Leopard Panzer bei Übung
AP/Mindaugas Kulbis
Ukraine

Panzerlieferung als Rennen gegen die Zeit

Mehr als 100 Panzer haben westliche Länder dieser Tage der Ukraine zugesagt. Doch die tatsächliche Lieferung wird auch ein Rennen gegen die Zeit. Denn sobald es Wetter und Temperaturen zulassen, wird eine Frühlingsoffensive der russischen Truppen erwartet – und auch die Ukraine will wohl das Ruder in die Hand nehmen. Wann die Panzer einsatzfähig zur Verfügung stehen, ist von Geberland zu Geberland verschieden – und es kann mitunter sehr lange dauern.

Am schnellsten will Polen liefern: Die Regierung in Warschau geht davon aus, dass 14 Leopard-Kampfpanzer der polnischen Armee bereits in wenigen Wochen an die Ukraine geliefert werden können. Es brauche eigentlich nur noch die Einschulung der ukrainischen Soldaten, sagte Vizeverteidigungsminister Wojciech Skurkiewicz.

Tatsächlich ist die Ausbildung einer der relevanten Punkte bei der Frage, wie schnell die Panzer zur Verfügung stehen. Die Ukraine kämpft bisher vor allem mit Panzern russischer bzw. sowjetischer Bauart, der modernere Leopard ist deutlich anders zu bedienen. Die Einschätzungen gehen auseinander, generell gehen Experten davon aus, dass Soldaten nach drei bis acht Wochen Training das Militärgerät beherrschen können.

Deutschland peilt Anfang April an

Das ist auch ein Punkt, wieso Deutschland davon ausgeht, seine 14 versprochenen Leopard-Panzer erst Ende März/Anfang April übergeben zu können. Die Ukraine werde die Panzer zum „Ende des ersten Quartals“ erhalten, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Truppenbesuch in Sachsen-Anhalt am Donnerstag. Das dürfte „rechtzeitig“ in Hinblick auf die befürchtete russische Frühjahrsoffensive sein.

Pistorius bekräftigte, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten am Marder-Schützenpanzer, der gleichfalls geliefert werden soll, noch im Jänner beginnen solle. Beim Leopard werde das „etwas später sein“. Der Verteidigungsminister stellte auch klar, dass Deutschland ein ganzes Paket übergebe, also Panzer inklusive Ausbildung, Ersatzteile und Munition.

Deutschland will Ende März Panzer liefern

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hat bei einem Truppenbesuch in Sachsen-Anhalt bestätigt, dass Deutschland die 14 versprochenen Leopard-Panzer Ende März/Anfang April an die Ukraine übergeben wird. Der Verteidigungsminister stellte klar, dass Deutschland ein ganzes Paket übergebe, also Panzer inklusive Ausbildung, Ersatzteile und Munition.

Munitionsversorgung als Herausforderung

Letztere könnte zur logistischen Herausforderung werden: Der Leopard – und praktische alle anderen westlichen Panzer, die die Ukraine erhalten könnte – verwendet die 120-mm-NATO-Standardmunition, die derzeit in Verwendung befindlichen russischen Panzer in der ukrainischen Armee allerdings 125-mm-Munition.

Das heißt, dass die Ukraine von regelmäßigen Munitionslieferungen, die auch ankommen müssen, abhängig ist. Allerdings wurde die Frage der Munition bereits vor einiger Zeit im Krieg relevant. Beiden Kriegsparteien gehen langsam die Reserven aus – und auch viele westliche Vorratslager gehen zur Neige.

Zusagen mit teils unklarem Zeithorizont

Zusagen zu Leopard-Lieferungen gibt es indes aus weiteren Ländern – wenn auch mit teilweise unklarerer Stückzahl und noch nicht fixiertem Zeithorizont: So zeigte sich Spanien zur Lieferung bereit, Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte aber am Donnerstag in Madrid, man müsse erst „prüfen, welche davon in Betrieb genommen werden können, um die Lieferung zu planen“. Zudem müssten die „seit Langem stillgelegten“ Panzer zunächst instand gesetzt werden.

Kanada will in einem ersten Schritt ebenfalls vier Leopard-Panzer ins Kriegsgebiet schicken. Die Lieferung werde „in den kommenden Wochen“ erfolgen, sagte Verteidigungsministerin Anita Anand am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Ottawa. Zudem sollten kanadische Soldaten ihre ukrainischen Pendants bei der Inbetriebnahme der Panzer unterstützen. Kanada denke darüber nach, später noch mehr Panzer zu schicken.

