Der Machu Picchu
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Proteste in Peru

Machu Picchu geschlossen

Wegen der anhaltenden Unruhen in Peru ist die bei Touristinnen und Touristen aus aller Welt beliebte Weltkulturerbestätte Machu Picchu geschlossen worden. Die Schließung der historischen Inka-Stätte sei „wegen der sozialen Lage und zum Schutz der Integrität der Besucher“ angeordnet worden, teilte das peruanische Kulturministerium am Samstag in Lima mit. Die Maßnahme gelte „bis auf Weiteres“.

Mindestens 400 Menschen, darunter 300 Ausländerinnen und Ausländer, waren zunächst im Ort Aguas Calientes am Fuße des Berges mit der Inka-Stätte gestrandet. Sie wurden nach Stunden per Zug in die Stadt Cusco gebracht, wie das Tourismusministerium am Samstag auf Twitter schrieb.

Im Dezember waren bereits rund 200 gestrandete Touristinnen und Touristen mit Hubschraubern aus der Region um die Inka-Ruinenstadt ausgeflogen worden. Im Zuge der Proteste wurde der Zugang zum Machu Picchu wiederholt eingeschränkt. So wurde auch der Betrieb des nahegelegenen Flughafens von Cusco vorübergehend ausgesetzt – nach der Wiedereröffnung standen Reisende für ihre Flüge Schlange.

Rücktritt von Präsidentin Boluarte gefordert

Peru wird seit der Amtsenthebung und Verhaftung des linksgerichteten Präsidenten Pedro Castillo am 7. Dezember von Unruhen erschüttert. Die Protestierenden fordern den Rücktritt seiner Nachfolgerin Dina Boluarte und die Auflösung des Parlaments, um unverzüglich Neuwahlen abzuhalten. Bei der Protestwelle starben Dutzende Menschen. Für fast ein Drittel des Landes wurde mittlerweile der Notstand ausgerufen.

Eine peruanische Demonstrantin vor Polizisten
AP/Martin Mejia
Eine Demonstrantin vor Polizisten in Lima – sie und viele andere fordern den Rücktritt der neuen Präsidentin

Am Samstag räumte die Polizei eine Universität in Lima und nahm mehr als 200 Personen fest. Das berichtete der peruanische Sender „RPP Noticias“ unter Berufung auf den Oberstaatsanwalt Alfonso Barrenechea. Die Festgenommenen wurden beschuldigt, illegal auf den Campus der Universidad Nacional Mayor de San Marcos eingedrungen zu sein, eine der wichtigsten und ältesten Universitäten der Amerikas.

Weiteres Todesopfer gemeldet

Aus der Kleinstadt Ilave in der südlichen Region Puno wurde am Samstag ein weiteres Todesopfer gemeldet. Ein Mann sei am Freitag während einer Protestkundgebung schwer verletzt und deswegen ins Krankenhaus eingeliefert worden, sagte ein Behördenvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Am Samstag sei er seinen Verletzungen erlegen.

Nach Spitalsangaben wurden bei den Zusammenstößen zwischen Mitgliedern des indigenen Aymara-Volkes und der Polizei zehn weitere Menschen verletzt. Das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen die Proteste brachte die Demonstranten in Ilave derartig auf, dass sie Samstagfrüh eine Polizeiwache in Brand steckten, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Auch in Zepita in der Region Puno wurde eine Polizeiwache angezündet. Verletzt wurde niemand.

Zusammenstöße in der peruanischen Hauptstadt Lima zwischen Polizei und Teilnehmern der Antiregierungsprotesten
AP/Martin Mejia
Zuletzt verlagerten sich die Proteste in die Hauptstadt Lima, wo es am Donnerstag erneut zu gewalttätigen Konfrontationen kam

Auch in Perus zweitgrößter Stadt Arequipa kam es erneut zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Protestierende warfen Steine und entzündeten Feuer rund um eine Brücke, um in Richtung des vorübergehend geschlossenen Flughafens vorzustoßen. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengasgranaten, wie ein AFP-Fotograf berichtete.

