„Nur Ja heißt Ja“: Spanien rudert bei Sexualstrafrecht zurück

Wegen unerwarteter Auswirkungen wird das neue Sexualstrafrecht in Spanien nach nur vier Monaten wieder geändert. Die Regierung brachte heute im Parlament in Madrid einen Reformvorschlag ein. Das „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz, das eigentlich die Verurteilung von Sexualstraftätern erleichtern und Frauen besser schützen sollte, führte in den vergangenen Monaten entgegen der Absicht des Gesetzgebers auch zu Strafmilderungen und zu vorzeitigen Freilassungen von Sexualverbrechern. Das löste im ganzen Land Angst und einen Sturm der Entrüstung aus.

Nach Inkrafttreten des Regelwerks, das in einigen Fällen niedrigere Mindeststrafen festlegte, reduzierten Richter seit Anfang Oktober die Haftstrafen von mehr als 400 einsitzenden Straftätern. Dutzende Sexualverbrecher kamen früher als erwartet frei – darunter ein 39-Jähriger im katalanischen Lleida, der 17 Frauen vergewaltigt hatte und dessen Strafe von 15 auf neun Jahre gesenkt wurde.

Krise in Koalition möglich

Die unerwünschten Auswirkungen des Gesetzes brachten die Regierung in Bedrängnis, die Opposition witterte vor den Parlamentswahlen Ende des Jahres Morgenluft. Nun droht auch eine Krise in der Koalition zwischen den Sozialisten (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sanchez und Juniorpartner Unidas Podemos (UP) von Gleichstellungsministerin Irene Montero – weil die PSOE den Reformvorschlag einbrachte, ohne vorher eine Einigung mit UP erzielt zu haben.

Montero befürchtet daher, dass die PSOE bei den nun anstehenden Debatten den Forderungen der konservativen Opposition nachgeben und eine Rückkehr zu alten Verhältnissen akzeptieren könnte: „Wir wollen keine Rückkehr zu einem patriarchalischen System, in dem man als Opfer gefragt wurde, ob man die Beine richtig geschlossen hatte.“ PSOE-Fraktionssprecher Patxi Lopez wies solche Befürchtungen jedoch zurück und beteuerte, man werde vom Prinzip der Zustimmung aller Beteiligten bei sexuellen Handlungen nicht abrücken.

Das Gesetz hatte auch „einschüchternde“ Komplimente sowie die Verbreitung von Sexvideos unter Strafe gestellt. Mit ihrem Vorstoß reagierte die Regierung im vorigen Jahr auf mehrere Fälle von Gruppenvergewaltigungen, bei denen die Täter mit relativ milden Strafen davongekommen waren. Montero hatte gesagt, der „Vergewaltigungskultur“ werde damit ein Ende bereitet.