Barbara Kaudel-Jensen, Sebastian Kurz und Etienne Berchtold
APA/BKA/Dragan Tatic
Botschafterjob

Harte Kritik an Wahl von Ex-Kurz-Sprecher

Vor rund einem Jahr hat das Außenministerium den ehemaligen Sprecher von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als neuen Botschafter für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ausgewählt. Die von einem unterlegenen Kandidaten eingeschaltete Gleichbehandlungskommission ortet in dieser Entscheidung nun eine „Diskriminierung“ und fällt ein hartes Urteil, wie der „Standard“ berichtete. Die Auswahl sei aus einem „parteipolitischen Motiv“ heraus erfolgt, heißt es.

Laut der Zeitung konnte der unterlegene Kandidat gegenüber der Gleichstellungskommission nachweisen, dass er über eine bessere Qualifikation verfügt habe als Etienne Berchtold, der den Posten in Abu Dhabi schließlich im August 2022 antrat. Berchtold, laut Website des Außenministeriums (BMEIA) ein studierter Jurist, habe zwar „vor langer Zeit“ bei der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU in Brüssel Auslandserfahrung gesammelt, in den Jahren vor seiner Bestellung sei er aber „lediglich als Sprecher im Außenministerium und der ÖVP“ tätig gewesen.

Das Außenministerium habe die Gleichbehandlungskommission „nicht davon überzeugen“ können, „dass die getroffene Personalentscheidung auf einer sachlichen und objektiven Grundlage und eben nicht auf einem weltanschaulichen Motiv beruht“, heißt es laut „Standard“ in dem Gutachten, das bereits mit November datiert. Berchtold selbst hatte in einer Stellungnahme an die Gleichbehandlungskommission argumentiert, er habe als Pressesprecher Führungserfahrung gesammelt, indem er Wirtschafts- und Journalistendelegationen vorbereitet und begleitet habe, eben auch in die Emirate. Außerdem habe er den Kanzler beraten und Projekte betreut.

Kommission: „Präferenz nicht auf sachlichen Aspekten“

Der unterlegene Kandidat – der in dem Zeitungsbericht nicht namentlich genannt wird – hatte vor der Kommission vorgebracht, er sehe sich „weltanschaulich diskriminiert“. Seiner Meinung nach hatte die Bestellung Berchtolds zum Botschafter in Abu Dhabi mit dessen „starker Anbindung an die ÖVP zu tun“. Er selbst habe hingegen zur Zeit der türkis-blauen Koalition auch die von der FPÖ nominierte Außenministerin Karin Kneissl beraten und sei aus dem ÖAAB ausgeschieden. Der Österreichische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB) ist die Arbeitnehmerorganisation der ÖVP.

Parteipolitisches Motiv bei Botschafterauswahl?

Vor rund einem Jahr hat das Außenministerium den ehemaligen Sprecher von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als neuen Botschafter für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ausgewählt. Die von einem unterlegenen Kandidaten eingeschaltete Gleichbehandlungskommission ortet in dieser Entscheidung nun eine „Diskriminierung“ und fällt ein hartes Urteil, wie der „Standard“ berichtete. Die Auswahl sei aus einem „parteipolitischen Motiv“ heraus erfolgt, heißt es.

Im Gutachten heißt es nun, Berchtolds berufliche Laufbahn „lässt nicht gerade auf eine Höchstqualifikation für die Leitung einer Botschaft schließen“. Es sei „nicht zu übersehen, dass die Präferenz für ihn nicht auf sachlichen Aspekten beruhte“. Es bestehe „kein Zweifel“, dass hier ein „parteipolitisches Motiv“ den Ausschlag gegeben habe.

Die Gleichstellungskommission wollte vom Außenministerium unter anderem wissen, warum Berchtold sogar seine Arbeit in einem Callcenter während des Studiums als Qualifikation ausgelegt worden sei. Vom Ministerium hieß es dazu, man habe wohl versucht zu zeigen, dass Berchtold „trotz seiner Jugend und ohne eine Standardkarriere im Außenministerium vorweisen zu können, sehr wohl Tätigkeiten unter großem Druck mit großer Resilienz und großem außenpolitischen Gespür ausgeübt“ habe.

