Expertin zu CoV-„Dialogprozess“: „Flucht nach vorne“

Den von der ÖVP-Grünen-Regierung angekündigten Dialogprozess infolge der Coronavirus-Politik hat Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle als „Flucht nach vorne“ bezeichnet. „Entweder evaluiert man selbst oder man wird evaluiert“, so die Expertin gestern in der ZIB2. Gemeint war ein möglicher Untersuchungsausschuss zur CoV-Politik, den zumindest die FPÖ lautstark fordert.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte gestern etwas überraschend angekündigt, nach drei Jahren CoV-Pandemie nun die „Hand auszustrecken“. Geschehen soll das in einem „Dialogprozess“, der um Ostern starten soll. Einzelheiten sparte Nehammer allerdings aus. Die Opposition zeigte sich gespalten.

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„Angenehmer, Heft selbst in die Hand zu nehmen“

Man müsse abwarten, in welche Richtung und wie ernsthaft der „Dialogprozess“ betrieben wird, so Stainer-Hämmerle. Aber natürlich sei es angenehmer, in der Bewertung der Pandemiemaßnahmen, die neben den Gesundheits- auch die Förderungspolitik betreffen, „das Heft selbst in die Hand zu nehmen“.

Andererseits sei insbesondere Nehammer angesichts der schlechten Umfragewerte der ÖVP ein „Getriebener“. In gut zwei Wochen steht die Wahl in Kärnten an, wenig später wählt Salzburg einen neuen Landtag. Bei beiden Urnengänge könnte die ÖVP verlieren, sagte die Expertin. Spannend sei, dass die „heiße Wahlkampfphase in Salzburg“ genau zu Ostern fällt.

Czypionka zeigt sich optimistisch

Ein „Dialogprozess“ dürfe jedenfalls nicht darauf hinauslaufen, ein Projekt zu starten, an dem die Opposition nicht beteiligt ist. Denn dann würde es am Ende lediglich ein Regierungsprozess sein. „Wer nimmt daran teil? Kommt es zu einer besseren Abstimmung mit der Wissenschaft und mit den Daten?“, fragte Stainer-Hämmerle.

Der Gesundheitsökonom Thomas Czypionka zeigte sich optimistisch, dass es auch Ergebnisse geben werde. „Beim Finanzausgleich hat man am Anfang auch immer große Visionen, aber dann zieht die Realität ein“, so der Experte. Aber mittels Druck über Medien und Opposition werde sich etwas bewegen.

FPÖ stellt Antrag auf U-Ausschuss-Einsetzung

Unterdessen drängt die FPÖ weiterhin auf die Einsetzung eines Coronavirus-Untersuchungsausschusses. Bei der kommenden Nationalratssitzung (regulär am 1. März) werde es „FPÖ-Anträge für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses sowie für eine Generalamnestie der Coronavirus-Strafen“ geben, kündigten FPÖ-Chef Herbert Kickl und FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker an.

Dabei könnten die Regierungsparteien zeigen, „wie ernst es ihnen wirklich mit einer Aufarbeitung des Corona-Chaos ist“. „Alles andere als eine Zustimmung der Regierungsparteien würde die ‚Versöhnungsoffensive‘ des Kanzlers auch schon wieder als falsches Spiel entlarven“, so Kickl und Hafenecker.

Echte Aufklärung könne nur in einem Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht stattfinden. „ÖVP, Grüne und die Corona-Mittäter SPÖ und NEOS sind herzlich eingeladen, diesen Anträgen zuzustimmen.“ Für die Einsetzung eines U-Ausschusses werden 46 Stimmen benötigt, die FPÖ verfügt im Nationalrat derzeit über 30 Abgeordnete.