Wasserzeichen von Getty Images auf einem Bild des Kirkjufell
ORF/Getty Images/Natthawat Jamnapa
„Wie Napster“

Klagen stellen KI auf Probe

Mensch gegen Maschine: In der Diskussion über künstliche Intelligenz (KI) rückt nun die Frage nach dem Urheberrecht in den Mittelpunkt. Werkzeuge wie Stable Diffusion können erstaunlich echt wirkende Bilder generieren – weil sie mit echten Bildern „trainiert“ werden. Das kritisiert die riesige Agentur Getty, deren Fotos dafür „unrechtmäßig kopiert“ würden, so der Vorwurf des Konzerns. Getty kündigte nun rechtliche Schritte an – es ist die zweite Klage binnen weniger Tage.

In den vergangenen Monaten hat kaum ein Thema in sozialen Netzwerken derart polarisiert: Mit der Eingabe einfacher Anweisungen wie „Foto einer Babykatze auf einer Küchenablage“ spuckt KI-Software wie Stable Diffusion, Midjourney und DALL-E auf Knopfdruck Bilder aus, die auf den ersten Blick oft täuschend echt aussehen. Die einen sehen sich damit als „KI-Künstler“, die anderen vermissen die kreative Leistung – und orten ein urheberrechtliches Problem.

Denn die Programme, die diese Bilder erzeugen, können das nur deshalb, weil sie erst mit Millionen von Menschen erstellten Bildern „trainiert“ wurden. Nur selten ist jedoch klar, welche Bilder dazu herangezogen wurden. Stable Diffusion stellt hier eine der Ausnahmen dar: Das Team dahinter hat bereits offengelegt, woher die Daten stammen. Verwendet wurden insgesamt 2,3 Milliarden Bilder – mit dabei: auch zahllose Bilder der Bildagentur Getty.

„Millionen Bilder unrechtmäßig kopiert“

Verwendet man Stable Diffusion, zeigt sich schnell, dass die KI auch auf Getty-Bildern basiert. Das Wasserzeichen der Firma (wie im original erworbenen Titelbild dieses Artikels zu sehen) ist prominent vertreten – richtige Eingabe vorausgesetzt.

In einer Stellungnahme von Getty heißt es, dass Stability AI, die Firma hinter Stable Diffusion, „Millionen von urheberrechtlich geschützten Bildern (…) unrechtmäßig kopiert und verarbeitet hat“. Damit verfolge die KI-Firma „kommerzielle Interessen“, weshalb man nun vor ein Londoner Gericht ziehe.

Getty-Chef sieht Basis für legale Dienste

In einem Interview mit der Website The Verge sagte Getty-Chef Craig Peters, die Situation erinnere ihn an die Musiktauschplattform Napster, die in den 2000er Jahren die gesamte Musikindustrie umgekrempelt hatte. Napster sei populär, aber illegal gewesen – doch hätte das letztlich zu legalen Diensten wie etwa Spotify geführt. Die KI-Software müsse „in ähnlicher Weise die Rechte am geistigen Eigentum anderer berücksichtigen, das ist der springende Punkt“, so Peters.

Und an diesen möglichen lizenzierten Einsatzzwecken will Getty ganz offenbar mitschneiden. Im Interview sagte Peters, es gehe ihm nicht um Schadenersatz oder einen Entwicklungsstopp für KI-Kunstwerkzeuge, sondern um einen neuen rechtlichen Status quo. Und dieser würde wohl Lizenzzahlungen für Getty enthalten.

Auch Künstlerinnen gehen gegen KI vor

Es ist schon das zweite Mal binnen weniger Tage, dass rechtliche Schritte gegen KI-Werkzeuge eingesetzt werden. Erst am Wochenende wurde bekannt, dass die Künstlerinnen Sarah Andersen, Kelly McKernan und Karla Ortiz neben Stable Diffusion auch Midjourney und die Kunstplattform DeviantArt Klagen. Der Vorwurf: Die Bilder von „Millionen Künstlern“ seien ohne Zustimmung verwendet worden.

Betroffene KI-Lösungen berufen sich auf eine „Fair Use“-Regelung im US-Urheberrecht, weshalb es interessant werden könnte, wenn Getty, eigentlich ein US-Konzern, vor ein britisches Gericht zieht – wo die Regellage anders aussieht. Komplizierter wird es zusätzlich dadurch, dass Stable Diffusion etwa auf den Datensatz eines deutschen Non-Profit-Unternehmens zurückgreift, für das erst wieder andere Regelungen gelten können.

Während im Netz in erster Linie ausführlich darüber diskutiert wird, was Kunst ist und was nicht, könnte die Urheberrechtsdebatte vor Gericht zum Stolperstein für KI werden. Das könnte nicht nur Auswirkungen auf computergenerierte Bilder haben – denn auch Text und Musik können längst von entsprechenden Programmen generiert werden. Wie auch bei Bildern gilt aber: Wäre die Software nicht mit Werken von echten Menschen befüllt worden, wären die Ergebnisse nicht annähernd so überzeugend.