Auch die norwegische Regierung will der Ukraine Panzer überlassen, sagte Verteidigungsminister Björn Arild Gram am Mittwochabend im norwegischen Rundfunksender NRK. Auch hier ist unklar, wie viele geliefert werden. Die Niederlande erwägen, 18 von Deutschland geleaste Leopard-2-Panzer zu kaufen und der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Finnland und Schweden signalisierten auch Bereitschaft, sich zu beteiligen.

Briten wollen demnächst liefern

Der britische Premierminister Rishi Sunak hatte bereits Mitte Jänner angekündigt, der ukrainischen Armee 14 Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 zu liefern. „Ziel ist, das bis Ende März zu schaffen“, sagte Verteidigungsstaatssekretär Alex Chalk am Donnerstag im Unterhaus in London. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Fahrzeugen soll bereits am Montag starten. Der Challenger verwendet andere Munition als der Leopard, daher ist auch hier die Logistik aufwendiger.

Frankreich schließt eine Lieferung der französischen Kampfpanzer Leclerc in die Ukraine nicht aus. „Was die Leclerc angeht, ist nichts ausgeschlossen“, sagte Präsident Emmanuel Macron bereits am Sonntag. Dänemark will schon seit Monaten 20 Piranha-Radschützenpanzer an die Ukraine liefern. Bisher sperrte sich aber Hersteller Schweiz dagegen. Nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen.

US-Panzerlieferung wird „Monate“ dauern

Bei den im Frühjahr erwarteten intensivierten Kampfhandlungen dürften die von den USA versprochenen 31 Abrams-Panzer keine Rolle spielen. Bisher hatte sich die US-Regierung verweigert, das moderne Kriegsgerät an die Ukraine zu liefern, und mit der schweren Bedienbarkeit und dem nötigen Kerosintreibstoff argumentiert. Nun hat man sich doch zur Lieferung durchgerungen, allerdings dürften bis zu einer tatsächlichen Auslieferung der Kampfpanzer „Monate“ vergehen, wie eine US-Regierungsvertreterin warnte. Manche Experten sprechen von bis zu einem Jahr.

Denn die Abrams werden nicht direkt aus Beständen der US-Armee kommen, sondern über die Ukraine Security Assistance Initiative (USAI) der USA organisiert. Dabei bestellt und finanziert die US-Regierung für die Ukraine neue Rüstungsgüter. Darüber regt sich Kritik: „Diese Verzögerung ist schwer zu verstehen, wenn man bedenkt, dass die Marines ihre Abrams-Panzer ausmustern“, schreibt etwa das „Wall Street Journal“.

Die USA widersprechen der Auffassung, dass es sich um einen „symbolischen“ Akt handeln könnte. Es sei falsch zu behaupten, dass die Lieferzusage der USA nur dazu gedient habe, den Weg für Panzerlieferungen von Verbündeten frei zu machen, sagte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh am Donnerstag. Die US-Kampfpanzer würden der Ukraine auf dem Schlachtfeld einen Vorteil verschaffen.

Riskanter Transport ins Land

Doch selbst wenn alle Vorbereitungsschritte abgeschlossen sind, wartet am Ende eines der größten Probleme: die Lieferung selbst. Denn schweres Gerät von Russland unbemerkt ins Land zu bringen ist nicht einfach. Die Furcht, dass Russland Straßen, Eisenbahnlinien und Zwischenlager für das Material ins Visier nehmen könnte, hat dazu geführt, dass die Fahrzeuge in der Regel getarnt sind oder im Dunkeln fahren.

Die meisten Waffen würden entweder auf Eisenbahnwaggons oder auf Tiefladern transportiert, schreibt die „New York Times“. Schienenverkehr sei der schnellste und sicherste Weg, um Panzer zu transportieren, da lange Lkw-Konvois höchstwahrscheinlich die Aufmerksamkeit Russlands auf sich ziehen würden.

Polen auch für Kampfflugzeuge der NATO

Bereits mehrmals wurden Lieferungen von Russland angegriffen, der größte Schaden dürfte dabei im April beim Bombardement eines Zwischenlagers zwischen Lwiw und polnischer Grenze entstanden sein. Die „New York Times“ schreibt auch, dass westlichen Lieferanten das Risiko des Transports zu hoch sei und deshalb die ukrainischen Truppen selbst die Waffen aus Depots im NATO-Gebiet abholen müssen.

Polen würde nach eigenen Angaben unterdessen auch unterstützen, wenn die NATO die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine beschließen sollte. „Ich glaube, wir, die NATO, müssen mutiger sein“, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Donnerstag dem französischen Sender LCI. Man dürfe keine Angst davor haben, der Ukraine Raketen- und Luftabwehrbatterien zu liefern, und zwar zur Stationierung auf ihrem gesamten Territorium.