Kassenärzte: Debatte über Anhebung der Altersgrenze

Die politische Diskussion über Arbeiten auch in höherem Alter hat jetzt auch Ärztinnen und Ärzte erreicht. Die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, und die Ärztekammer fordern, dass Kassenärzte auch über die derzeitige gesetzliche Altersgrenze von 70 Jahren hinaus arbeiten dürfen sollen. Die Sozialversicherung lehnt eine solche Gesetzesänderung hingegen ab, auch das Gesundheitsministerium ist skeptisch.

„Die Altersgrenze ist nicht nur diskriminierend, sondern auch kontraproduktiv“, sagte Korosec unter Hinweis auf den Mangel an Ärzten mit Kassenvertrag in der „Kronen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe). Das Gesetz von 2009, als es noch einen Ärzteüberschuss gab, gehöre weg. Die Seniorenbund-Präsidentin verwies darauf, dass eine Pensionierungswelle anstehe und es vor allem auf dem Land schwer sei, Kassenstellen nachzubesetzen.

Unterstützung erhielt Korosec von der Ärztekammer. „Es gibt eine Versorgungsproblematik. Wir überlegen, die Altersgrenze aufzuheben. Und zwar rasch“, sagt Vizepräsident Edgar Wutscher ebenfalls in der „Krone“. „Warum sollen sie mit 70 aufhören, wenn sie weitermachen können und wollen?“, fragte Wutscher rhetorisch.

Sozialversicherung will junge Mediziner

Anders sieht man das in der Sozialversicherung. Dachverband-Chef Peter Lehner lehnt eine gesetzliche Änderung der Altersgrenze von 70 Jahren ab. Ziel sei es, freie Kassenstellen mit jüngeren Ärzten zu besetzen. Wo es nicht möglich sei, Kassenstellen an jüngere Ärzte zu vergeben, gebe es aber auch jetzt schon Ausnahmeregeln, damit Ärzte die Altersgrenze überschreiten können, um die Versorgung der Patienten sicherzustellen.

Man versuche hier im Sinne der Patientinnen und Patienten so flexibel wie möglich zu sein, so Lehner gegenüber der APA. Eine generelle Regelung für ein Arbeiten über 70 hinaus für Kassenärzte lehnt der Vorsitzende in der Konferenz der Sozialversicherungsträger jedoch ab, weil längerfristig eine Übergabe in jüngere Hände sinnvoll sei.

ÖGK verweist auf Ausnahmeregeln

Ganz ähnlich argumentierte der Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Bernhard Wurzer. Auch er verwies darauf, dass es bereits jetzt die Möglichkeit für Vertragsärztinnen und -ärzte gebe, über das Alter von 70 Jahren hinaus zu arbeiten.

„Dort, wo wir akute Nachbesetzungsprobleme sehen, ist eine Vertragsverlängerung natürlich möglich. Aber das ist aus unserer Sicht eine Akutmaßnahme: Wir wollen langfristige Lösungen, um junge Medizinerinnen und Mediziner für die Niederlassung zu gewinnen. Dazu haben wir auch unser Stipendium für angehende Kassenärzte und -ärztinnen gestartet und bieten darüber hinaus flexible Vertragsmodelle an, die sich an die Lebensrealität unserer Ärztinnen und Ärzte anpassen.“

Skepsis aus dem Gesundheitsministerium

Skeptisch reagierte auch das Gesundheitsministerium. Die Aufhebung der Altersgrenze für Vertragsärztinnen und -ärzte könne „sicher nicht die alleinige Lösung“ für den Mangel an Kassenärztinnen und -ärzten in Österreich sein, sagte das Ressort von Minister Johannes Rauch (Grüne) gegenüber der APA.

Grundsätzlich mangle es nicht an Ärztinnen und Ärzten, im öffentlichen System gebe es lediglich Nachbesetzungs- und Verteilungsprobleme, da Mediziner zunehmend als Wahlärztin oder Wahlarzt tätig sind. „Daher gilt es vor allem die Arbeitsbedingungen im öffentlichen System zu attraktiveren und den Fokus auf den Auf- und Ausbau von Primärversorgungseinheiten und Gruppenpraxen zu legen.“

Die Aufhebung der Altersgrenze habe nicht automatisch einen erfolgreichen Wissenstransfer oder eine langfristige Verbesserung der Versorgungslage zur Folge.