Mehrere Forderungen

Neben dem Rücktritt Boluartes fordern die Protestierenden die Auflösung des Kongresses und die Freilassung des inhaftierten Ex-Präsidenten Castillo. Der frühere Lehrer wollte im Dezember einem Misstrauensvotum zuvorkommen und löste den Kongress auf. Das Parlament enthob ihn daraufhin des Amtes. Er wurde wegen des Vorwurfs eines versuchten Staatsstreichs festgenommen und sitzt in U-Haft.

Neue Zusammenstöße bei Protesten in Peru

Die politische Krise in Peru gerät immer mehr außer Kontrolle: Bei Protesten gegen die Regierung im ganzen Land ist es erneut zu schweren Auseinandersetzungen gekommen. Viele fordern die Freilassung des inhaftierten Ex-Präsidenten. Mindestens 45 Menschen sind bereits ums Leben gekommen.

Vor allem Indigene aus dem armen Süden des Landes werteten die Absetzung als einen Schlag der alten Eliten aus der Hauptstadt Lima auf einen der Ihren. Boluarte war zwar Castillos Vizepräsidentin, wurde später aber aus dessen Partei Peru Libre ausgeschlossen und distanzierte sich von den Linken im Kongress.

Peruanische Polizei
APA/AFP/Carlos Mandujano
Bei den Protesten kommt es seit Wochen zu Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und der Polizei – Dutzende kamen dabei ums Leben

Verrat geortet

Nachdem sie als erste Präsidentin von Peru vereidigt worden war, ließ sie schnell durchblicken, dass sie bis zum Ende der Wahlperiode 2026 im Amt bleiben will. Viele Kongressabgeordnete unterstützten ihr Vorhaben – wohl auch, um selbst länger ihre Parlamentssitze zu behalten. In ihrer Antrittsrede warb die neue Staatschefin vor allem um Rückhalt im Kongress statt um Vertrauen bei der Wählerbasis auf dem Land.

Für Castillos Anhängerschaft im Süden war klar: Boluarte war ihrem früheren Chef in den Rücken gefallen und verriet jetzt auch die Kleinbauern, Tagelöhnerinnen und Indigene, die Castillo einst ins Amt gehievt hatten. Gerade für die Armen hatte der einstige Bauer und Gewerkschafter auch eine große symbolische Bedeutung: Er stand für das ländliche, das indigene Peru, das sich von den europäisch geprägten Eliten in Peru stets verachtet fühlte.

EU verurteilt anhaltende Gewalt

Die EU verurteilte die anhaltende Gewalt in Peru und forderte die Behörden auf, rasch eine friedliche Lösung für die Probleme zu finden. Ein EU-Sprecher bedauerte am Samstag die hohe Zahl der Opfer seit Beginn der Proteste. „Friedliche soziale Proteste, die die Rechtsstaatlichkeit respektieren, sind in einer demokratischen Gesellschaft legitim“, hieß es in einer Erklärung. Die EU verurteile jedoch „die weit verbreiteten Gewaltakte“ sowie „die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch die Sicherheitskräfte“.

„Die EU ruft die Regierung und alle politischen Akteure auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um die Ruhe wiederherzustellen und einen umfassenden Dialog unter Beteiligung der Zivilgesellschaft und der betroffenen Gemeinschaften (…) zu gewährleisten“, hieß es weiter. Die EU begrüßte den Besuch der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IAKMR) in Peru. Diese hatte eine Untersuchung der Niederschlagung der Proteste gefordert, da es Hinweise auf „exzessive Gewaltanwendung“ gebe.

Das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte in Peru rief die Polizei zu Verhältnismäßigkeit auf. Seit Beginn der Proteste im Dezember kamen in dem südamerikanischen Land bereits mehrere Dutzend Menschen ums Leben.