Israelische Soldaten stehen hinter Absperrband
APA/AFP/Ahmad Gharabli
Nach Anschlägen

Neue Anti-Terror-Maßnahmen in Israel

Zwei Anschläge in Ostjerusalem, ein weiterer Angriffsversuch im Westjordanland: Die jüngsten Gewaltausbrüche im Nahost-Konflikt haben in vielen Ländern Sorgen ausgelöst. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte eine „starke“ Antwort an. Noch am Abend beschloss das Sicherheitskabinett neue Maßnahmen zur Terrorbekämpfung.

So sollen israelische Bürger etwa leichter und schneller Lizenzen für Schusswaffen bekommen, wie das Büro Netanjahus in der Nacht auf Sonntag mitteilte. Details dazu, wie genau die Erleichterungen für den Waffenerwerb aussehen sollen, gab es nicht. Das Sicherheitskabinett war Samstagabend zusammengekommen, um sich mit der Lage nach den Terrorangriffen zu befassen.

Bei der Sitzung wurde auch beschlossen, Angehörigen von Attentätern, die Terrorismus unterstützen, Sozialversicherungsansprüche und Gesundheitsleistungen zu entziehen. Ob und wie genau überprüft werden soll, ob jemand Terrorunterstützer ist, ist noch unklar. Weiterhin wurde beschlossen, dass Armee und Polizei gezielt illegale Waffen einsammeln sollen. Weitere Schritte, um etwa „Siedlungen zu stärken“, werden demnach zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

Bei der Kabinettssitzung der israelischen Regierung am Sonntag sagte Netanjahu: „Unsere Antwort auf Terror sind eine harte Hand und eine starke, schnelle und gezielte Reaktion.“ Man suche aber keine Eskalation, so der Regierungschef. Er kündigte eine Ausweitung des israelischen Siedlungsprojekts in den besetzten Gebieten an. Damit wolle man „den Terroristen, die uns aus unserem Land entwurzeln wollen, klarmachen, dass wir hier bleiben“. Israel werde zudem Angehörigen von Attentätern, die Terror unterstützten, soziale Rechte entziehen. Weitere mögliche Schritte seien der Entzug israelischer Identitätskarten und des Aufenthaltsrechts.

Tote und Verletzte bei zwei Angriffen

Am Freitag hatte ein Angreifer das Feuer auf Besucher einer Synagoge in Ostjerusalem eröffnet. Sieben Menschen starben, mehrere wurden verletzt. Der Attentäter wurde nach Angaben der Polizei auf der Flucht erschossen. Am Samstag verletzte ein 13-Jähriger bei einem Angriff auf Siedler im Ostjerusalemer Stadtteil Silwan zwei Männer durch Schüsse.

Am Samstag gab laut israelischem Militär ein Mann in einem Restaurant in der Nähe der Stadt Jericho im Westjordanland einen Schuss ab. Medien berichteten, er habe anschließend Probleme mit seiner Waffe gehabt. Das verhinderte womöglich weitere Schüsse – und Opfer. Streitkräfte fahnden derzeit nach dem Mann. Verletzt worden sei niemand.

Israel: Neue Maßnahmen gegen Terror

Zwei Anschläge in Ostjerusalem, ein weiterer Angriffsversuch im Westjordanland: Die jüngsten Gewaltausbrüche im Nahost-Konflikt haben in vielen Ländern Sorgen ausgelöst. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte eine „starke“ Antwort an. Am Samstag beschloss das Sicherheitskabinett neue Maßnahmen zur Terrorbekämpfung.

„Auf jedes Szenario vorbereitet“

„Wir suchen keine Eskalation, aber wir sind auf jedes Szenario vorbereitet“, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Samstagabend bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts, die sich mit der Lage nach den Terrorangriffen befassen wollte. „Mein Herz bricht bei der Nachricht von den schrecklichen Terroranschlägen am Schabbat in Jerusalem“, sagte Israels Präsident Jizchak Herzog. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz zeigte sich nach den Angriffen entsetzt. „Die Nachrichten über die schrecklichen Attentate in Jerusalem erschüttern mich zutiefst“, schrieb er auf Twitter.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte den „entsetzlichen Angriff“ aufs Schärfste und zeigte sich „zutiefst besorgt wegen der Gewaltspirale in den vergangenen Tagen“. „Der Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem führt schmerzlich vor Augen, dass wir weiterhin entschlossen gegen Antisemitismus und Terrorismus kämpfen müssen“, twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka verurteilte die terroristischen Angriffe. „Es ist entsetzlich, dass unschuldige Menschen nach einem Gottesdienst in einer Synagoge angegriffen wurden – und das ausgerechnet am internationalen Holocaust-Gedenktag“, erklärte Sobotka nach Angaben seines Sprechers.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte das „zynische Verbrechen“ am Gedenktag für den Völkermord der Nazis an den Juden. Nach Angaben des 45-Jährigen, der jüdische Wurzeln hat, ist auch eine ukrainische Frau unter den Opfern.

Israelische Polizisten und Polizistinnen nach dem Anschlag auf einer Synagoge in Jerusalem
AP/Mahmoud Illean
Polizisten sicherten den Ort des Angriffs bei einer Synagoge am Freitagabend

Palästinensische Führung macht Israel verantwortlich

Jordanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate verurteilten den Anschlag ebenfalls. Auch Saudi-Arabien, das mit Israel keine diplomatischen Beziehungen unterhält, teilte mit, „jegliche Angriffe auf Zivilisten“ zu verurteilen. Viele Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland reagierten dagegen mit Freudenfeiern auf den Terroranschlag vom Freitag. Die palästinensische Führung ließ in einer Erklärung verlauten, Israel sei „voll verantwortlich für die gefährliche Eskalation“. In diesem Jahr seien bereits 31 Palästinenser getötet worden. Die Menschen, darunter mehrere Jugendliche, starben in Zusammenhang mit Militäreinsätzen und eigenen Anschlägen.

Erst am Donnerstag waren bei einer Razzia israelischer Soldaten im Westjordanland neun Menschen getötet worden, darunter Mitglieder der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Es war einer der tödlichsten Militäreinsätze seit Jahren in dem palästinensischen Autonomiegebiet.

Polizeiminister will Bürger „besser bewaffnen“

Netanjahu forderte seine Landsleute erneut dazu auf, das Gesetz nicht selbst in die Hand zu nehmen, sondern die Armee, die Regierung und die Sicherheitskräfte ihre Arbeit machen zu lassen. Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte zuvor verlangt, Bürger „besser zu bewaffnen, um solche Anschläge zu vermeiden“. Ben-Gvir gilt als politischer Brandstifter und wurde bereits wegen rassistischer Hetze und Unterstützung einer jüdischen Terrororganisation verurteilt.

Gegen die neue ultrarechte Regierung und ihre geplante Reformen im Justizsystem protestierten am Samstagabend Medienberichten zufolge wieder Zehntausende Menschen im ganzen Land. Demonstranten zündeten dabei zum Gedenken an die Terroropfer Kerzen an. Zudem hielten sie eine Schweigeminute für die Getöteten ab. Einige Beobachter warnen angesichts der geplanten Reform vor einem Ende der israelischen Demokratie.