Lebensmitteleinkauf im Supermarkt
ORF.at/Patrick Bauer
Auch bei NÖ-Wahl

Politik im Teuerungsdilemma

Das große Thema bei der niederösterreichischen Landtagswahl war die Inflation. Offenbar fruchteten die Versuche der Bundesregierung, die Teuerungswelle abzufedern, ebenso wenig wie jene der mit Zuwendungen und Beihilfen großzügig agierenden niederösterreichischen Landesregierung. Einmalzahlungen dürften schnell vergessen werden, wenn einem die hohen Preise täglich vor Augen geführt werden.

Familienbonus, Teuerungsbonus, Teuerungsausgleich, Teuerungsabsetzbetrag: Mit Einmalzahlungen hat die Bundesregierung versucht, die Folgen der Teuerung zu lindern. Strukturelle Maßnahmen wie die Strompreisbremse, die Valorisierung von Sozialleistungen und die Abschaffung der kalten Progression haben sich noch kaum im Geldbörsel der Österreicherinnen und Österreicher niedergeschlagen.

Demgegenüber begegnen der Bevölkerung die erhöhten Preise tagtäglich: beim Einkauf, in der Gastronomie, an der Tankstelle. Dass in der ORF-SORA-Wahltagsbefragung die Teuerung Sorgenthema Nummer eins bei der Wahl war, ist dementsprechend keine Überraschung. Es war das meistdiskutierte Thema, am deutlichsten bei jenen, die eine Verschlechterung der Situation in NÖ wahrnahmen.

Viele Beihilfen, wenig Wirkung bei der Wahl?

Das wusste man auch schon vor der Wahl, vielleicht auch deswegen fielen die zusätzlichen Leistungen in Niederösterreich noch größer aus als anderswo: Ab Oktober gab es einen zusätzlichen Strompreisrabatt. Heizkostenzuschuss, Wohn- und Pendlerbeihilfe sowie Schulstartgeld gab es auf Antrag.

Gebracht hat es der ÖVP-Landesregierung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner aber wohl zu wenig. Ganz ungeachtet, ob politische Maßnahmen tatsächlich helfen oder nicht: Bei der Entscheidung in der Wahlzelle kommt es darauf an, ob die Wählerinnen und Wähler auch glauben, dass ihnen die politischen Maßnahmen etwas bringen. Und bei der psychologischen Wirkung der Teuerung ist die Antwort auf diese Frage wohl ein „Nein“ oder ein „Zu wenig“.

Dass die Teuerung Grund zur Sorge ist, trifft laut ORF-SORA-Befragung wenig überraschend vor allem auf jene zu, die angaben, mit ihrem Einkommen eher schlecht auszukommen.

Kein triviales Problem

Österreich ist jedenfalls nicht das einzige Land, in dem die Regierung versucht, die Teuerung in den Griff zu bekommen. Nationalstaatliche Lösungen sind auch nicht trivial, bei einem globalen Problem, das von Zinsentscheidungen und Weltmärkten – und damit der globalen Politik und Wirtschaft beeinflusst wird.

Viele europäische Länder arbeiten ebenfalls mit Zuwendungen, andere stärker mit Preisdeckeln – und bremsen. Frankreich etwa deckelte Strom- und Gaspreise schon 2021. Damit wurde die Inflation im europäischen Vergleich zwar gedämmt, national stieg sie dennoch auf Rekordniveau. Auch Mieterhöhungen wurden – ähnlich wie in Portugal und Spanien – limitiert.

Wohl keine Patentrezepte

Andere Länder setzten auf Preisdeckelung bei Lebensmitteln, etwa Kroatien und Ungarn. Vor allem Ungarn kämpft mit einer Inflation von über 20 Prozent, der Preisdeckel für Lebensmittel verhindert womöglich eine noch höhere Rate – aber mehr auch nicht. Der staatliche Eingriff in freie Märkte ist zudem auch politisch ein umstrittenes Thema.

Patentrezepte dürfte es aber keine geben, jedes Land hat schließlich andere Ausgangslagen und Strukturen. Gänzlich bändigen konnten die jeweils gesetzten Maßnahmen die Inflation fast nirgendwo, schließlich lassen sich wohl nie alle preistreibenden Faktoren regeln. Als politischer Maßstab für den Erfolg muss man aber nicht nur auf die Wirtschaftsdaten blicken, sondern auf Umfragen und vor allem Wahlergebnisse.

SPÖ fordert Stopp der Mieterhöhungen

Das niederösterreichische Wahlergebnis samt Motivumfragen wird nun aber wohl die Debatte auch in Österreich neu anheizen. Die SPÖ etwa drängt erneut darauf, die im April anstehende Erhöhung der Richtwertmieten zu stoppen. Schon vor rund einer Woche im Nationalrat hatte die SPÖ auch erneut einen Gaspreisdeckel, ein Aussetzen der CO2-Steuer sowie eine befristete Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel gefordert.

FPÖ-Klubvize Erwin Angerer sprach sich umgehend gegen eine „Belastung von Vermietern“ aus. Als Maßnahmen gegen die Teuerung sieht er – wie es auch das Wahlprogramm der FPÖ Niederösterreich neben Preisdeckel für Strom, Gas, Sprit und Grundnahrungsmittel beschreibt – ein „Aus für die unsäglichen Russland-Sanktionen, eine Abkehr von der wirtschaftsschädigenden Klimadiktatur oder ein klares Nein für eine Mitfinanzierung und Waffenlieferung für den Ukraine-Krieg“.