Ramstein Airbase
AP/Michael Probst
Waffen für Ukraine

Weichenstellung in Ramstein

Hochrangige Vertreter der NATO-Staaten und anderer Unterstützerländer der Ukraine sind am Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz zu Beratungen über weitere militärische Hilfen für die ukrainischen Streitkräfte zusammengekommen. Bereits vor dem Treffen gab es neue Zusagen für zusätzliche Milliardenhilfen – ob es auch zu einer Einigung für die Lieferung von Kampfpanzern kommt, bleibt offen.

Zu der Konferenz auf der größten US-Luftstreitkräftebasis außerhalb der Vereinigten Staaten hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die Mitglieder der Ukraine-Kontaktgruppe eingeladen.

Zu ihr gehören neben den USA etwa auch Deutschland und Großbritannien. Erwartet werden unter anderen der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Österreich ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums wie schon bei vorigen ähnlichen Treffen als Beobachter eingeladen.

Ramstein: Gipfeltreffen der NATO-Staaten

Am Freitag findet auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland ein großes Gipfeltreffen der NATO-Staaten und zahlreicher anderer Länder statt. Besprochen werden die Waffen- und Panzerlieferungen für die Ukraine.

„Entscheidender Moment“

US-Verteidigungsminister Austin rief zum Auftakt des Treffens dazu auf, die Anstrengungen zur Unterstützung der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskrieges zu verstärken. Der Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion befinde sich derzeit in einem „entscheidenden Moment“ – es sei daher nicht der Zeitpunkt nachzulassen.

„Das ukrainische Volk sieht uns zu. Der Kreml sieht uns zu. Und die Geschichte sieht uns zu“, sagte Austin an die Teilnehmer des Treffens gewandt. Es gebe keinen Zweifel daran, dass „wir die Selbstverteidigungskräfte der Ukraine so lange unterstützen werden, wie es nötig sein wird“, fügte er hinzu.

Ukraine erwartet „echten Durchbruch“

Die Ukraine erhofft sich vom Treffen ihrer Unterstützerstaaten in Ramstein nach Angaben von Vizeaußenminister Andrij Melnyk Zusagen über große weitere Militärhilfe. „Die Ukrainer erwarten vom Ramstein-Gipfel einen echten Durchbruch bei der Lieferung modernster Waffensysteme“, sagt der frühere ukrainische Botschafter in Berlin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Die größte Bitte an die (deutsche) ‚Ampelregierung‘ für das Ramstein-Treffen wäre, dass Deutschland nicht nur seine merkwürdige Blockadehaltung bei den Leopard-Panzern beendet, sondern wahre Führung demonstriert und eine mächtige Panzerkoalition für die Ukraine bildet.“

USA erhöhen Milliardenhilfe

Mehrere Länder kündigten vor dem Treffen eine Aufstockung ihrer Hilfen an. Finnland sagte am Freitag etwa weitere Militärhilfe im Wert von 400 Millionen Euro zu, die schwere Artillerie und Munition umfasst. Bereits zuvor stellte die US-Regierung der Ukraine weitere Militärhilfen im Umfang von 2,5 Mrd. US-Dollar (2,3 Mrd. Euro) zur Verfügung.

Mit dem neuen Paket haben die USA der Ukraine nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums seit Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden militärische Hilfe im Umfang von mehr als 27,4 Mrd. US-Dollar bereitgestellt oder zugesagt, mehr als 26,7 Mrd. US-Dollar davon seit Beginn des russischen Angriffskrieges Ende Februar. Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion.

Weiter keine Abrams-Panzer aus USA

Es ist das bisher zweitgrößte Einzelpaket dieser Art. Es enthält nach Pentagon-Angaben unter anderem 59 Schützenpanzer vom Typ Bradley und erstmals 90 Radschützenpanzer des Typs Stryker – allerdings keine Abrams-Kampfpanzer.

Das US-Verteidigungsministerium hält die Lieferung von Abrams-Panzern nach eigenen Angaben derzeit für nicht sinnvoll. Der Abrams benötige anderen Treibstoff als etwa die Kampfpanzer Leopard 2 oder der Challenger 2 und sei aufwendig in der Instandhaltung, sagte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh am Donnerstag. Über den Abrams war diskutiert worden, nachdem berichtet worden war, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz habe die Lieferung des US-Kampfpanzers zur Bedingung für eine mögliche Entsendung deutscher Kampfpanzer gemacht.

Polen erwägt Leopard-2-Lieferung

Deutschland macht unterdessen nach jüngsten Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine nicht von der gleichzeitigen Lieferung der amerikanischen Kampfpanzer an das Land abhängig. „Ein solches Junktim ist mir nicht bekannt“, sagte Pistorius am Donnerstagabend gegenüber dem Sender ARD.

Polen schließt unterdessen eine Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine auch ohne Zustimmung Deutschlands als Herstellerland nicht aus. Polen sei zu einer solchen nicht standardgemäßen Handlung bereit, sagt Vizeaußenminister Pawel Jablonski dem privaten Radiosender RMF FM. Auf die Frage, ob Polen gegen den Widerstand Deutschlands liefern würde, antwortet er: „Ich denke, wenn es starken Widerstand gibt, werden wir bereit sein, selbst solche nicht standardmäßigen Maßnahmen zu ergreifen (…), aber greifen wir den Tatsachen nicht vor.“

„Deutsche verstehen sehr gut, was auf dem Spiel steht“

In der Debatte über die Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine stellte sich die US-Regierung demonstrativ hinter Deutschland. Auf die Frage, warum sich Deutschland vor der Genehmigung von Kampfpanzern scheue, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Donnerstagabend (Ortszeit) im US-Fernsehen: „Die Deutschen verstehen sehr gut, was in der Ukraine auf dem Spiel steht.“

Deutschland sei einer der „größten Geldgeber“ und habe seine Unterstützung kontinuierlich ausgebaut. „Wir sind dankbar für das, was sie zur Verfügung gestellt haben, und wir sind dankbar dafür, dass sie darüber nachdenken, Kampfpanzer zu liefern – wir werden sehen, was sich daraus ergibt“, so Kirby. Deutschland treffe souveräne Entscheidungen, angepasst an die Belange des Landes.

Kreml: Kampfpanzer können Russland nicht stoppen

Westliche Panzerlieferungen würden in der Ukraine „nichts ändern“, sagte unterdessen Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. „Es lohnt sich hier nicht, die Bedeutung dieser Lieferungen zu übertreiben hinsichtlich ihrer Fähigkeit, etwas zu ändern“, so Peskow nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax.

Der Kreml-Sprecher begründete das unter anderem mit Problemen beim Nachschub, der Munitionsversorgung und der Wartung der Panzer: „Das beschert der Ukraine zusätzliche Probleme, aber ändert nichts am Vorankommen der russischen Seite beim Erreichen ihrer Ziele“.