WIFO-Chef Günther Felbermayr
ORF
„Gießkanne ist teuer“

WIFO-Chef für zielgerichtetere Hilfen

Ungeachtet der zuletzt leicht rückgängigen Zahlen hat der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO), Gabriel Felbermayr, am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ außer Frage gestellt, dass man auch in Österreich noch länger mit hohen Inflationsraten wird leben müssen. Auf etwaige staatliche Maßnahmen angesprochen, verweist Felbermayr darauf, dass schon viel passiert sei – die hier zum Einsatz gekommene Gießkanne sei aber nicht das effizienteste Mittel.

Felbermayr hält die mittlerweile mit rund 37 Milliarden Euro bezifferten staatlichen Hilfsmaßnahmen im Kampf gegen die laufende Teuerungs- und Energiekrise für entscheidende Werkzeuge. Es seien aber „schon große Summen“, wobei es womöglich hätte nicht so viel sein müssen, wenn die Gießkanne nicht so häufig zum Zug gekommen wäre.

Diese Kritik sei nicht neu, wie Felbermayr in diesem Zusammenhang erinnerte – bereits in der Bewältigung der Coronavirus-Krise hätte man wohl „effektiver helfen können“. Die Gießkanne sei „meistens nicht das Effizienteste“, so Felbermayr, demzufolge sollte man nun „die Voraussetzungen schaffen, dass wir bei der nächsten Krise zielgerichteter helfen können“.

Maßnahmen gegen die Teuerung

Nur mit Hilfsgeldern für die Bevölkerung lässt sich die hohe Teuerung in Österreich nicht bekämpfen, warnt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr.

„Leider noch länger hohe Zahlen“

Felbermayr bedauerte mehrfach, dass es verwaltungstechnisch nicht machbar gewesen sei, Hilfen wie die Strompreisbremse an Haushaltsgröße und Einkommenshöhen zu koppeln. Einerseits gebe es zu wenig Anreize zum Energiesparen, bekräftigte Felbermayr, und andererseits werde dadurch auch die Inflation angefacht. Und bei dieser „werden wir leider noch länger mit hohen Zahlen leben müssen, auch wenn sie zurückgehen wird“.

Das Finanzministerium habe in den vergangenen Jahren „viel ausgegeben, viele richtige Hilfen ausgezahlt, aber je mehr man unterstützt, treibt man die Nachfrage an, und das ist inflationstreibend“. Das Beispiel Energiekostenzuschuss für Unternehmen mache Felbermayr zufolge zudem deutlich, dass Maßnahmen wie diese zwar temporär durchaus sinnvoll seien – man könne gleichzeitig aber „nicht permanent Energiekosten von Unternehmen bezuschussen“.

Sorgen aufgrund hoher Inflation

Das schlimmste ist womöglich überstanden – geht es nach WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, werde man aber „noch länger mit hohen Inflationszahlen leben müssen“.

„Klar, dass Preise nachhaltig steigen“

Für heuer rechnet das WIFO mit einer Jahresteuerung von 6,5 Prozent. Möglicherweise könne die Prognose abgesenkt werden, wenn die Energiepreise auf dem jetzigen Niveau blieben. Dieses ist aufgrund gut gefüllter Gasspeicher und eines bisher milden Winters tiefer als befürchtet.

„Es ist schon klar, dass Lohnsteigerungen dazu führen, dass auch Preise nachhaltig steigen“, so Felbermayr. Aber eine Lohnpreisspirale sieht er nicht, „das Wort Spirale mag ich in diesem Zusammenhang nicht“. Die zuletzt zum Teil heiß gewordenen Kollektivvertragsverhandlungen hätten gezeigt, „dass die sozialpartnerschaftliche Lohnpolitik eigentlich funktioniert – auch in Zeiten des Stresses“. Die Kaufkraft werde dank der Abschlüsse für heuer und kommendes Jahr gesteigert.

Zu wenig Angebot im Vergleich zur Nachfrage

Es gehöre auch überlegt, wie die Mietpreissteigerungen abgeflacht werden können, so Felbermayr, es sei „nicht naturgegeben“, dass Mieten mit dem Verbraucherpreisindex steigen. Der Anstieg bei den Mieten sei schon in den vergangenen Jahren erfolgt und nun durch die Teuerung verschärft worden. Es steigen nicht nur Mieten, auch die Betriebskosten.

Grundsätzlich gebe es in den heimischen Ballungszentren zu wenig Angebot im Vergleich zur Nachfrage, was die Preise anheize. „Da würde ich vor weiteren Zuschüssen warnen, ohne darüber fundamental nachzudenken.“ Es gebe auch international Belege in Richtung einer zunehmenden Monopolisierung, es handle sich auch um ein Wettbewerbsthema.

Ruf nach Stärkung von Wettbewerbsbehörde

In dem Zusammenhang mit dem Wettbewerbsthema forderte der Wissenschaftler eine Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die auf solche Themen „sehr genau angesetzt“ gehöre. „Da gehört sicher bei den Ressourcen nachgelegt“, so Felbermayr über die Ausstattung der BWB. Es könne sein, dass es durch starke Konzentrationen Preistreiberei gebe. „Ein Blick darauf tut sicher gut.“

Mangel an Arbeitskräften beheben

Im Kampf gegen den Mangel an Arbeitskräften ist laut WIFO-Chef Gabriel Felbermayr ein Cocktail an Maßnahmen notwendig.

Dass es keine größere Reform der Arbeitslosenversicherung gibt, weil sich ÖVP und Grüne nicht einigen konnten, bedauerte der WIFO-Chef. Die Thematik müsse in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden. Zu besseren Anreizen, auch im etwas höheren Alter noch weiter zu arbeiten, sagte Felbermayr sinngemäß, dass das zwar gut sei, aber auch kein echter Hebel bezogen auf die Zahl der lukrierbaren Arbeitskräfte. Vielmehr sei hierzulande das Teilzeitniveau viel zu hoch und viel zu wenige Frauen stünden im Arbeitsleben: Eine nachhaltige Reform brauche auch einen „Cocktail an Maßnahmen“.