Parlamentarier im Plenarsaal
ORF.at/Roland Winkler
Kampf gegen Teuerung

Nur Ziel eint Nationalrat

Die SPÖ hat in ihrem Dringlichen Antrag zur Bekämpfung der Teuerung in der Sondersitzung im Nationalrat am Mittwoch die Regierung schwer kritisiert. SPÖ-Chefin und Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner forderte unter anderem einen Gaspreisdeckel und das Einfrieren der Mieten. Zuvor war im Nationalrat von allen Fraktionen außer NEOS die Strompreisbremse für größere Haushalte beschlossen worden.

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) warnte in seiner Replik auf Rendi-Wagner im Sinne der künftigen Generationen davor, das Budget zu überfordern. Gleichzeitig zählte er die diversen Entlastungsmaßnahmen der Koalition auf. Im Ton waren die beiden Parteivorsitzenden um Sachlichkeit bemüht. „Wir als Sozialdemokraten sind hart in der Sache, klar in der Haltung und ganz respektvoll im Ton“, so Rendi-Wagner bei der Begründung des „Dringlichen Antrags“.

Sie stellte in ihrer Rede der Regierung ein denkbar schlechtes Zeugnis bei der Teuerungsbekämpfung aus und verwies darauf, wie viel besser es doch sozialdemokratisch geführte Kabinette, etwa in Spanien und Deutschland, machten. Dass gehandelt werden muss, steht für Rendi-Wagner fest. Wenn es um die Teuerung gehe, sei schon lange nicht mehr nur Energie betroffen. Es gehe um Mieten, den täglichen Einkauf, Reinigungsmittel und vieles mehr.

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Blick in den Saal am ersten Plenartag im renovierten Parlament

SPÖ auch für Aussetzen der Mehrwertsteuer

„Es geht an die Substanz und tief in die Mittelschicht.“ Die Regierung habe mit Einmalmaßnahmen reagiert. Diese hätten den Steuerzahler viel Geld gekostet, aber die Inflation nicht gedämpft und auch die Preise nicht gesenkt. „Einmal ist eben einmal und nicht nachhaltig“, so Rendi-Wagner.

Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner spricht sich in ihrer Rede für eine Gaspreisbremse und einen Mietdeckel aus.

Die SPÖ-Chefin forderte die Regierung auf, ihre Vorschläge aufzunehmen. „Es ist nicht automatisch schlecht, was von der Opposition kommt.“ Der SPÖ schweben in ihrem Dringlichen Antrag neben dem Gaspreisdeckel und der Sistierung der Mieterhöhungen etwa auch ein Aussetzen der CO2-Steuer sowie eine befristete Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel vor. Der Antrag der SPÖ wurde am Ende der Sitzung von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Nehammer warnt vor „Untergangspropheten“

Nehammer dankte Rendi-Wagner für ihren sachlichen Redebeitrag, nahm die Vorschläge der SPÖ-Chefin jedoch nicht auf. Der Kanzler referierte darüber, was die Regierung bereits geleistet habe, und warnte davor, den „Untergangspropheten“ zu trauen. Schließlich habe es ja auch Prognosen gegeben, dass die Österreicher im Winter frieren müssten und die Industrie nicht mehr produzieren könne. „All das ist nicht eingetreten.“ Dabei habe man die Abhängigkeit von russischem Gas von 80 auf 20 Prozent reduziert.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)

Bundeskanzler Nehammer zählte in seiner Rede die Maßnahmen der Regierung auf.

Geholfen habe man allen, die es brauchten, und das schnell. Der ÖVP-Chef erinnerte auch an den Teuerungsausgleich für jene, die in besonders prekären Verhältnissen leben, an die Pensionserhöhung, die doppelte Familienbeihilfe und die Erhöhung der Pendlerpauschale. Zudem habe man den Schutzschirm vor Delogierungen weiter gespannt. Die Länder hätten 500 Millionen erhalten, damit sie zusätzlichen Heizkostenzuschuss ausbezahlen könnten.

NEOS: Opposition kaum eingebunden

In der darauffolgenden Debatte äußerte die Opposition scharfe Kritik. SPÖ-Mandatar Andreas Kollross forderte die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank, sein Parteikollege Rainer Wimmer prangerte die Abschaffung der Blockvariante der Altersteilzeit an.

FPÖ-Chef Herbert Kickl formulierte das Teuerungsproblem grundsätzlicher. „Der Kern, um den sich alles dreht, sind die Russland-Sanktionen, ist der Wirtschaftskrieg, in den Sie uns hineingeführt haben.“ Es werde hier mit den „gleichen Lügen“ wie bei den CoV-Maßnahmen agiert, meinte er – und holte sich dafür den ersten Ordnungsruf im neuen Haus ab.

