Running-Sushi
Getty Images/iStockphoto/Mof
Eklige Videos aus Lokalen

„Sushi-Terror“ widert Japan an

Ein Kunde leckt sich die Finger ab und tatscht dann auf vorbeifahrendes Sushi. Ein anderer gibt heimlich scharfes Wasabi auf das Essen am Laufband. Videos wie diese aus Running-Sushi-Restaurants kursieren in Japan derzeit massenweise in sozialen Netzwerken. Der „Sushi-Terror“ sorgt nicht nur für Ekel, sondern auch für Börsenverluste und rechtliche Konsequenzen.

Die „Terrorismus“-Welle ausgelöst hat ein Video, das Ende Jänner in der Stadt Gifu in einer Filiale der führenden Sushi-Kette Sushiro entstand. Es zeigt einen Teenager, der Sojasaucenflaschen und Teetassen ableckt, ehe er beides auf das Fließband zurückstellt, sich die Finger abschleckt und auf ein vorbeilaufendes Stück Fisch tatscht. Das Video wurde ursprünglich in einer Instagram-Story geteilt, verbreitete sich dann rasant online und tauchte schließlich auch in den Nachrichten auf. Auf Twitter wurde der Clip über 93 Millionen Mal angeklickt.

Sushiro erklärte, der Jugendliche habe sich gemeinsam mit seinen Eltern inzwischen entschuldigt. Dennoch sei Anzeige erstattet worden: „Als Unternehmen werden wir sowohl in Straf- als auch in Zivilsachen entschlossen reagieren“, zitierte die BBC die Sushi-Kette. Schließlich sei der Ruf geschädigt worden, die Aktien des Unternehmens fielen in den Tagen, nachdem das Video bekanntgeworden war, um fünf Prozent.

Alle Sojasoßenflaschen in dem betroffenen Restaurant wurden laut Sushiro inzwischen ausgetauscht und alle Tassen gesäubert. Zudem wurden neue Regeln erlassen: Kunden und Kundinnen müssen sich in bestimmten Restaurants Gewürze und Besteck holen, statt sie bereits auf dem Tisch vorzufinden. Landesweit können sie künftig auf Anfrage auch desinfiziertes Geschirr erhalten.

Entwendetes Essen

Das Video aus Gifo war nicht das einzige, das fragwürdiges Verhalten in Sushi-Ketten festhielt. Anfang Jänner machte ein Clip die Runde, auf dem zu sehen war, wie jemand Wasabi auf fremde Bestellungen gab. Ein anderer hielt fest, wie jemand den Löffel einer gemeinsam genutzten Schale mit Grünteepulver ableckt und das Pulver dann wieder ausspuckt. Am wenigsten beunruhigen da noch die Videoaufnahmen, in denen Gäste das Essen anderer Kunden vom Band stehlen.

Rechtliche Konsequenzen

Neben Sushiro haben inzwischen auch die Ketten Hama Sushi und Kura Sushi angekündigt, rechtliche Schritte einzuleiten. Erstere habe laut „Japan Times“ wegen eines Videos, das Anfang Jänner in Umlauf gebracht worden war, eine Schadensanzeige bei der Polizei eingereicht. Die in den Videos dargestellten Handlungen „können einer betrügerischen Geschäftsbehinderung gleichkommen“, sagte ein Anwalt der Zeitung. Kura Sushi plant, zur besseren Überwachung der Kundschaft Kameras über den Förderbändern zu installieren. An sich ist Japan für seine strengen Hygiene- und Sauberkeitsstandards bekannt.

Sushi-Restaurant in Tokio
Reuters/Kim Kyung Hoon
Kaiten-Zushi, also Sushi-Restaurants, in denen Speisen vom Fließband angeboten werden, haben in Japan schon lange Tradition

Erschwerte Expansion

Die Unruhe der Unternehmen ist verständlich, geht es doch um große Summen: Laut „Guardian“ hat die Sushi-Branche in Japan einen geschätzten Wert von 740 Milliarden Yen (etwa 5,2 Milliarden Euro). Die Vorfälle kommen auch deshalb zur Unzeit, als die wirtschaftliche Lage im Inland durch steigende Preise und schwache Verbraucherausgaben ohnehin angespannt ist, wie das auf Japan spezialisierte Portal Sumikai berichtete.

Suneera Joseph, Verbraucheranalystin bei GlobalData, sagte dazu: „Führende japanische Running-Sushi-Ketten wie Sushiro oder Kura Sushi wollen ihre internationale Präsenz verstärken, um die rückläufige Entwicklung des Inlandsgeschäfts auszugleichen. Sie planen die Eröffnung neuer Filialen in den USA, China und anderen asiatischen Märkten.“ Die nun aufgetauchten „Sushi-Terror“-Videos aus Japan dürften den Appetit im Ausland nicht unbedingt gesteigert haben.