Spuren einer Rakete am Himmel nahe Kiew
Reuters/Gleb Garanich
Über Kiew gesichtet

Ukraine meldet Abschuss mehrerer Ballons

Die ukrainische Luftwaffe hat laut Behördenangaben mehrere offenbar von Russland aus gestartete Ballons über der Hauptstadt Kiew gesichtet und die meisten davon abgeschossen. Vermutet wird, dass es sich um russische Spionageballons gehandelt habe.

Offizielle Stellen in Kiew erklärten am Mittwoch, die Ballons könnten mit Aufklärungsausrüstung ausgestattet und gestartet worden sein, um „unsere Luftabwehr aufzudecken und zu erschöpfen“. Die meisten seien abgeschossen worden. Die Behörden würden die Trümmer nun „sorgfältig untersuchen“.

Laut der Stadtverwaltung in Kiew hatten die Ballons in der Hauptstadt Luftalarm ausgelöst. Zuvor hatte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juryj Ignat, erklärt, Russland setze Ballons ein, die „praktisch nichts kosten“, damit die Ukraine ihre Flugabwehrraketen verschwendet.

„Die Russen werden alle verfügbaren Methoden der Kriegsführung einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen“, sagte Ignat der Nachrichtenagentur AFP. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Geräte „eine Art Überwachung durchführen können“, daher sei es wichtig, „sie zu verstehen“.

Der Luftwaffe zufolge handelt es sich um gewöhnliche, mit Gas gefüllte Ballons mit einem Reflektor und einem Radar. Da es sich dennoch um ein Luftziel handle, seien die Luftabwehrsysteme gezwungen zu reagieren, sagte Ignat.

Luftraum über Moldawien vorübergehend gesperrt

Seit Beginn der russischen Invasion im vergangenen Februar hatten ukrainische Behörden wiederholt russische Ballons in ihrem Luftraum gesichtet. Medienberichten zufolge seien Ballons auch über der Region Dnipro gesichtet worden. Am Dienstag sperrte die benachbarte Republik Moldau aufgrund eines Flugobjekts, das einem Wetterballon ähnelte, vorübergehend ihren Luftraum.

US-China-Ballonaffäre

Mutmaßliche Spionageballons stehen seit Anfang Februar verstärkt im Fokus. Ausgangspunkt ist ein im US-Luftraum gesichteter und in der Folge abgeschossener Ballon – samt anhaltender diplomatischer Verstimmung zwischen Washington und Peking – mehr dazu in Erste Erkenntnisse aus USA zu Flugobjekten.

Die mehr als drei Stunden lange Schließung sei beschlossen worden, „um die Sicherheit der zivilen Luftfahrt zu gewährleisten“, teilte die Luftfahrtbehörde des an die Ukraine grenzenden Landes später mit. Zunächst mutmaßten Medien sowie Betreiber von Social-Media-Kanälen, dass eine russische Drohne die Behörden alarmiert haben könnte. Dann häuften sich Berichte über einen angeblichen Spionageballon, der erst über die Ukraine, dann weiter nach Moldawien und schließlich ins westlich angrenzende EU-Land Rumänien geflogen sein soll.

Warnung vor Umsturzversuch

Die rumänische Flugüberwachung bestätigte, im Südosten ihres Landes in etwa 11.000 Meter Höhe einen Ballon registriert und daraufhin zwei Jagdflugzeuge hingeschickt zu haben. Diese hätten den Flugkörper allerdings nicht gesehen – weder mit eigenen Augen noch auf dem Radar, wie das Verteidigungsministerium in Bukarest mitteilte.

Die Ukraine verteidigt sich seit fast einem Jahr gegen einen von Russlands Präsident Wladimir Putin angeordneten Angriffskrieg. Vor diesem Hintergrund fürchtet auch das verarmte und politisch instabile Nachbarland Moldawien, zum Opfer russischer Attacken zu werden. Erst am Montag hatte Moldawiens proeuropäische Präsidentin Maia Sandu vor einem Umsturzversuch durch Moskau gewarnt. Russland wies das zurück.

Selenskyj: Situation in Bachmut schwierig

Auf den ukrainischen Kriegsschauplätzen richtet sich der Fokus indes weiter auf die seit Monaten schwer umkämpfte Stadt Bachmut. Wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dazu am Mittwoch sagte, halten die ukrainischen Soldaten dort weiter ihre Stellungen. Es werde nicht ohne Grund von der „Festung Bachmut“ gesprochen, die Situation an dieser Frontlinie sei im Moment aber „die schwierigste“ landesweit, sagte Selenskyj bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson.

Viele Experten sind sich einig, dass eine Eroberung des durch Angriffe schwer gezeichneten Bachmut so gut wie keine strategische Relevanz für den Kriegsverlauf haben würde. Sie hätte vor allem symbolische Bedeutung.

Seit Jänner verstärkt die russische Armee, unterstützt von der berüchtigten Söldnergruppe Wagner, ihre nunmehr siebenmonatige, zähe Offensive auf die ostukrainische Stadt. Zuletzt räumte selbst Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ein, dass es wegen des „heftigen Widerstands“ der Ukrainer in Bachmut in absehbarer Zeit auch weiterhin keine Siegesfeiern geben werde.

Entscheidende Kriegsphase?

Selenskyj verwies am Mittwochabend in seiner täglichen Videobotschaft auf die enormen Verluste, die Russland derzeit Experten zufolge täglich an der Front in der Ostukraine erleidet. Diese Phase müsse nun genutzt werden. „Wir müssen den Frühling so gestalten, dass wirklich spürbar ist, dass die Ukraine sich auf den Sieg zubewegt“, so Selenskyj, der in diesem Zusammenhang einmal mehr auch auf schnelle Waffenlieferungen aus dem Ausland pochte.

Die vor rund einem Jahr von Russland überfallene Ukraine erwartet in den kommenden Wochen und Monaten weitere westliche Waffenhilfe – darunter auch Kampfpanzer. Medienberichten zufolge sehen US-Beamte die ukrainische Führung dank der jüngsten Hilfspakete kurz vor ihrer besten Chance, den Kriegsverlauf zu ihren Gunsten zu drehen.