzeichnende Rivalität zwischen der russischen Armee und der paramilitärischen Gruppe Wagner nicht nur militärische, sondern vor allem politische Hintergründe.
Das russische Verteidigungsministerium begründete den Wechsel mit einer „Erweiterung der Aufgaben“ und der „Notwendigkeit“ einer „engeren Interaktion“ zwischen den Truppen und sprach von einer „Aufstockung der Führungsebene der Spezialoperation“. Erklärtes Ziel der Invasion bleibe laut Kreml zudem die vollständige Einnahme der vier annektierten Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson.
„Fortschritt bei Erfüllung der Kampfziele“
Schoigu verschaffte sich nach Angaben Moskaus am Dienstag unterdessen im Hauptquartier einer in der Ukraine stationierten Armee-Einheit ein Bild der Lage. Der Kommandeur der Wostok-Gruppe und Befehlshaber anderer Einheiten hätten Schoigu über den „Fortschritt bei der Erfüllung der Kampfziele“ informiert, erklärte das Verteidigungsministerium. Ob das Hauptquartier der Wostok-Gruppe in der Ukraine oder in Russland liegt, blieb offen.
Ein vom Ministerium gemeinsam mit der Erklärung veröffentlichtes Video zeigt Schoigu im Gespräch mit militärischen Befehlshabern, von denen einige per Video zugeschaltet sind. Per Video zugeschaltet war auch der neue Ukraine-Kommandant Gerassimow. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums war Schoigu im Dezember zweimal in das Gebiet des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine gereist.