Spionage Ballon wird abgeschossen
Reuters/Allison Joyce
Spionageverdacht

USA schießen chinesischen Ballon ab

Die USA haben den kürzlich in ihrem Luftraum entdeckten mutmaßlichen Spionageballon aus China abgeschossen. Das bestätigte das US-Verteidigungsministerium am Samstag mehreren US-Medien. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie ein weißer Ballon abgeschossen wurde. Zuvor hatte die Flugaufsichtsbehörde FAA mitgeteilt, drei Flughäfen im Südosten der USA seien vorübergehend geschlossen worden. China verurteilte den Abschuss als „Überreaktion“.

Betroffen waren die Flughäfen Wilmington, Myrtle Beach und Charleston in den Bundesstaaten South Carolina und North Carolina. Verteidigungsminister Lloyd Austin bestätigte den Abschuss und teilte mit, die Luftwaffe habe den Ballon vor der Küste des Bundesstaats South Carolina gestoppt. US-Kampfflugzeuge hätten auf Anweisung von US-Präsident Joe Biden „den von der Volksrepublik China gestarteten und ihr gehörenden Überwachungsballon“ im amerikanischen Luftraum erfolgreich zum Absturz gebracht.

Austin sagte, man sei nach sorgfältiger Analyse zu dem Schluss gekommen, dass ein Abschuss des Ballons über Land aufgrund der Größe und Höhe des Ballons und seiner Last zu gefährlich sei. Man habe deshalb entschieden, den Ballon sicher über US-Hoheitsgewässern abzuschießen. Die Maßnahme sei in Zusammenarbeit mit Kanada durchgeführt worden. China habe mit dem Ballon versucht, strategische Standorte auf dem amerikanischen Festland zu überwachen, betonte er. Er sprach von einer „inakzeptablen Verletzung“ der Souveränität der USA.

Spionage Ballon wird abgeschossen
AP/Brian Branch
Der Ballon war vor seinem Abschuss am Himmel über den USA zu beobachten

Ein hochrangiger Vertreter des Pentagons erklärte am Samstag vor Journalisten, dass die Bergung des Ballons bereits in vollem Gange sei. „Wie lange es dauern wird, steht noch nicht fest“, sagte er. Die Trümmer befänden sich in relativ flachem Wasser, was die Bergung „ziemlich einfach machen wird“, hieß es weiter. Der Ballon sei schon seit einiger Zeit beobachtet und verfolgt worden. Er sei bereits am 28. Jänner über Alaska aufgetaucht, am 30. Jänner über Kanada und am 31. Jänner über dem US-Bundesstaat Idaho.

Biden: Abschuss „so schnell wie möglich“

US-Präsident Joe Biden gratulierte dem Militär. Der Abschuss sei „erfolgreich“ verlaufen, sagte er in Maryland – Biden teilte überdies mit, er habe bereits am Mittwoch, als er über den Ballon informiert worden sei, angeordnet, das Flugobjekt „so schnell wie möglich“ abzuschießen. Um ein Risiko für die Menschen am Boden aber auszuschließen, sei entschieden worden, das Flugobjekt erst über dem Wasser innerhalb des US-Hoheitsgebiets abzuschießen.

Chinesischer Ballon von USA abgeschossen

Ein mutmaßlicher Spionageballon Chinas ist am Samstag in den USA abgeschossen worden. Das bestätigte das US-Verteidigungsministerium mehreren US-Medien.

Öffentlich geäußert hatte sich Biden in den vergangenen Tagen aber nicht zu dem Ballon. Erst wenige Stunden vor dem Abschuss hatte er zu Reportern am Rande eines privaten Termins in Syracuse im US-Bundesstaat New York gesagt: „Wir kümmern uns darum.“ Er war unter anderem nach einem Kommentar zu China gefragt worden und danach, ob man den Ballon abschießen solle. Dem US-Präsidenten und seiner Regierung war vor allem vonseiten der Republikaner vorgeworfen worden, nicht entschieden genug gegen den mutmaßlichen Spionageballon vorzugehen.

Weiterer Dämpfer für US-chinesisches Verhältnis

Das US-Verteidigungsministerium hatte von Anfang an davon gesprochen, dass der Ballon der chinesischen Spionage diene. Entsprechend versetze das Fluggerät den Bemühungen um bessere Beziehungen zwischen den beiden Großmächten einen Dämpfer. Einen schon länger für Sonntag geplanten Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in China sagten die USA noch am Freitag ab.

Das Eindringen des „Überwachungsballons“ in den Luftraum der USA sei „inakzeptabel“ und „unverantwortlich“, sagte der US-Außenminister. Blinken unterstrich, dass die USA die Kommunikationskanäle zu Peking offen halten wollten und der Besuch bald nachgeholt werden solle, „wenn die Bedingungen es erlauben“. Die Welt erwarte, dass die USA und China ihre Beziehungen verantwortungsvoll handhaben, so Blinken in Washington.