„Kehren wir nach einem Beitrag von Radio Moskau zurück in die österreichische Realität“, kommentierte der Grüne Markus Koza die blaue Wortmeldung. Das SPÖ-Forderungspaket sei eines, das „nicht für morgen geschnürt“ sei, denn es würde nur kurzfristig und nicht nachhaltig wirken. Wenig übrig für die Wünsche von SPÖ und FPÖ hatte auch ÖVP-Mandatar Christian Stocker, denn diese – und nicht die Maßnahmen der Koalition – würden bei ihrer Umsetzung wohl Wohlstand und Wirtschaft gefährden.

Nur Ziel eint Nationalrat

Die SPÖ hat in ihrem Dringlichen Antrag zur Bekämpfung der Teuerung in der Sondersitzung im Nationalrat am Mittwoch die Regierung schwer kritisiert. SPÖ-Chefin und Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner forderte unter anderem einen Gaspreisdeckel und das Einfrieren der Mieten. Zuvor war im Nationalrat von allen Fraktionen außer NEOS die Strompreisbremse für größere Haushalte beschlossen worden.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte, dass von Regierungsseite viel von Konsens geredet, die Opposition aber kaum eingebunden werde. Den nunmehrigen neuerlichen Strompreiszuschuss kritisierte sie als weitere Gießkannenmaßnahme. „Das kann die Linke besser, das Geld anderer Leute ausgeben“, so Meinl-Reisinger. Sie forderte eine nachhaltige Wirtschaftspolitik und strukturelle Maßnahmen zur Wiederherstellung von Österreichs Wettbewerbsfähigkeit ein.

Strompreisbremse für größere Haushalte beschlossen

Vor dem Dringlichen Antrag der Sozialdemokraten wurde die gesetzliche Ausweitung der Stromkostenbremse für Haushalte mit mehr als drei Personen beschlossen. Die Rede von SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried war von Attacken geprägt. Unter anderem ärgerte er sich, dass trotz aller Beteuerungen zur Besserung der Antrag zur Ausweitung der Stromkostenbremse erst wenige Stunden vor dem Plenum bei den Fraktionen eingelangt war.

Von „Hudriwudri-Huschpfusch“ sprach der stellvertretende NEOS-Klubobmann Gerald Loacker. Axel Kassegger (FPÖ) kritisierte die „sündteure Symptombekämpfung“ durch das Gesetz. Beschlossen wurde das Gesetz (in Form einer Abänderung des Stromkostenzuschussgesetzes) dann allerdings mit den Stimmen aller Fraktionen mit Ausnahme von NEOS.

Ausweitung auf bäuerliche und gewerbliche Haushalte

Konkret bringt der Beschluss einen weiteren Stromkostenzuschuss für größere Haushalte mit mehr als drei Personen. Pro weiteres Haushaltsmitglied werden – aufs Jahr gerechnet – 105 Euro von der Stromrechnung abgezogen. Vorgesehen ist der Zuschuss in drei Tranchen für den Zeitraum 1. Juni 2023 bis 31. Dezember 2024, in denen einmal 61,25 und zweimal 52,50 Euro gewährt werden. Funktionieren soll der Abzug für mehr als die Hälfte der etwa 700.000 betroffenen Haushalte ohne Antrag, die anderen werden verständigt.

Zusätzlich wurde beschlossen, dass die seit Dezember des Vorjahres gültige Stromkostenbremse nun auch für die bisher ausgeschlossenen bäuerlichen und gewerblichen Haushalte wirksam wird. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und ÖVP-Arbeits- und -Wirtschaftsminister Martin Kocher gaben sich erfreut.

Von der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer gab es bezüglich des verspäteten Einlangens Worte des Bedauerns. „Das soll nicht passieren“, meinte sie und verwies auf technische Schwierigkeiten in letzter Sekunde. Ansonsten zeigte sie sich hoffnungsfroh, dass man im neu sanierten Haus mehr zueinanderfinden und „stilvolle gute Debatte mit Inhalten“ führen werde.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger erinnerte daran, dass das fristgesetzte Vorhaben eigentlich erst kommende Woche im Plenum hätte behandelt werden sollen, dem sei aber die Sondersitzung zuvorgekommen. Die Maßnahme selbst verteidigte er, denn sie sei ein weiterer Schritt zu einem bestmöglichen Teuerungsausgleich.