Straßenszene in Wien zeigt Passanten
ORF.at
Provokation

Waldhäusl und das blaue „Wunschthema“

„Jenseitig“, „menschenverachtend“ und „rassistisch“: Niederösterreichs FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl hat mit einer Aussage gegenüber Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund viel Kritik einstecken müssen. Aus den Reihen der FPÖ gab es am Samstag jedoch Rückendeckung für Waldhäusl. Für Politologen Peter Filzmaier haben die Freiheitlichen ihr „Wunschthema“ wieder auf die Agenda gehievt.

Das Thema Waldhäusl ist seit mehreren Tagen in der heimischen Politik präsent. Der Landesrat, der in der Vergangenheit schon mehrmals mit streitbaren Aussagen für Aufregung gesorgt hatte, war am Dienstag in der Puls-4-Sendung „Pro und Contra“ zu Gast. Sinngemäß gab der FPÖ-Politiker Wiener Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund zu verstehen, dass Wien ohne sie das „richtige“ Wien wäre. Nicht nur Kritik hagelte es von allen Seiten, auch eine Anzeige wegen des Verdachts der Verhetzung wurde eingebracht.

„Ich stehe zu 100 Prozent zu dieser Aussage, denn die Wahrheit ist verträglich“, sagte Waldhäusl. Wenn die FPÖ-Asylpolitik vor 20 bis 30 Jahren umgesetzt worden wäre, „wäre Wien noch Wien“. Auch von der Parteispitze kamen am Samstag ähnliche Wortmeldungen. Gegenüber der „Kronen Zeitung“ sagte Parteichef Herbert Kickl, jeder habe „seine eigenen Formulierungen (…). Doch das (die Zuwanderungspolitik der vergangenen 30 Jahre, Anm.) ist es, worum es geht.“

„Genau das, was die FPÖ möchte“

Für Politikexperten Filzmaier ist klar, dass die Waldhäusl-Aussage den Freiheitlichen in die Hände spielt. „Ob der Landesrat die Aussage nun mit Absicht so formuliert hat oder nicht: Auf der Tagesordnung steht nun wieder das Asyl- und Migrationsthema. Das ist genau das, was die FPÖ auch möchte, weil sie im eigenen Wählerklientel punkten kann“, so Filzmaier im Gespräch mit ORF.at.

Rassistische Aktion gegen Schule

Vor einer Schule in Wien wurden ein Transparent gehisst und Flugzettel verstreut – ein rechtsextremer Angriff, so Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf dem Twitter. Es handelt sich um die Schule, die von Schülerinnen und Schülern besucht wird, in deren Richtung der niederösterreichische Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) umstrittene Aussagen getätigt hatte.

Dabei spiele für die Partei keine Rolle, wie die eigene Aussage von der politischen Konkurrenz oder Organisationen bewertet werde. „Der FPÖ geht es ja nicht darum, ob eine Aussage mehrheitsfähig ist, sondern ob sie mit einem Thema ihr Wählerpotenzial abholen kann“, sagte Filzmaier. Und die Freiheitlichen würden immer wieder das Dilemma schaffen, dass sie eben solche Aussagen tätigen, die man nicht ignorieren könne. „Die Konkurrenz reagiert darauf, und die Freiheitlichen versuchen anschließend, das Thema breitzuklopfen.“

Distanz zu Waldhäusl, Nähe zum Thema

So klangen auch die freiheitlichen Stimmen am Samstag. Gegenüber Ö1 sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, dass Waldhäusl mit dem Sager, dass Wien ohne Migrantenkinder noch Wien wäre, vollkommen recht habe. „Wien ist nicht mehr das Wien, wie es vor 30 Jahren war.“ Gleichzeitig behauptete der Politiker, man könne in Wien bei Nacht nicht mehr auf die Straßen gehen.

Kritik an Waldhäusl-Sager

Wenn die FPÖ ihre Asylpolitik durchsetzen könnte, „dann wäre Wien noch Wien“. Das sagte der niederösterreichische Asyllandesrat der FPÖ, Gottfried Waldhäusl, jüngst in einer Talkshow. An der Aussage hagelt es von allen Seiten heftige Kritik.

Auch aus Salzburg und Oberösterreich kamen ähnliche Reaktionen, auch wenn sie zu Waldhäusls Aussagen gegenüber Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf Distanz gehen. So suchte FPÖ-OÖ-Chef Manfred Haimbuchner in der Sozialdemokratie die Schuldigen für „keine oder falsche Migrationspolitik“. Dadurch sei Wien nämlich zu einem „anderen, nicht besseren Wien“ gemacht worden.

Auch für Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek ist die Aussage, dass sich Wien durch Migration verändert hat, nicht falsch. Die „Stammtischaussage“ ihres Kollegen lehnt sie aber ab. „Ich glaube, dass die Antwort auf die Frage eine völlig falsche war und Waldhäusl irgendwo in seinem Denkmuster verunfallt oder vielleicht falsch abgebogen ist“, sagte sie gegenüber der „Presse“.

Wahlkampf und Profiteur Waldhäusl?

Svazek befindet sich derzeit im Wahlkampf um den Salzburger Landtag. „Sie will der ÖVP in Salzburg zeigen, dass sie koalitionsfähig ist“, so Filzmaier in seiner Analyse. Das für die FPÖ wichtige Thema Migration und Asyl könne sie allerdings im Wahlkampf gut brauchen. Egal wer eine Debatte darüber auch anstößt: Wichtig sei für die FPÖ, dass diskutiert wird und das Thema lange am Köcheln bleibt. „Nach dem blauen Plus bei der Niederösterreich-Wahl hofft Svazek, auch in ihrem Bundesland reüssieren zu können“, sagte der Politexperte.

Selbst Waldhäusl könnte sein Sager Vorteile bringen. Der Landesrat will Teil der nächsten Landesregierung in Niederösterreich sein. Davon abhalten kann ihn nur der eigene Klub. FPÖ-NÖ-Chef Udo Landbauer hatte sich in der Causa zunächst bedeckt gehalten. Am Sonntag sagte er schließlich in der „Kronen Zeitung“, dass er genau verstehe, was Waldhäusl sagen wollte – mehr dazu in noe.ORF.at.

Was die Zukunft des Asyllandesrats betrifft, betonte der Landesparteichef: „Personalentscheidungen werden wir zum gegebenen Zeitpunkt bekanntgeben. Aber die linke Jagdgesellschaft sollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen, dass sie ihr Ziel erreichen.“

Landbauer werde sich gut überlegen, ob er den Forderungen, Waldhäusl nicht in die Landesregierung zu schicken, nachkommen wird, sagte Filzmaier. „Wird Waldhäusl nämlich jetzt nach der Aussage kein Landesrat mehr, könnte das durchaus als Eingeständnis der FPÖ verstanden werden, dass der Politiker über das Ziel hinausgeschossen ist.“