Van der Bellen bei Rede
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Festakt im Parlament

Van der Bellen für zweite Amtszeit angelobt

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Donnerstag für eine zweite Amtszeit angelobt worden – auf den Tag genau sechs Jahre, nachdem er das höchste Amt im Staat zum ersten Mal angetreten hatte. Van der Bellen hatte die Wahl im letzten Jahr im ersten Durchgang gewonnen. Seine Rede zur Angelobung war eine Lektion in Optimismus.

Van der Bellen ist seit 26. Jänner 2017 Bundespräsident, am Donnerstag wurde er von der Bundesversammlung, dem gemeinsamen Gremium von National- und Bundesrat, zum zweiten Mal für das höchste Amt im Staat angelobt. Der 79-Jährige hatte sich bei der Wahl am 17. Oktober des Vorjahres gegen sechs Kontrahenten bereits in der ersten Runde mit 56,7 Prozent der Stimmen durchgesetzt.

Kurz nach 10.00 Uhr erklärte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Sitzung der Bundesversammlung für eröffnet. Es folgten Grußworte an Van der Bellen, die Bundesregierung und die Gäste im Parlament.

„Ich gelobe …“

Kurz darauf leistete Van der Bellen bereits seinen Eid, den erst Sobotka vorgesprochen hatte. Dieser lautet: „Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde.“ Sobotka gratulierte, gefolgt von Applaus der Gäste: „Wir begrüßen den neuen Herrn Bundespräsidenten als unser Staatsoberhaupt.“

Das Parlament von innen
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Van der Bellen legte seinen Eid vor dem vollen historischen Sitzungssaal des neu renovierten Parlaments ab

Lektion in Optimismus und Solidarität

Er freue sich, dass er „nach sechs Jahren wieder hier sein darf“, das habe er seinen Wählerinnen und Wählern zu verdanken. „Hier steh‘ ich also in diesem neu erstrahlenden Haus der Demokratie.“ Der Bundespräsident leitete seine Rede etwas ironisch ein mit der Frage, ob und wie er die Erwartungen an seine Rede werde enttäuschen können.

Antrittsrede von Alexander Van der Bellen

In seiner Rede appellierte der Bundespräsident, mit Hoffnung in die Zukunft zu Blicken. Angst kenne keine Zukunft. Der wirtschaftliche Zusammenbruch, der in der Pandemie angekündigt wurde, sei nicht eingetreten. Es gelte die Demokratie hochzuhalten, gegen den Klimawandel zu kämpfen und die westliche Art zu leben zu verteidigen.

Es wurde allerdings recht rasch ernst: Die Gesellschaft laufe Gefahr, die Zukunft abzuschaffen, sagte Van der Bellen. Manche glaubten in der aktuellen Situation „nicht mehr an die Wendung zum Guten“, einige hätten das Gefühl, „die Zukunft war einmal, bei den Eltern“ – „no future“. Nein, es gehe darum, ein Bild der Zukunft zu entwerfen, auf die man sich freuen könne. „Angst lässt uns erstarren“, sagte Van der Bellen. „Lassen wir uns nicht von der Angst unsere Zukunft diktieren!“

„Wir könne noch viel mehr schaffen"

Wie viel der befürchteten Katastrophen eingetreten sei, fragte der Bundespräsident. „Nicht viel.“ Die Wirtschaft sei gewachsen, „mehr als die größten Optimisten zu träumen wagten“. Die Arbeitslosenrate sei die niedrigste seit Jahren. „Wer hätte das gedacht?“ Und weiter optimistisch: „Aber wir haben es geschafft, wir alle“, sagte Van der Bellen, „nicht weil wir gemeinsam gejammert haben“, sondern weil man gemeinsam gehandelt habe. „Und wir können noch viel mehr schaffen.“

Van der Bellen bei Rede
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Van der Bellens Appell: „Lassen wir uns nicht von der Angst unsere Zukunft diktieren!“

Rund tausend geladene Gäste im Parlament

Zu der Angelobungszeremonie waren rund tausend Gäste in den historischen Sitzungssaal des nach seiner Generalsanierung eben erst wiedereröffneten Parlaments eingeladen. Neben Van der Bellen und Nationalratspräsident Sobotka kam dabei auch der Vorsitzende des Bundesrats, Günter Kovacs (SPÖ), zu Wort.

