Deutsche Leopard 2 Panzer
Reuters/Benjamin Westhoff
Panzer für Ukraine

Allianz laut Berlin noch nicht komplett

In der letzten Jänner-Woche hat die deutsche Regierung nach langem Hin und Her die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine zugesagt. Deutschland sollte damit Teil einer Allianz aus Ländern sein, die Kiew Kampfpanzer für den Krieg in der Ukraine zur Verfügung stellen. Zehn Tage nach der Ankündigung sei die geplante Allianz aber noch nicht komplett, hieß es am Wochenende aus Berlin – wenngleich manche Länder bereits konkrete Schritte setzten.

Die deutsche Regierung hat lange mit sich gerungen, ob sie der Ukraine Kampfpanzer aus den eigenen Reihen zur Verfügung stellen sollte. Nach der Entscheidung, das zu tun, ringt sie nun um die Zusage weiterer Staaten. Nach der politischen Freigabe von Lieferungen sei die geplante Allianz noch nicht komplett, hieß es am Wochenende aus deutschen Regierungskreisen gegenüber der dpa.

Am 25. Jänner hatte Berlin angekündigt, 14 Leopard 2A6 zu liefern, nachdem Polen schon eine Liefergenehmigung für ältere Leopard 2A4 beantragt hatte. Fünf weitere Leopard 2A6 wollte Deutschland als Ersatz bereithalten. Unter Beteiligung weiterer Staaten sollten am Ende zwei ukrainische Leopard-Bataillone (üblicherweise mit je 31 Panzern) zusammenkommen. Während es für das ältere Leopard-Modell 2A4 schon Ankündigungen anderer Staaten gibt, blieben die Angebote für die moderneren Typ 2A6 zunächst aber rar.

Portugal lässt Anzahl offen

Zuletzt sagte der portugiesische Regierungschef Antonio Costa eine Lieferung fest zu. Die genaue Zahl ließ er aber offen. Derzeit stehe sein Land mit Deutschland wegen der Überholung von Leopard-Panzern in Kontakt, meldete die staatliche portugiesische Nachrichtenagentur Lusa. Bei einem Besuch der portugiesischen Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik sagte Costa: „Wir arbeiten derzeit daran, auf einige unserer Panzer verzichten zu können. Ich weiß, wie viele Panzer (von uns in die Ukraine geschickt) werden, aber das wird erst zu gegebener Zeit bekanntgegeben.“

Als möglichen Zeitpunkt der Entsendung nannte Costa im öffentlich-rechtlichen TV-Sender RTP einen auf europäischer Ebene avisierten Zeitraum „bis Ende März“. Die portugiesischen Streitkräfte verfügen über insgesamt 37 Leopard 2A6, die vor Jahren gebraucht den Niederlanden abgekauft wurden.

Laut einem Bericht der spanischen Zeitung „El Pais“ plant auch Spanien die Lieferung von vier bis sechs Leopard-Panzern. Es handle sich um Panzer des Typs 2A4, die seit 2012 in Saragossa eingemottet seien, schrieb die Zeitung. Sie müssten zunächst instand gesetzt werden, was etwa zweieinhalb Monate dauern werde und pro Panzer mehr als 500.000 Euro kosten könne. Die genaue Zahl der Panzer, die Spanien liefern könne, hänge vom Zustand der insgesamt 53 eingemotteten Leoparden ab. Das spanische Verteidigungsministerium wollte den Bericht weder dementieren noch bestätigen.

Kanada schickt Panzer per Flugzeug

Dafür schickte Kanada am Wochenende einen ersten Leopard 2 per Transportflugzeug Richtung Europa. „Die Kampfpanzer sind als Hilfe für die Ukraine unterwegs“, schrieb Verteidigungsministerin Anita Anand am Samstag zu einem Video auf Twitter. Ihr Land will sich auch an der Ausbildung beteiligen.

Kanadischer Leopard 2 Panzer
Reuters/Canadian Forces/Rachael Allen
Kanada hat ebenfalls Leopard-Kampfpanzer im Bestand – und will vier davon an die Ukraine liefern

Der deutsche „Spiegel“ berichtete, der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe sich zuvor in mehreren Telefonaten bemüht, Regierungschefs für Lieferzusagen zu gewinnen. Bei einer Videokonferenz, zu der der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eingeladen hatte, wollte nach „Spiegel“-Informationen noch kein EU-Land konkrete Zusagen über eine Beteiligung an dem Panzer-Paket machen. Selbst die niederländische Regierung, die wie Polen in den Medien schon die Lieferung von Leopard-2-Panzern zugesagt hatte, habe sich nicht festlegen wollen.

Kiew erneuert Ruf nach „globaler Panzerkoalition“

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk, vormaliger Botschafter seines Landes in Deutschland, rief alle Leopard-Nutzerstaaten am Sonntag dazu auf, Beiträge für eine „globale Panzerkoalition“ zu leisten, um eine Befreiung aller besetzten Gebiete im Jahr 2023 möglich zu machen. Er sagte der „Süddeutschen Zeitung“ und schrieb auch auf Twitter: „Unser Überleben als Staat und als europäische Kulturnation ist in Gefahr.“

Ukraine: Kämpfe in Charkiw

Die Stadt Charkiw in der Ukraine wurde erneut angegriffen. Im Nordosten der Ukraine hat hingegen die russische Armee wieder Landgewinne verzeichnet. Währenddessen ist der erste der vier von Kanada versprochenen Leopard-2-Panzer auf dem Weg in die Ukraine. Zu diesen Kampfpanzerlieferungen haben sich die westlichen Partner nach Diskussionen durchgerungen.

