Verhaftungswelle von Regierungskritikern in Tunesien

In Tunesien läuft eine Verhaftungswelle gegen Kritiker von Präsident Kais Saied. Gestern Abend nahm die Polizei mit Noureddine Bhiri einen der führenden Vertreter der größten Oppositionspartei, der gemäßigten islamistischen Ennahda, fest.

„Die Polizei stürmte das Haus von Noureddine Bhiri, griff seine Frau an und nahm ihn fest“, sagte sein Anwalt Samir Dilou Reuters, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Etwas später wurde der Chef des unabhängigen Radiosenders Mosaique FM, Nourredine Boutar, nach Angaben seines Anwalts von der Polizei abgeholt.

In den vergangenen zwei Tagen hat die Polizei eine Reihe von Bürgern verhaftet, darunter prominente Politiker und ein einflussreicher Geschäftsmann. Ihnen wird eine Verschwörung gegen die Sicherheit des Landes zur Last gelegt.

Präsident Staatsstreich vorgeworfen

Die Regierungsgegner werfen Saied einen Staatsstreich vor. Er hat 2021 das Parlament entmachtet und die Regierung durch von ihm ausgesuchte Minister ersetzt. Zudem hat er die Befugnisse des Präsidenten deutlich erhöht, sodass fast alle Macht im Land in seinen Händen liegt.

Beobachter fürchten, Saied wolle den letzten demokratischen Staat in Nordafrika in eine Autokratie verwandeln. Tunesien galt seit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings 2011 als Hoffnungsträger für eine Demokratisierung der Region.