ORF-Chef Weißmann in Richtung Raab: „Die Zeit drängt“

„Die Zeit drängt“, warnt ORF-Chef Roland Weißmann. Bis 2024 muss nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ein neues Finanzierungsmodell gefunden werden. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) richtete dem ORF zuletzt aus, dass vor einer Diskussion darüber der ORF sparen möge. „Effizient zu arbeiten ist eine Selbstverständlichkeit für uns“, replizierte Weißmann nun im APA-Gespräch und pochte auf eine baldige Lösung, die eine nachhaltige Finanzierung sicherstelle.

„Der ORF unter meiner Führung arbeitet täglich an einem optimalen Preisleistungsverhältnis für die Gebührenzahlerinnen und -zahler“, so Weißmann. Er verwies auf das im Rahmen der GIS-Gebühr eingehobene Programmentgelt für den ORF, das in den vergangenen zehn Jahren um rund 15 Prozent gestiegen sei, während die Inflation um 25 Prozent nach oben geschnellt sei.

„Alleine deshalb war eine Effizienzsteigerung notwendig“, sagte er. Zudem habe der ORF in der vergangenen Dekade zwölf Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgebaut und kumuliert 450 Millionen Euro in den Programmkosten eingespart. Auch der Lohnabschluss fiel im Vorjahr mit 2,1 Prozent Gehaltsplus für das laufende Jahr angesichts der Teuerung äußerst moderat aus.

„Mehr Bewegungsfreiheit im digitalen Raum“

„Effizienzanstrengungen wird es trotzdem weiter geben müssen. Aber um effizient arbeiten zu können, braucht es auch eine Digitalnovelle“, so Weißmann. Denn man wolle der ORF für alle sein und daher auch alle Zielgruppen erreichen.

„Dafür ist es wichtig, ein umfassendes Programmportfolio anzubieten. Wir brauchen mehr Bewegungsfreiheit im digitalen Raum, um weiter die rot-weiß-rote Plattform für Österreich zu sein“, meinte der ORF-Chef. Das sei auch demokratiepolitisch in Zeiten von „Fake News“ und der Konkurrenz mit Plattformen wie Google, Facebook, TikTok und Co. wichtig.

Konkret drängt der ORF seit langer Zeit darauf, etwa Inhalte „online only“ und „online first“ anbieten zu können. Weißmann ist optimistisch, dass eine Digitalnovelle gleichzeitig mit einer Lösung der Finanzierungsfrage fixiert wird. „Ich glaube, dass alle Seiten daran interessiert sind, es möglichst zeitgleich zu lösen. Es ist eine komplexe Materie, aber wir haben lange verhandelt, viele Optionen abgewogen und uns bereits aufeinander zu bewegt.“

„Auf alle Szenarien vorbereitet“

Wichtig sei aber, dass nach dem VfGH-Erkenntnis, wonach ab 2024 auch das ausschließliche Streaming von ORF-Programm kostenpflichtig zu sein hat, „zeitnahe eine Lösung auf den Tisch“ komme. „Ich glaube, es ist allen Beteiligten bewusst, dass wir ein enges Zeitkorsett haben. Wir reden hier von den nächsten sechs bis acht Wochen. Wir müssen den gordischen Knoten noch durchschlagen, aber ich sehe Bemühungen, eine konstruktive Lösung zu finden“, sagte der ORF-Genderaldirektor.

Man bereite sich prinzipiell auf alle Szenarien vor, da das die kaufmännische Vorsicht gebiete. Eine Präferenz wollte er nicht äußern. Nur so viel: „Alle Lösungen, die eine nachhaltige Finanzierung des ORF ermöglichen, sind gut.“ Konkret könnte die derzeitige GIS-Gebühr etwa auf Laptops erweitert, eine Haushaltsabgabe eingeführt oder der ORF aus dem Bundesbudget finanziert werden.

Nach Rücktritten: Hausinterne Aufarbeitung

Weißmann beschäftigen aber nicht nur die kommenden gesetzlichen Regelungen für das öffentlich-rechtliche Medienhaus, sondern auch durch Grenzüberschreitungen im Umgang von Journalisten mit Politikern ausgelöste Rücktritte von ORF-TV-News-Chefredakteur Matthias Schrom und ORF-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler. „Glaubwürdigkeit ist in der Information das höchste Gut. Ich glaube nicht, dass die Glaubwürdigkeit des ORF darunter nachhaltig gelitten hat, weil wir die Angelegenheit sehr transparent, konsequent und rasch aufgearbeitet haben“, zeigte sich Weißmann überzeugt.

Erst gestern habe man bei einer Vollversammlung im Landesstudio Niederösterreich die vergangenen Wochen reflektiert. „Die Dinge, die noch aufzuarbeiten sind, werden wir hausintern aufarbeiten“, so Weißmann, der dem Landesstudio bei der Landtagswahlberichterstattung einen „tadellosen Job“ attestierte.

NÖ: Zeitnahe Ausschreibung von Landesdirektorenposten

Den Landesdirektorenposten in Niederösterreich will er zeitnahe ausschreiben. Im März oder Juni werde er den Stiftungsräten jemanden für die Funktion vorschlagen, kündigte er an. Die Nachbesetzung von Schrom im multimedialen Newsroom könnte sich dagegen noch etwas ziehen, steht doch eine Reform bevor.

„Es gibt den Auftrag, neue Strukturvorschläge für die Zusammenarbeit im Newsroom auszuarbeiten. Eine Auftaktklausur dazu hat es schon gegeben. Ende Februar gibt es eine weitere. Wenn wir erarbeitet haben, wie die neue multimediale Struktur idealerweise ausschaut, werden auch die Führungspositionen ausgeschrieben“, sagte Weißmann.