Containerhafen in China
AP/Imaginechina/He Huawen
IWF-Prognose

„Positive Überraschung“ für Weltwirtschaft

Die Weltwirtschaft wird die Folgen des Krieges in der Ukraine und die weiterhin hohe Inflation etwas besser verkraften als zunächst befürchtet. Das liege nicht zuletzt an den Entwicklungen in China, hieß es am Dienstag in der aktualisierten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Weltwirtschaft. Insgesamt gebe es „positive Überraschungen“ und eine „unerwartet hohe Widerstandsfähigkeit“ in zahlreichen Volkswirtschaften. Es könnte sich um einen „Wendepunkt“ handeln.

Die Weltwirtschaft dürfte heuer um 2,9 Prozent wachsen, also um 0,2 Prozentpunkte mehr als noch im Oktober angenommen. Deutlich sinken sollte heuer die Inflation. Dass die Weltwirtschaft doch stärker wachsen dürfte, liegt dem Bericht zufolge auch daran, dass Europa die Energiekrise durch den Krieg in der Ukraine besser verkraftet hat als erwartet. Generell sei trotz heftigen Gegenwindes das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal 2022 in zahlreichen Volkswirtschaften überraschend stark gewesen – darunter in den Vereinigten Staaten und im Euro-Raum.

Der IWF erwartet heuer kein Abrutschen der Weltwirtschaft in eine Rezession – eine Option, welche die Ökonomen im Herbst nicht ausgeschlossen hatten. IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas zufolge könnte die aktuelle Prognose einen „Wendepunkt“ darstellen und das Wachstum seinen Tiefpunkt erreichen, während die Inflation zurückgehe. Chinas Abkehr von der Null-Covid-Strategie könnte den Weg zu einer Erholung der weltweiten wirtschaftlichen Lage ebnen, heißt es in dem Bericht.

WIFO-Schnellschätzung: Rückgang im vierten Quartal

Die heimische Wirtschaftsleistung sank indes laut Schnellschätzung des WIFO vom Dienstag im vierten Quartal 2022. Gegenüber dem Vorquartal ging sie um 0,7 Prozentpunkte zurück. Damit war die Wirtschaftsleistung nach drei Quartalen positiven Wachstums erstmals rückläufig. Im Jahresabstand stieg sie um 2,7 Prozent. „Dieses hohe Wachstum ergibt sich aufgrund des niedrigeren Niveaus im Vorjahr, wo Maßnahmen des vierten Lockdown im Rahmen der Covid-19-Pandemie die wirtschaftliche Aktivität in Österreich belasteten“, so das WIFO.

Während Dienstleistungsbereiche und der Konsum der privaten Haushalte die Konjunktur belasteten, verlief die Entwicklung in Industrie und Außenhandel den Wirtschaftsforschern zufolge noch stabil. In der Bauwirtschaft wurde ein Rückgang von 0,9 Prozent verzeichnet. Im Bereich Handel, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie lag die Wertschöpfung um 2,7 Prozent unter dem Vorquartal.

Spiegelbildlich ging die Konsumnachfrage der privaten Haushalte zurück. „Die hohen Verbraucherpreise belasteten hier die Entwicklung deutlich“, so das WIFO in seiner Schnellschätzung. Stabilisierend habe die Wertschöpfung in den Bereichen Information und Kommunikation, Finanz- und Versicherungsleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen gewirkt.

Welche Risiken bestehen

Der weltweite Ausblick für das laufende Jahr hat sich laut IWF-Prognose nicht weiter eingetrübt. „Das sind gute Nachrichten, aber noch nicht genug“, so Gourinchas. Schließlich liege das für heuer prognostizierte Wirtschaftswachstum im Vergleich mit den vergangenen zwei Jahrzehnten unter dem „historischen Durchschnitt“. Das gilt auch für die im Jahr 2024 erwarteten 3,1 Prozent Wachstum. 2022 lag das Wachstum bei 3,4 Prozent, 2021 bei 6,2 Prozent

Risiken für die Weltwirtschaft bestehen allerdings weiter – unter anderem durch eine mögliche Eskalation im Krieg Russlands gegen die Ukraine und durch eine höhere Inflation. Auch weitere CoV-Infektionswellen in China könnten die Lage verschlechtern, ebenso eine starke Abkühlung auf dem dortigen Immobilienmarkt. Des Weiteren sei eine Schuldenkrise aufgrund der strengen Geldpolitik der Zentralbanken nicht auszuschließen.

Teuerung sollte weiter sinken

„Der Kampf gegen die Inflation zahlt sich allmählich aus“, sagte der IWF-Chefökonom. Die Notenbanken, die zuletzt rund um den Globus die Zinsen ungewöhnlich schnell angehoben hatten, müssten ihre Anstrengungen fortsetzen. Der Gegenwind sei aber weniger stark als noch im Oktober. Die Teuerungsrate soll heuer auf 6,6 Prozent sinken und nächstes Jahr auf 4,3 Prozent. Sie lag 2022 bei 8,8 Prozent.

Regional zeigt die Prognose deutliche Unterschiede. Innerhalb Europas dürfte Deutschland verglichen mit anderen EU-Staaten 2023 schwach abschneiden – mit einem Plus von 0,1 Prozent. Allerdings wurde im Oktober noch von einem kleinen Minus ausgegangen. Frankreich, Italien und Spanien werden laut IWF mehr wachsen. Im kommenden Jahr sollte die deutsche Wirtschaft dann um 1,4 Prozent zulegen.

Alle Augen auf Indien und China gerichtet

„Indien bleibt ein Lichtblick“, sagte Gourinchas. Die Hälfte des erwarteten weltweiten Wachstums dürfte allein auf die beiden großen Schwellenländer Indien und China entfallen. Die USA und die Euro-Zone kämen nur auf ein Zehntel des gesamten Wachstums.

Die Wirtschaft in China wird laut IWF 2023 um 5,2 Prozent wachsen, 2024 um 4,5 Prozent. Für Indien werden 6,1 und dann 6,8 Prozent erwartet. Auffällig ist auch, dass die Prognosen für Russland deutlich verbessert wurden. Nach einer 2022 um 2,2 Prozent schrumpfenden Wirtschaft wird nun mit Plus-Raten von 0,3 und dann 2,1 Prozent gerechnet.

Für Großbritannien wird mit einer deutlich negativeren Entwicklung gerechnet als zuletzt gedacht – 2023 mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent. 2024 sollte es dann wieder ein Wachstum geben. Die USA als größte Volkswirtschaft der Welt dürften 2023 und 2024 um 1,4 und 1,0 Prozent zulegen.