Bergretter im Einsatz
APA/Zoom.tirol
Acht Lawinentote

Traurige Bilanz eines Wochenendes

Große Schneemengen in Kombination mit starkem Wind und Sonnenschein haben im Westen Österreichs auf den Bergen zu einer gefährlichen Gemengelage geführt. Allen Warnungen zum Trotz begaben sich dennoch zahlreiche Wintersportlerinnen und Wintersportler ins freie Gelände. Für acht von ihnen endeten die Ausflüge tödlich – sie kamen unter Lawinen ums Leben. Der Lawinenwarndienst spricht von einem „Klumpenrisiko“.

Der jüngste tödliche Vorfall ereignete sich am Sonntag in Längenfeld in Tirol im Bereich des Geigenkamms. Eine Gruppe von drei Skitourengehern wurde beim Aufstieg von einem Schneebrett erfasst. Eine Person wurde dabei komplett verschüttet, die beiden anderen teilweise. Die Begleiter konnten den Mann orten und bergen. Der eintreffende Notarzt konnte jedoch nur mehr den Tod feststellen – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Bereits am Samstag waren in Tirol in St. Anton/Arlberg und in Kaunerberg (Bez. Landeck) drei Skitourengeher ums Leben gekommen. Ebenso nahm eine Skitour für einen 55-Jähriger im Kleinwalsertal in Vorarlberg ein tödliches Ende – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Im Tiroler Zillertal wurde ein 17-jähriger Urlauber aus Neuseeland beim Skifahren abseits der Piste tödlich verschüttet. Bereits am Freitag war ein chinesischer Freerider in einer Lawine ums Leben gekommen. Doch auch abseits des Wintersports forderte am Wochenende eine Lawine ein Menschenleben. In Osttirol wurde ein Schneepflugfahrer von den Schneemassen erfasst und starb – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Gefahrenlage erschwert auch Bergung

Teilweise gestaltete sich die Bergung aufgrund der hohen Lawinengefahr so schwierig, dass die Einsatzkräfte mit der Bodensuche stundenlang zuwarten mussten. So konnten zwei 29 und 33 Jahre alte Männer in St. Anton am Arlberg – ein Skiführer und sein Gast – sowie ein 62-jähriger Skitourengeher in Kaunerberg, die bereits am Samstag unter die Schneemassen gerieten, erst am Sonntag geborgen werden.

Blick auf den Lawinenabgang in St. Anton
APA/Zeitungsfoto.at
Nach dem Lawinenabgang in St. Anton konnten die Rettungskräfte am Boden erst einen Tag später zum Lawinenkegel

Auch der Schneepflugfahrer, der Samstagmittag im Bezirk Lienz von einer Lawine erfasst wurde, konnte erst bei einer Suchaktion am Sonntag im Lawinenkegel geborgen werden. Er war von der Lawine aus seinem Fahrzeug geschleudert worden. Tödliche Lawinenabgängen ereigneten sich am Wochenende auch im benachbarten Ausland. Zwei Skifahrer konnten in der Schweiz nur noch tot geborgen werden. Eine Tourengeherin kam bei einem Lawinenabgang in Südtirol ums Leben.

„Klumpenrisiko“ aus Schnee, Sonne und Leichtsinn

Allein am Samstag gingen in der Tiroler Leitstelle 30 Lawinenmeldungen ein, davon elf mit (vermuteter) Personenbeteiligung. Auch am Sonntag wurden zahlreiche neue Einsätze in Tirol und Vorarlberg gemeldet. In mehreren Fällen konnten sich die Wintersportler selbst aus den Schneemassen befreien – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Bei einem Abgang auf dem Tuxer Hauptkamm im Bezirk Innsbruck-Land erlitt eine Person bei einem Lawinenunfall Verletzungen.

Bisher acht Tote bei Lawinenabgängen

Am Sonntag sind in Tirol fünf Lawinenopfer tot geborgen worden. Zuletzt wurde im Ötztal ein Wintersportler tot geborgen. In Längenfeld war im Gebiet des Geigenkamms am Sonntag gegen 10.15 Uhr eine Lawine abgegangen.

Die Fachleute der Warndienste aus beiden Bundesländern hatten gewarnt, die Schneedecke sei sehr labil, schon eine geringe Zusatzbelastung könne Lawinen auslösen. Patrick Nairz vom Tiroler Lawinenwarndienst sprach gegenüber der APA von einem „Klumpenrisiko“. Dieses bestehe im Zusammenkommen mehrerer Faktoren wie der erfolgten starken Schneefälle samt Wind, nunmehrigen Sonnenscheins sowie vieler Leute im freien Gelände. Letzteres sei nicht zuletzt auch auf die beginnenden Semesterferien zurückzuführen.

Aufruf zu „Verzicht“

Man könne einfach nicht noch mehr vor der gefährlichen Lawinensituation warnen, als man es in den vergangen Tagen getan habe, so Nairz. Alle Informationen würden zur Verfügung gestellt und ständig „hinausposaunt“: „Es besteht einfach eine Holschuld der Wintersportler“, appellierte der Experte dazu, sich genau zu informieren. Das gelte sowohl für jene, die sich für erfahren genug im alpinen Gelände halten, als auch erst recht für alle anderen. Verbieten könne man als Lawinenwarndienst auch Skitouren bei Stufe vier nicht, aber dezidiert davon abraten. Und Letzteres tue man auch, so Nairz.

Grundsätzlich wäre es bei solchen Verhältnissen dringend angeraten, ganz einfach mal „Verzicht zu üben“ und davon abzusehen, sich in die Berge, das heißt in den freien Skiraum, zu begeben. Man könne so viele andere Dinge auch im Tal unternehmen: „In die Sauna gehen oder was auch immer.“ Oder ganz einfach auf den gesicherten Pisten bleiben.

Man habe nach wie vor ein „Altschneeproblem“ mit dauerhaften Schwachstellen in der Schneedecke, warnte der Experte. Das werde zwar „von Tag zu Tag besser“, aber rund eine Woche lang bleibe die Situation noch prekär – auch wenn mit Montag Stufe drei, also erhebliche Gefahr, ausgegeben werde. In den Ybbstaler Alpen in Niederösterreich erfolgte diese Rückstufung bereits am Wochenende.

Vor genau einem Jahr, ebenfalls am 4. und 5. Februar, gab es in Tirol laut den Fachleuten übrigens eine ähnlich gefährliche Lawinenlage. Auch damals starben binnen zweier Tage acht Personen bei Abgängen.