China wies die Vorwürfe am Samstag entschieden zurück und sprach erneut von einem Forschungsballon, der durch „höhere Gewalt“ vom Kurs abgekommen sei. „Wir akzeptieren keine grundlosen Spekulationen und Stimmungsmache“, zitierte das Pekinger Außenministerium am Samstag den obersten Außenpolitiker Wang Yi aus seinem Telefongespräch am Vortag mit Blinken.

Objekt „mit ähnlichen Eigenschaften“ über Kolumbien

Die Erklärungsversuche Pekings im aktuellen Fall tat das US-Verteidigungsministerium am Samstag jedenfalls als unglaubwürdig ab. „Wir wissen, dass es ein Überwachungsballon ist“, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder. Er sprach überdies von einem weiteren möglichen Spionageballon, der über Lateinamerika schwebe. „Wir sehen Berichte über einen Ballon, der Lateinamerika überfliegt. Wir sind dabei herauszufinden, ob es sich dabei um einen weiteren chinesischen Überwachungsballon handelt“, sagte Ryder.

Kolumbiens Luftwaffe meldete am Samstag die Sichtung eines Objekts mit „ähnlichen Eigenschaften“ in seinem Luftraum. In der Früh des 3. Februar habe das nationale Luftverteidigungssystem in rund 17.000 Meter Höhe ein Objekt entdeckt, das im nördlichen Sektor des Landes in den Luftraum eingedrungen sei, teilte die kolumbianische Luftwaffe am Samstag (Ortszeit) mit.

Das Objekt habe sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Knoten bewegt und dabei „ähnliche Eigenschaften wie ein Ballon“ gezeigt. Die kolumbianische Luftwaffe habe das Objekt durch seine Verteidigungssysteme verfolgt, bis es den Luftraum verlassen habe, hieß es weiter. Es habe „keine Gefahr für die nationale Sicherheit und Verteidigung sowie die Flugsicherheit“ dargestellt. Die Luftwaffe arbeite nun mit anderen Ländern zusammen, um die Herkunft des Objekts festzustellen.

„Überreaktion“

Aus Peking gab es noch keine Angaben zu dem zweiten Ballon – und es hat gegen den Abschuss des chinesischen Ballons protestiert. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking äußerte die „starke Unzufriedenheit“ Chinas über den Einsatz von Gewalt durch die USA gegen ein „ziviles, unbemanntes Luftschiff“. China behalte sich das Recht auf „notwendige Reaktionen“ vor.

China habe die USA wiederholt informiert, dass der Ballon zivilen Zwecken diene und „durch höhere Gewalt“ in den US-amerikanischen Luftraum geflogen sei, „was völlig zufällig war“. Das Pentagon habe selbst gesagt, der Ballon stelle keine Gefahr für das Militär und Menschen am Boden dar. Dass die USA unter diesen Umständen auf den Einsatz von Gewalt bestünden, sei eine „offensichtliche Überreaktion“ und ein Verstoß gegen internationale Standardpraktiken.

Bereits zuvor bekräftigte ein chinesischer Außenministeriumssprecher, der Ballon über den USA sei „für meteorologische und andere wissenschaftliche Forschung“ benutzt worden. „Durch die Westwinddrift und wegen begrenzter Steuerungsmöglichkeiten ist das Luftschiff weit von der geplanten Route abgekommen.“ Nachdem der Vorfall am Vortag in ungewohnt defensiver Weise „bedauert“ worden war, ging der Sprecher wieder in die Offensive: „Einige Politiker und Medien in den USA haben die Situation ausgenutzt, um China anzugreifen und in Verruf zu bringen.“

Nur kurze Zeit nach geheimem Bericht an US-Kongress

Das US-Verteidigungsministerium hatte am Donnerstagabend die Sichtung des chinesischen Ballons publik gemacht. Der Ballon wurde über dem US-Bundesstaat Montana, dem Mittleren Westen und auch Missouri gesichtet. Am Samstag berichteten Augenzeugen, sie hätten den Ballon im US-Bundesstaat North Carolina im Osten der USA gesichtet.

In der US-Politik löse der Vorfall tiefe Besorgnis aus, schrieb am Samstag die „New York Times“ („NYT“). Das liegt laut dem Zeitungsbericht auch daran, dass die nunmehrige Ballonsichtung nur kurze Zeit nach der Präsentation eines geheimen Berichts an den Kongress erfolgte.

Der Bericht, der vergangenen Monat an die US-Abgeordneten ergangen war, habe Vorfälle beschrieben, in denen fortschrittliche Technologie zur Ausspähung der USA zum Einsatz gekommen wäre. An einigen dieser Vorfälle seien Drohnen beteiligt gewesen, an anderen aber auch Ballons, zitierte die Zeitung aus dem Papier. Zwar seien die Vorfälle keinem bestimmten Land zugeordnet worden. Laut zwei amerikanischen Beamten, die mit den Untersuchungen vertraut seien, sei die Überwachung aber wahrscheinlich von China durchgeführt worden, so die „NYT“.