Ende Jänner hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba davon gesprochen, dass in den kommenden Monaten insgesamt 120 bis 140 westliche Kampfpanzer an die Ukraine geliefert werden sollten. Dazu gehörten neben den Leopard-Panzern auch Challenger 2 aus Großbritannien M1 Abrams aus den USA.

Erste Ausbildungen begonnen

An den britischen Kampfpanzern begann laut London und Kiew in dieser Woche bereits die Ausbildung ukrainischer Soldaten. Auch Polen habe bereits mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten auf dem Leopard begonnen, sagte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak nach einem Bericht des Nachrichtenportals TVP.info vom Samstag. Die genaueren Liefermodalitäten für die Panzer selbst werde man mit den NATO-Verbündeten auf einem Treffen Mitte Februar erörtern, erklärte Blaszczak nach einem Bericht der Agentur PAP.

Tatsächlich ist die Ausbildung einer der relevanten Punkte bei der Frage, wie schnell die Panzer zur Verfügung stehen. Die Ukraine kämpft bisher vor allem mit Panzern russischer bzw. sowjetischer Bauart, der modernere Leopard ist deutlich anders zu bedienen. Die Einschätzungen gehen auseinander, generell gehen Experten davon aus, dass Soldaten nach drei bis acht Wochen Training das Militärgerät beherrschen können.

Scholz verteidigt gemeinsames Vorgehen

Scholz trat unterdessen Befürchtungen entgegen, Deutschland könnte mit der Lieferung von Kampfpanzern in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineingezogen werden. Er sagte der „Bild am Sonntag“: „Jede Waffenlieferung haben wir sorgfältig abgewogen, eng mit unseren Verbündeten koordiniert, allen voran mit Amerika. Dieses gemeinsame Vorgehen verhindert eine Eskalation des Krieges.“

Auch gibt es Scholz zufolge mit Präsident Selenskyj die Vereinbarung, dass aus dem Westen an Kiew gelieferte Waffen nur auf ukrainischem Territorium, nicht aber auf russischem Gebiet eingesetzt werden dürfen. „Darüber besteht Konsens“, sagte der deutsche Kanzler. In Telefonaten mache er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „sehr deutlich“, dass Russland die alleinige Verantwortung für den Krieg habe. Putin habe dabei weder ihm – Scholz – noch Deutschland gedroht.

Putin hatte Deutschland vorgeworfen, sich in einen Krieg mit Russland hineinziehen zu lassen. „Es ist unfassbar, aber eine Tatsache: Wir werden erneut mit dem deutschen Panzer Leopard bedroht“, sagte er am Donnerstag. Wie im Zweiten Weltkrieg werde wieder auf dem Boden der Ukraine mit deutschen Waffen gegen Russland gekämpft. Anders als von Putin dargestellt, gab es damals noch keine Leopard-Panzer.

Weiter schwere Kämpfe an Front

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte Samstagabend den Beginn der Ausbildung an den britischen Kampfpanzern. „Das ist ein gutes Gefährt und wird eine ernsthafte Verstärkung auf dem Schlachtfeld sein“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Er bedankte sich bei Großbritannien für die militärische Hilfe. Die Lage an der Front bezeichnete er als schwierig. „Der Feind wirft immer neue Kräfte hinein, um unsere Verteidigung zu durchbrechen. Jetzt ist es sehr hart in Bachmut, in Wuhledar und in Richtung Lyman“, sagte Selenskyj.

Dem täglichen Geheimdienstupdate zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums in London zufolge sind inzwischen die beiden wichtigsten Zufahrtsstraßen zu der Stadt im Oblast Donezk direkt von russischem Beschuss bedroht, und eine weitere Straße wird von Wagner-Söldnern kontrolliert. „Obwohl den ukrainischen Truppen mehrere alternative Überlandrouten für den Nachschub zur Verfügung stehen, ist Bachmut zunehmend isoliert“, hieß es.

Zerstörung nach Raketeneinschlag in Charkiw
AP/Andrii Marienko
Ein Wohngebäude in Charkiw wurde am Wochenende von einer Rakete getroffen

Auch im Gebiet um die ukrainische Charkiw gingen die Kämpfe weiter. Das russische Militär meldete Vorstöße rund um die Ortschaft Dworitschne. Unabhängig können die Angaben nicht überprüft werden. Auch die ukrainische Stadt Charkiw war am Wochenende wieder Ziel russischer Angriffe.

Zwei russische Raketen schlugen nach Aussagen des Bürgermeisters Ihor Terechow im Zentrum von Charkiw ein. Eine Rakete habe ein Wohngebäude getroffen, schrieb er auf Telegram. „Im Moment ist bekannt, dass in einem der Wohnhäuser ein Feuer ausgebrochen ist und eine Person verletzt ist“, so der Bürgermeister. Das Gebiet Charkiw haben die ukrainischen Streitkräfte im Zuge ihrer Herbstoffensive fast vollständig zurückerobert.