EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während einer Rede in Davos
Reuters/Arnd Wiegmann
EU-Konter zu USA

Milliardenförderplan für „grüne“ Industrie

Mit dem „Buy American“-Gesetz hat US-Präsident Joe Biden die EU unter Zugzwang gebracht: Mit milliardenschweren Förderungen für die eigene Industrie soll die Entwicklung und Produktion umweltfreundlicher Technologien kräftig vorangetrieben werden. Nach monatelanger europäischer Schockstarre präsentierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Davos ein Paket, um eine drohende Abwanderung von Industrien zu verhindern.

Von der Leyen gab als Ziel aus, Europas Wirtschaft mit dem neuen Industrieplan zum Weltmarktführer für saubere Technologien und Innovationen machen zu wollen. „In den nächsten Jahrzehnten werden wir den größten industriellen Wandel unserer Zeit erleben – vielleicht sogar aller Zeiten“, sagte von der Leyen am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. „Und diejenigen, die die Technologien entwickeln und herstellen, die das Fundament der Wirtschaft von morgen bilden, werden den größten Wettbewerbsvorteil haben.“

Als einen Grund für den neuen Plan nannte von der Leyen die aus Wettbewerbsgründen umstrittenen Subventionspläne für klimafreundliche Technologien in den USA und in China. „Damit die europäische Industrie attraktiv bleibt, ist es notwendig, mit den Angeboten und Anreizen außerhalb der EU mitzuhalten“, erklärte sie.

Mehr und raschere staatliche Förderungen

Ihrer Einschätzung nach ist es dafür notwendig, die Regeln für staatliche Förderungen zu lockern. Zudem müssten aber auch zusätzliche EU-Mittel bereitgestellt werden. Man wisse, dass staatliche Beihilfen nur eine begrenzte Lösung sein könnten, auf die nur wenige Mitgliedsstaaten zurückgreifen könnten, erklärte von der Leyen.

Deswegen wird ihren Angaben zufolge derzeit nach einer Lösung gesucht, wie Unternehmen in EU-Staaten ohne große Fördermöglichkeiten kurzfristig unterstützt werden könnten. Mittelfristig soll es dann einen „Europäischen Souveränitätsfonds“ geben.

Neuer Industrieplan für EU gefordert

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will Europas Wirtschaft mit einem neuen Industrieplan zum Weltmarktführer für saubere Technologien und Innovationen machen. Als Grund für den neuen Plan nannte von der Leyen auch die aus Wettbewerbsgründen umstrittenen Subventionspläne für klimafreundliche Technologien in den USA und in China. Konkret sieht der Plan vor, günstigere Bedingungen für Anbieterinnen und Anbieter von Produkten wie Windenergie, Wärmepumpen, Solarenergie und sauberem Wasserstoff zu schaffen. Dafür soll auch ein „Netto-null-Industrie-Gesetz“ vorgeschlagen werden, mit dem Ziele für saubere Technologien in Europa bis 2030 gesetzt werden.

Nur erste Ansage

Um welche Beträge es gehen könnte, sagte von der Leyen nicht. Derzeit werde noch an einer Bedarfsanalyse gearbeitet, erklärte sie. Europa hat hier die Entwicklung in den USA völlig verschlafen. Das im Vorjahr bereits beschlossene und nun in Umsetzung befindliche US-Programm sieht Investitionen in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar (341 Mrd. Euro) vor. Es wird vor allem deswegen kritisiert, weil Subventionen und Steuergutschriften daran geknüpft sind, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren – das Schlagwort dafür: „Buy American“.

„Wir sollten darauf hinarbeiten, dass unsere jeweiligen Anreizprogramme fair sind und sich gegenseitig stärken“, machte von der Leyen am Dienstag mit Blick auf den Streit und die laufenden Verhandlungen darüber klar, dass die EU keine ähnliche Klausel plant. Man wolle kein „Buy European“-Programm, aber sehr wohl eine „Made in Europe“-Förderung, hatten Kommissionsvertreter bereits im Vorfeld betont.

Von der Leyen betonte in ihrer Rede ausdrücklich: „Unser Ziel sollte es sein, den transatlantischen Handel und transatlantische Investitionen bestmöglich aufrechtzuerhalten.“ Erste Fachleute warnen bereits vor dem Heraufziehen eines neuen protektionistischen Zeitalters, das den globalen Handel spürbar verringern könnte – mit entsprechenden Folgen für den Wohlstand. Auf Umwelt und Klima könnte sich ein eventueller Rückgang des Handels positiv auswirken.

Zielvorgaben für saubere Technologie bis 2030

Neben neuen Investitionen sieht von der Leyens Industrieplan unter anderem einen Bürokratieabbau für Anbieter von Produkten wie Windenergie, Wärmepumpen, Solarenergie und sauberem Wasserstoff vor. Dafür soll auch ein „Netto-null-Industrie-Gesetz“ vorgeschlagen werden, mit dem auf dem Weg zur Klimaneutralität klare Ziele für saubere Technologien in Europa bis 2030 gesetzt werden.

Weniger Abhängigkeit von China

Weitere Punkte sind die Verringerung der Abhängigkeit von Rohstofflieferungen aus Ländern wie China, ein Programm zur Fachkräfteentwicklung sowie ein entschlossenes Vorgehen gegen Staaten, die sich nicht an die Spielregeln der Welthandelsorganisation (WTO) halten.

China beispielsweise ermutige energieintensive Unternehmen mit dem Versprechen billiger Energie, niedriger Arbeitskosten und eines laxeren Regelungsumfelds, ihre Produktion ganz oder teilweise dorthin zu verlagern, erklärte von der Leyen. Gleichzeitig subventioniere das Land seine Industrie stark und beschränke den Zugang zum chinesischen Markt für EU-Unternehmen.

Erste Details zu den Plänen sollen bis Ende des Monats vorliegen. Einen entsprechenden Auftrag hatten die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bei ihrem Treffen im Dezember erteilt. Sie wollen dann am 9. und 10. Februar bei einem Sondertreffen darüber beraten.