Einschätzung laut Ministerium „objektiv erfolgt“

Berchtold war nach dem Abgang von Kurz aus der Politik zum Botschafter in Abu Dhabi ernannt worden. Ein durchaus wichtiger Posten, gelten die VAE ja als mächtiger Handelspartner, der Staatsfonds Mubadala ist unter anderem am Mineralölkonzern OMV beteiligt.

Aus dem Außenministerium hieß es dazu, Berchtold sei früher auch Sprecher bei Shell Austria gewesen und habe so Wirtschaftserfahrungen in einer Branche gesammelt, die gerade in den Emiraten wichtig sei. Das Außenministerium argumentierte gegenüber der Zeitung zudem, die Einschätzung der Begutachtungskommission sei „auch im konkreten Anlassfall objektiv erfolgt“ und „kein Bediensteter persönlich benachteiligt worden“.

Ministerium: Qualifikationen „unterschiedlich gewichtet“

Zum Ergebnis der Gleichbehandlungskommission hieß es in Folge: „Die ständige Begutachtungskommission des BMEIA und die Bundes-Gleichbehandlungskommission haben verschiedene Aspekte der Qualifikationen der Bewerber:innen unterschiedlich gewichtet und daher anders beurteilt bzw. rechnerisch gegenübergestellt.“

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wies am Sonntag in der ZIB2 ebenfalls parteipolitische Motive bei der Bestellung von Berchtold zurück. Die Begutachtungskommission hat den früheren Kanzlersprecher, der auch unter Ex-Kanzler Schallenberg tätig war, mit der höchsten Eignung bewertet. Er, Schallenberg, halte sich an die Reihung und werde das auch künftig so tun.

Da man das Ergebnis der Gleichbehandlungskommission nicht teile, werde man „keinerlei Zahlungen an den unterlegenen Bewerber in Aussicht“ nehmen, hatte es zuvor aus dem Außenressort geheißen. Der unterlegene Bewerber kann nun rechtlich gegen das Außenministerium vorgehen und das entgangene Gehalt einfordern – auch die Gleichbehandlungskommission verweist in ihrem Gutachten auf „schadensersatzrechtliche Ansprüche“.

ÖVP weist Kritik zurück

Die Opposition übte angesichts des Berichts der Gleichstellungskommission geschlossen Kritik. NEOS sah bei der Regierung fehlenden Willen „für die nötige Sanierung unserer Demokratie“. Die SPÖ warf der ÖVP vor, sich nicht an die Regeln zu halten. Und die FPÖ forderte die „sofortige Abberufung Berchtolds“.

Der Bereichssprecher für Internationale Entwicklung der ÖVP, Martin Engelberg, nannte die Kritik an der Bestellung Berchtolds „absolut haltlos“. Die dafür zuständige Personalkommission habe ihn als Bestqualifizierten basierend auf seinen profunden außenpolitischen Kenntnissen und Fähigkeiten als Karrierediplomat gesehen. „Der Ministerrat hat diese Personalentscheidung einstimmig getroffen und Bundespräsident Van der Bellen hat Dr. Berchtold daraufhin zum Botschafter in den VAE bestellt“, sagte Engelberg. Die ungerechtfertigte Kritik komme von einem Gefolgsmann der ehemaligen Außenministerin Kneissl.

Auf Twitter meldete sich am Sonntag auch Ex-Kanzler Kurz zu Wort. Er verwies auf drei abgeschlossene Studien Berchtolds und dessen langjährige „internationale Erfahrung“. „Er ist einer der Wenigen, die das Weiße Haus, den Kreml sowie zahlreiche Regierungssitze dieser Welt nicht nur aus dem Fernsehen kennen, sondern auch von innen, und einer der Besten, mit dem ich die Ehre hatte, zusammenzuarbeiten“, schrieb Kurz auf dem Kurznachrichtendienst.