Regierungsmitglieder bei Angelobung
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Die Bundesregierung während der Angelobungszeremonie

Sobotka gratulierte Van der Bellen in seiner Rede zur Wiederwahl und dankte für die gute Zusammenarbeit mit dem Parlament. Der Bundespräsident habe in den vergangenen Jahren vielfältige Herausforderungen zu bestehen gehabt. „Auf der festen Grundlage unserer Verfassung, die Sie mehrmals apostrophierten und mit dem Attribut der Schönheit versahen, haben Sie einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, Stabilität in unserem Heimatland zu gewährleisten“, lobte er ihn.

Lob vom Bundesratsvorsitzenden

Sobotka warnte vor Gefahren für die Demokratie, auf diese müsse es klare Antworten geben: „Sehr geehrter Herr Bundespräsident, seien Sie uns auch darin Leitbild und Vertrauensgeber!“ Kovacs lobte ähnlich die Besonnenheit und Umsichtigkeit Van der Bellens.

Glaubwürdigkeit, Integrität, Transparenz in den Entscheidungen, ein respektvoller Umgang miteinander sowie ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen seien Bestandteile einer „Demokratie der Nähe“, sagte er. Van der Bellen sei ein Vorbild für diese Prinzipien. In „stürmischen Zeiten“ gebe er Österreich Halt, womit die aktuellen Krisen bewältigbar würden und die Menschen mit Hoffnung in die Zukunft blicken könnten, so Kovacs.

Militärischer Festakt mit Flaggenparade

Im Anschluss an den parlamentarischen Teil gab es für den Bundespräsidenten – er ist der Oberbefehlshaber des Bundesheeres – einen militärischen Festakt mit Flaggenparade und Totengedenken auf dem Wiener Heldenplatz, inklusive Empfang von Van der Bellens Heimatbundesland Tirol.

Musiker im Parlament
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Umrahmt wurde der Festakt von der Musikuniversität Wien

Am Nachmittag schließlich bekommt Van der Bellen Besuch von der Bundesregierung in der Präsidentschaftskanzlei. Der Konvention entsprechend wird sie ihm dabei ihren Rücktritt anbieten – was gleichfalls traditionsgemäß abgelehnt wird. Symbolträchtig ist dann der erste Termin am Tag nach der Angelobung: Statt eines Staatsbanketts gibt es ein Mittagessen mit Schülerinnen und Schülern der Mittelschule Sonntagberg (Niederösterreich) unter der Devise „Bankett mit der Zukunft“.

Klar auf Distanz zu Kickl

Am Tag vor seiner zweiten Angelobung war Van der Bellen klar auf Distanz zu FPÖ-Chef Herbert Kickl gegangen. Dieser könne sich bei einem allfälligen Wahlsieg – die FPÖ liegt derzeit in Umfragen auf Platz eins – nicht sicher sein, automatisch den Auftrag zur Regierungsbildung zu bekommen, sagte der 79-Jährige in einem ORF-Interview – sehr zum Missfallen der Freiheitlichen.

Er werde „eine antieuropäische Partei, eine Partei, die den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verurteilt, nicht durch meine Maßnahmen noch zu befördern versuchen“, hatte Van der Bellen Mittwochabend in der ORF-Sendung „20 Fragen“ gesagt. Er lege den Amtseid nicht nur auf die Verfassung ab, sondern sei auch seinem Gewissen verpflichtet.

Für FPÖ „willkürliche Verweigerung“

Kickl reagierte umgehend via Facebook. Offenbar solle nicht der Wählerwille in Sachen Regierungsbildung entscheiden, „sondern die persönliche Willkür einer einzelnen Person“, postete er. Kritik kam am Donnerstag auch von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Eine „willkürliche Verweigerung des Regierungsbildungsauftrags“ durch den Bundespräsidenten wäre nicht nur der Bruch mit einer seit Bestehen dieser Republik gelebten Usance, sondern ein zutiefst „antidemokratischer und autoritärer Akt“, so Hafenecker.