Wohnbauten in Wien
ORF.at/Christian Öser
Maklerprovision neu

Streit über Umgehungsmöglichkeiten

Im Dezember hat sich die Bundesregierung auf neue Regeln für Immobilienmaklerinnen und -makler geeinigt: Es soll das Bestellerprinzip gelten. Die Mietervereinigung allerdings ist unzufrieden, es gebe zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten auf Kosten der Mieter. Die Makler fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Wer den Makler bzw. die Maklerin bestellt, der soll ihn oder sie auch bezahlen – so lautet im Grundzug die Neuerung, die zahlreichen Mieterinnen und Mietern künftig die Suche erleichtern soll. Doch das Gesetz, derzeit liegt ein zweiter Entwurf vor, hat nach Ansicht der Mietervereinigung noch deutliche Lücken, die dazu führen können, dass am Ende doch der Mieter und nicht die Vermieterin in die Geldbörse greifen muss.

Im Vergleich zum ersten Entwurf, der bereits scharf kritisiert wurde, seien kaum Änderungsvorschläge eingearbeitet worden, so der Präsident der SPÖ-nahen Mietervereinigung, Georg Niedermühlbichler, am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz. Insgesamt habe es 23 Änderungen gegeben, davon hauptsächlich semantischer Art. So sei etwa im Text aus Mieter ein Wohnungssuchender geworden.

Änderungen an den Regeln habe es nicht gegeben, sagte Niedermühlbichler. Das bedeute, dass die schon vorab kritisierten Umgehungsmöglichkeiten weiter bestünden. In der Praxis werde das dazu führen, dass die Wohnungsanwärter entweder die Provision bezahlen oder die Wohnung nicht erhalten, so der Vorwurf.

Aus Versehen provisionspflichtig

Im Zweifelsfall bleibe nur der Gang vors Gericht, doch tue sich den kaum jemand an. Und der Mieter müsse beweisen dass er nicht prosivionspflichtig war, so Andreas Pöschko, Jurist bei der Mietervereinigung.

Niedermühlbichler, auch SPÖ-Politiker in Wien, nannte am Dienstag ein Beispiel: Es sei gängige Praxis, dass Makler und Vermieter oft über eine langjährige Zusammenarbeit in einem Naheverhältnis zueinander stünden. Es sei also durchaus denkbar, dass der Vermieter dem Makler diverse Objekte zur Kenntnis bringe, ohne das ausdrückliche Einverständnis zum Inserieren oder anderweitigen Bewerben zu erteilen. Dann wäre der Mieter provisionspflichtig und die Beweislast trage der Mieter.

Leerstehende Dachterrassenwohnung in Wien Mariahilf
ORF.at/Carina Kainz
Der Wohnungsmarkt bleibt ein heikles Terrain

Kritik an Strafhöhe

Niedermühlbichler verwies auch auf seiner Meinung nach zu geringe Strafen. „Dem Gesetzestext zufolge sind in Österreich bei Zuwiderhandeln gegen das ‚Erstauftraggeberprinzip‘ für Makler Verwaltungsstrafen bis zu 3.600 Euro vorgesehen. Dieser Betrag erscheint angesichts einer durchschnittlichen Provisionshöhe von rund 1.600 Euro bei Wohnungsmietverträgen und gegenüber bis zu 25.000 Euro Strafen bei der deutschen Regelung zu gering dimensioniert“, rechnete er vor.

Immobilientreuhänder erzürnt

Verärgert über eine „Kriminalisierung“ zeigte sich hingegen Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilientreuhänder im Ö1-Mittagsjournal. Denn jede von einem Vermieter über einen Makler inserierte Wohnung habe ja einen Vermieter, und der müsse zahlen – und nicht derjenige, der sie mieten möchte. Dass es zu Streitfällen kommen könne, ob ein Maklerinserat von einem Vermieter beauftragt wurde, glaubte Gollenz nicht, denn jede Beauftragung müsse schriftlich festgehalten werden.

Der Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) versicherte ebenfalls in einer Aussendung: „Selbst wenn der Makler ohne Auftrag schon eine Werbemaßnahme gesetzt hat, ist jegliche Provisionsvereinbarung unwirksam und kann zurückgefordert werden.“

Grüne sehen Fortschritt

Die Grünen verteidigten die Novelle. „Wir haben für ein Maklergesetz mit umfassendem Schutzschirm für die Mieter:innen gekämpft und uns auch durchgesetzt“, so Wohnbausprecherin Nina Tomaselli. Provisionspflichtig sei nicht die Person, die einen Auftrag gegeben habe, sondern diejenige, die den Erstauftrag gegeben habe, betonte sie. Verdeckte Kosten wie Ablösen und Besichtigungsgebühren seien ausgeschlossen.

Die SPÖ wiederum sah durchaus noch Umgehungsmöglichkeiten, die geschlossen werden müssten. Außerdem müsse die Regel, „wer den Makler beauftragt, zahlt den Makler“, nicht nur für Mietwohnungen, sondern auch beim Wohnungs- und Hauskauf gelten.

Debatte um teures Wohnen

Im April sollen viele Mieten steigen, um satte 8,6 Prozent. In der ZIB2 diskutierten dazu Thomas Ritt (Mietexperte der Arbeiterkammer) und Martin Prunbauer (Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbunds).

Ruf nach höheren Mieteinnahmen

Zu den Wohnungskosten meldete sich die Wirtschaftskammer Wien zu Wort. „Die für die Sanierung und in weiterer Folge für die Dekarbonisierung im Immobilienbereich notwendigen Finanzmittel müssen auch durch die Mieteinnahmen gedeckt sein. Die Immobilienbranche muss daher die Preissteigerungen, die durch die Inflation im Bereich Energie, Baumaterialien und Personal entstanden sind, durch ebenfalls angepasste Mieteinnahmen abdecken können“, meinte der Kammervertreter Michael Pisecky mit Verweis auf die im kommenden Frühjahr anstehende Wertsicherung der Richtwertmieten.

Richtwertmieten steigen

Auf Basis der Jahresinflation 2022 werden die Richtwertmieten mit April bzw. Mai um 8,6 Prozent höher. Dem Richtwertsystem unterliegt, wer nach dem Stichtag 1. März 1994 einen Vertrag im Altbau, errichtet vor 1945, unterschrieben hat bzw. unterschreibt und eine Anpassungsklausel in diesem Vertrag hat. Die Richtwerte sind je nach Bundesland unterschiedlich hoch.

„Ohne diese Inflationsanpassung bei den Mieten sind diese Investitionen überhaupt nicht finanzierbar. Daher sollten die Regierung und der Nationalrat keinesfalls an dieser Wertsicherungsklausel bei Mietverträgen rütteln“, so Pisecky.

Auslöser der Sorgen in der Immobilienbranche waren Aussagen von Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO). Man solle überlegen, ob die Mieterhöhungen an die richtigen Indikatoren geknüpft seien. Es sei „nicht naturgesetzlich so gegeben“, dass die Mieten mit dem Verbraucherpreisindex steigen, sagte Felbermayr in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag.

Grundsätzlich gebe es in den heimischen Ballungszentren zu wenig Angebot im Vergleich zur Nachfrage, was die Preise anheize. „Da würde ich vor weiteren Zuschüssen warnen, ohne darüber fundamental nachzudenken.“ Es gebe auch international Belege in Richtung einer zunehmenden Monopolisierung, es handle sich auch um ein Wettbewerbsthema.